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Lewis Hamilton: «Niki Lauda begleitet uns immer»

Von Mathias Brunner
Lewis Hamilton und Niki Lauda

Lewis Hamilton und Niki Lauda

​Am 22. Februar wäre Niki Lauda 72 Jahre alt geworden, doch am 20. Mai hat die Wiener Rennlegende für immer die Augen geschlossen. Lewis Hamilton sagte: «Ich vermisse Niki an jedem Tag.»

22. Februar 2021: An diesem Tag wäre Andreas Nikolaus «Niki» Lauda 72 Jahre alt geworden, aber das Schicksal wollte es anders. Der dreifache Formel-1-Champion verstarb am 20. Mai 2019 in Zürich nach mehrwöchigem Krankenhaus-Aufenthalt.

Niki Lauda, jahrelang Aufsichtsrats-Chef des Mercedes-Rennstalls, konnte nicht mehr miterleben, wie Lewis Hamilton seinen siebten WM-Titel an Land zog. «Unser Aussenminister», wie Mercedes-Teamchef Toto Wolff die Rolle seines Wegbegleiters umschrieb, hätte sich über den siebten Titel der Silbernen in Folge gefreut – und sich dann sogleich Gedanken darüber gemacht, wie das Team in der folgenden Saison noch stärker antreten kann. Sich auf Lorbeeren ausruhen, gehörte nicht zur DNA dieses aussergewöhnlichen Mannes.

Derzeit bereitet sich Ausnahme-Racer Lewis Hamilton auf die neue GP-Saison vor. Im vergangenen Frühling hat er in bewegenden Worten über Niki Lauda gesprochen und über die Rolle, die der Wiener gespielt hat, damit Hamilton überhaupt von McLaren zu Mercedes wechselte.

Hamilton sagte, und seine Worte behalten Gültigkeit und Kraft: «Niki ist ein Mensch, der uns allen sehr fehlt, ich vermisse ihn jeden Tag. Ich finde es noch immer schwierig, über ihn zu sprechen; über einen Menschen, der mir derart nahe stand. Es gab so viele fabelhafte Momente mit ihm.»

«Am liebsten sind mir die ersten Gespräche, die wir geführt haben. Wir fingen 2012 an, uns zu unterhalten. Ich weiss noch, es gab einen Tag, da war ich eben erst nach Hause gekommen, und Niki rief an, um mich davon zu überzeugen, zu Mercedes zu kommen. Ich erinnere mich daran, wie cool ich es fand, dass mich ein Weltmeister, nein, eine Ikone wie Niki Lauda einfach so anruft!»

«Wir hatten in der Folge verschiedene Gespräche, aber das war noch in einer sehr frühen Phase. Dann kam der Moment, als der damalige Mercedes-Teamchef Ross Brawn zu mir kam. Um genau zu sein, sass Ross in der Küche meiner Mutter, was sich sehr surreal angefühlt hat.»

«Ich habe nie vergessen, woher ich komme. Da war dieser kleine Junge aus Stevenage, der mit seinem Vater auf dem Sofa Formel-1-Rennen guckte, damals gewann Ross mit Ferrari all diese WM-Titel in Serie. Ich erinnere mich an einen Grand Prix in Magny-Cours mit dem genialen Einfall von Ross, Michael Schumacher auf eine Vierstoppstrategie zu schicken. Und nun sass dieser Mann, der mit dem grossen Schumacher zusammengearbeitet hatte, in der Küche meiner Mutter und bat darum, dass ich für ihn fahre. Da erstappst du dich schon beim Gedanken: Das ist doch verrückt.»

«Wenn dich ein Mann wie Niki Lauda unterstützt, dann erfordert das eine riesige Portion Respekt. Ich war zuvor nicht der Meinung, dass er mich als wirklich herausragenden Fahrer sieht. Aber diese Einschätzung war falsch. Denn als er 2012 in Singapur in mein Hotelzimmer kam und wir das entscheidende Gespräch führten, da machte etwas Klick. Ich merkte, in wie vielen Punkten wir ähnlich dachten, in viel mehr Belangen, als ich je für möglich gehalten hätte. Von da an hatten wir ein grossartiges Verhältnis.»

«Wir reisten zusammen, ich besuchte ihn auf Ibiza. Er war ein so positiver, humorvoller Mensch, der geborene Unterhaltungskünstler. Er hatte immer die tollsten Geschichten zu erzählen. Und was war er für ein Racer! Er dachte immer nur daran, sich zu verbessern.»

«Der Ritterschlag von Niki für eine gute Leistung war, vor dir seine berühmte Kappe zu ziehen. Dann hast du gewusst, dass du wirklich gut warst. Er war kein Mann, der mit Komplimenten um sich warf. Die Kappe zu lüften, das sagte alles. Vielleicht kam noch ein schnelles ‚Gut gemacht!’, aber das war’s schon.»

«Selbst nach einem Sieg hat er eher gefragt: ‚Sag, Lewis, was brauchst du, um noch besser zu werden?’ Er suchte immer nach weiteren Verbesserungen. Von den vielen Lektionen, die ich von ihm lernen durfte, war dies die vielleicht kraftvollste – du musst als Rennfahrer nicht nur hart arbeiten, du musst dein Team anführen, du musst die richtigen Fragen stellen und tief in dich gehen, du musst aus deinen Leuten das Beste herausholen.»

«Es kommt mir ein wenig vor wie beim Training: Du machst, sagen wir zehn Liegestütze und bei der neunten denkst du, mehr als zehn werde ich wohl heute nicht schaffen, aber dann findest du in deinem Körper weitere Energie, um auf zwölf oder dreizehn zu kommen. Das ist bei der Arbeit mit Menschen auch so. Ein wenig mehr geht immer. Niki hat mir im Umgang mit unseren Leuten so viel beigebracht, und ich stelle mir gerne vor, dass ich das jeden Tag umsetze.»

«Ich werde es Niki nie vergessen, dass er mich in einer Phase zu Mercedes geholt hat, in welcher die grossen Erfolg noch vor uns lagen. Ich wurde mit offenen Armen empfangen, und wir sind alle gemeinsam gewachsen. Niki war ein Mensch, der mir meine Freiheiten gelassen hat, weil er spürte, dass die Leute sich am besten dann entfalten, wenn sie sich selber sein dürfen.»

«Ich habe Niki Lauda kurz vor seinem Tod das letzte Mal gesehen, in der Schweiz. Er dachte an nichts Anderes, als in den Rennsport zurückzukehren. Ich schätze, wenn dir Racing mal unter die Haut gegangen ist, dann lässt dich das nicht mehr los. Auch wenn du selber keine Rennen mehr fährst.»

«Ich empfinde es als grosses Privileg, so viel Zeit mit Niki Lauda verbracht zu haben. Ich hüte diese Erinnerungen wie ein Schatz. Ich bin ihm sehr dankbar für alles, was er für mich getan hat, ich werde ihn immer im Herzen bewahren. Und ich weiss – wenn wir da hinausfahren, dann ist er unser ständiger Begleiter.»

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