Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

WM 2021: Portimão/Imola für Melbourne/Schanghai

Von Mathias Brunner
Die Formel 1 könnte 2021 erneut in Imola antreten

Die Formel 1 könnte 2021 erneut in Imola antreten

​Der erste Teil der Formel-1-WM 2021 wird ein anderes Gesicht erhalten: Kein Saisonbeginn in Australien, kein Grosser Preis von China, dafür laufen Verhandlungen mit Veranstaltern in Portugal und Italien.

Als der damalige Formel-1-CEO Chase Carey im vergangenen Herbst über dem WM-Programm 2021 brütete, schwebte dem US-Amerikaner folgender Ablauf vor: WM-Auftakt in Australien, eine Woche später der Grosse Preis von Bahrain, am 11. April sollte in China gefahren werden und zwei Wochen später in Vietnam, mit der Premiere des Strassen-GP von Hanoi.

Heute wissen wir: Davon wird wenig übrigbleiben. Es war naiv zu glauben, dass eine Formel-1-WM aus 23 Rennen (Rekord) ohne Verschiebungen und Absagen ablaufen würden. Das erste Opfer war Vietnam, und der Grund heisst Nguyen Duc Chung. Der 53-Jährige Ex-Bürgermeister war einer der grössten Befürworter des Rennens. Dem Vorsitzenden des Volkskomitees von Hanoi wurde vorgeworfen, sich unerlaubt Dokumente mit Staatsgeheimnissen angeeignet zu haben, im August wurde der Politiker in Untersuchungshaft genommen, auch von Korruption, Schmuggel und Geldwäsche war die Rede.

Am 11. Dezember 2020 ist der Politiker zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden, nach einem vierstündigen Prozess hinter verschlossenen Türen. Inzwischen sind Tribünen am geplanten Strassenkurs still und leise wieder abgebaut worden.

Gegen die derzeitige Durchführung der Rennen von Melbourne und Schanghai sprechen die umfassenden Bestimmungen der Gesundheitsbehörden im Kampf gegen den Coronavirus: Beide Länder haben grundsätzlich ein Einreiseverbot für Ausländer verhängt und fordern (bei Ausnahmen) nach Einreise eine Quarantäne von 14 Tagen.

Wie kompliziert die Lage ist, zeigt sich dieser Tage im Tennissport. Wochenlang verhandelten der Veranstalter «Tennis Australia», ATP (Association of Tennis Profis) und WTA (Women’s Tennis Associaton) mit den Behörden des Bundesstaats Victoria, der mögliche Temin für eine Einreisegenehmigung wurde mehrmals nach hinten geschoben. Medienberichten zufolge sollen Spielerinnen und Spieler vom 15. bis zum 17. Januar einreisen, mit Charterflügen von mehreren festgelegten Standorten. Im Anschluss müssen sie die obligatorische Quarantäne einhalten, besagte zwei Wochen. Dafür sind bestimmte Hotels vorgesehen.

Davon sind nicht alle begeistert. Bewohner von 36 Penthouse-Suiten des Westin-Hotels von Melbourne wollen jetzt gerichtlich erzwingen, dass die in Quarantäne gesteckten Sportler nicht in ihrem Haus untergebracht werden. Die Eigentümer-Gesellschaft ist der Ansicht, sie seien vorgängig nicht informiert worden.

Der Anwalt Graeme Efron erklärt: «Ein Corona-Ausbruch kann die gesamte Stadt zurück in den Lockdown zwingen. Es ist interessant, dass niemand aus New South Wales in den Bundesstaat Victoria reisen darf, aber man hocherfreut darüber ist, Leute von Ländern mit höchstem Risiko in Melbourne zu begrüssen, damit sie Tennis spielen.»

Hotelmanager Stephen Ferringo wiederspricht und beteuert, die Eigentümer-Gesellschaft unterrichtet gewesen. Zudem seien viele Vorsichtsmassnamen getroffen worden. Ferringo: «Die Bewohner des Westin Melbourne werden keinen Kontakt mit Personal oder Gästen haben, sie werden getrennte Eingänge und Aufzüge nutzen. Ihr Stockwerk wird exklusiv bleiben, es wird auch zu keiner Vermischung der Belüftung zwischen den Stockwerken bestehen.»

Wie gut das funktioniert, hat sich beim US Open im August und September 2020 gezeigt: Dort kam es sehr wohl zu Vermischungen zwischen normalen Gästen und Tennisspielern. In einem Spieler-Hotel im Big Apple, so heisst es, habe sogar eine Hochzeit stattgefunden.

Und China? Wer sich auf den einschlägigen Seiten der Regierung und von Reisespezialisten durch die entsprechenden Vorschriftenlisten arbeitet, hat nach drei Minuten Kopfschmerzen. Ganz abgesehen davon, dass diese Vorschriften erlassen wurden, als die Fallzahlen in vielen Ländern noch nicht in die Höhe geschnellt waren.

Seit dem 30. August 2020 besteht zum Beispiel eine Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR)-Testpflicht für alle nach China reisenden Fluggäste. Zum 1. September 2020 wurde die Gültigkeitsfrist dieser Tests von fünf auf drei Tage verkürzt – und ab dem 6. November 2020 müssen alle Einreisenden sowohl einen negativen PCR-Test als auch einen negativen IgM-Antikörpertest vorlegen. Beide dürfen bei Abflug höchstens 48 Stunden alt sein und müssen von der jeweils regional zuständigen chinesischen Auslandsvertretung online (unter Vorlage weiterer Dokumente wie Pass und unterschriebener Gesundheitserklärung) bestätigt werden.

Realistisch betrachtet: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die WM-Läufe von Melbourne und Schanghai als verschoben verkündet werden.

Und so sieht der Plan B aus: Sofern das die Corona-Situation in Europa und auf der arabischen Halbinsel zulässt, werden Wintertests und Saisonbeginn am gleichen Ort gefahren, auf dem Bahrain International Circuit in der Wüste von Sakhir, ausserhalb der Hauptstadt Manama. Während der ganzen Zeit bleiben die Fachkräfte der Formel 1 in ihrer Sicherheitsblase.

Anstatt in Schanghai und wie einst geplant in Vietnam könnte auf zwei Pisten gefahren werden, die schon 2020 für gestrichene WM-Läufe eingesprungen sind: Portimão und Imola. Aber auch hier müssen wir abwarten, wie sich die Lage entwickelt.

Der Franzose Jean Todt, Präsident des Autosport-Weltverbands FIA, hatte schon Mitte Dezember 2020 angekündigt: «Die Pandemie ist noch lange nicht vorbei, es existieren neue Lockdowns. Die Impfstoffe kommen, aber zumindest die erste Hälfte des Jahres wird nicht normal verlaufen.»

Provisorischer Formel-1-Kalender 2021

2.–4. März: Wintertests in Barcelona, Spanien
21. März: Melbourne, Australien
28. März: Sakhir, Bahrain
11. April: Schanghai, China
25. April: Austragungsort noch offen

Alternative

12.–14. März: Wintertests in Sakhir, Bahrain
28. März: Sakhir, Bahrain
11. April: Portimão, Portugal
25. April: Imola, Italien

Weiteres geplantes Programm der FIA

09. Mai: Barcelona, Spanien
23. Mai: Monte Carlo, Monaco
06. Juni: Baku, Aserbaidschan
13. Juni: Montreal, Kanada
27. Juni: Le Castellet, Frankreich
4. Juli: Spielberg, Österreich
18. Juli: Silverstone, Grossbritannien
01. August: Budapest, Ungarn
29. August: Spa, Belgien
05. September: Zandvoort, Niederlande
12. September: Monza, Italien
26. September: Sotschi, Russland
03. Oktober: Singapur, Singapur
10. Oktober: Suzuka, Japan
24. Oktober: Austin, USA
31. Oktober: Mexiko-Stadt, Mexiko
14. November: São Paulo, Brasilien
28. November: Dschidda, Saudi-Arabien
05. Dezember: Yas Marina, Abu Dhabi

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