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McLaren MCL35M-Mercedes: Blick hinter die Kulissen

Von Rob La Salle
​Der Engländer Piers Thynne, Produktionsleiter im Rennwagenwerk von McLaren, spricht über den Aufbau des 2021er Fahrzeugs MCL35M mit Mercedes-Motor und den anhaltenden Kampf gegen Corona.

Die Ironie am Formel-1-Begriff Winterpause besteht darin, dass es keine Pause gibt: Während in der Regel die Räder stillstehen, abgesehen von privaten Tests wie derzeit von Ferrari, geht in den Rennwagenwerken kaum das Licht aus – fieberhafte Arbeit an den Autos für die kommende Saison. Piers Thynne, Produktionsleiter des Formel-1-Traditionsrennstalls McLaren, erlaubt einen Blick hinter die Kulissen.

Die Arbeit mit dem Modell MCL35M (M für den neuen Motorpartner Mercedes) geht gut voran. Piers Thynne sagt: «In der Produktion gibt es nie Schlendrian, aber in den Monaten Januar und Februar sind die Mitarbeiter dieser Abteilung besonders wertvoll, dann ist hier am meisten los. Wir liegen im Plan. Natürlich taucht immer wieder die eine oder andere Hürde auf, aber das ist für Formel 1 normal. Würden keine Schwierigkeiten auftreten, so wärst du vermutlich nicht aggressiv genug.»

«Die Homologierung eines neuen Chassis ist für jeden Rennstall eine grosse Sache. Es erinnert mich immer an das Gefühl, das ich hatte, bevor meine Frau Zwillinge auf die Welt brachte. Nur, dass wir hier dieses Gefühl jedes Jahr haben! Wir sind der einzige Rennstall, der ein neues Chassis homologieren lassen musste, weil wir den Motorpartner gewechselt haben, von Renault zu Mercedes, und deshalb viele Änderungen im Motorumfeld notwendig waren. Alle anderen Teams verwenden die 2020er Überlebenszellen weiter – aus Spargründen, wegen der Coronakrise.»

«Die gute Zusammenarbeit zwischen Design und Hersteller führte dazu, dass wir diese Homologation im Dezember abhaken konnten. Aufgrund von Massnahmen gegen Corona waren die FIA-Experten beim notwendigen Crash-Test nicht vor Ort, alles fand per Videoübertragung statt.»

«Der Wechsel des Motorpartners führte zu zahlreichen Umbauten. Im Grunde haben wir ein neues Auto auf die Räder gestellt, angefangen bei einem komplett umgekrempelten Heck mit anderem Getriebe, dazu kommen das Kühl-Layout mit den ganzen Leitungen, die Elektrik, die Elektronik.»

Als wäre die Umstellung nicht schon schwierig genug, arbeitet McLaren anhaltend daran, sich so gut wie möglich gegen den Coronavirus zu schützen. Piers Thynne weiter: «Corona hat einen massiven Einfluss auf die Arbeit. Wir haben den Schichtbetrieb intensiviert, damit möglichst wenig Fachkräfte andere treffen. Der Anteil an Home-Office und Videokonferenzen ist erheblich.»

«In einer normalen Welt läuft das so: Wenn du eine Frage für einen Spezialisten einer anderen Abteilung hast, dann gehst du zu ihm hinüber und fragst ihn. Das ist in Corona-Zeiten natürlich unmöglich. Das Werk ist in Zonen geteilt, das Betreten anderer Zonen ist unerwünscht. Ein Metallarbeiter taucht also nicht einfach in der Verbundstoffabteilung auf. Und nur wenn es unbedingt notwendig ist, wird im McLaren Technlogy Centre gearbeitet. Wer zuhause arbeiten kann, der tut das.»

«Natürlich geht das zwischenmenschliche Element verloren, der direkte Umgang mit den anderen Leuten. Daher gibt es bei uns im Rahmen von Videokonferenzen keine abgeschalteten Kameras. Die Leute sollen einander sehen. Wenn dabei einer ungekämmt dasitzt oder im Schlafanzug – wen kratzt das? Für mich ist das nicht wichtig. Wichtig ist mir, dass die Menschen spüren: Die Anderen sind da in diesen merkwürdigen Zeiten. Wenn einer die Konferenz kurz verlässt, weil eben der Postbote eben geklingelt hat, kein Problem. Wenn ein Mitarbeiter sich um die Schularbeiten seiner Kids kümmern muss, dann arbeitet er abends eben länger für McLaren. Das ist alles in Ordnung, weil das in diesen Zeiten eben die Realität ist. Wir gehen miteinander so offen als möglich um. Die Leute sollen ehrlich sein können, wie Corona unser Leben verändert.»

Parallel zur Produktion 2021er Modell des Typs MCL35M hat die aerodynamische Arbeit am Fahrzeug für 2022 begonnen. Piers Thynne: «Seit 1. Januar 2021 erlaubt das Reglement Windkanalarbeit fürs nächstjährige Rennauto. Wir hatten im Herbst zahllose Teile für das Windkanalmodell vorbereitet. Die aerodynamischen Studien gehen weiter als je zuvor, weil wir es mit einer komplett neuen Rennwagengeneration zu tun haben.»



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