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Pedro Rodríguez und Jo Siffert: Marko erinnert sich

Von Gerhard Kuntschik
Im dunklen Rennjahr 1971 verlor die Motorsport-Welt mit Pedro Rodríguez und Jo Siffert zwei aussergewöhnliche Menschen. Zum 50. Todestag erinnert sich Markenkollege Helmut Marko an die beiden Ausnahmekönner.

Sie waren Stars, vielleicht sogar Helden (auf jeden Fall in ihren Heimatländern) im Zeitalter des Motorsports, als der noch (sehr) gefährlich und Sex sicher war, um eine Plattitüde zu verwenden. Die Rede ist von Pedro Rodríguez und Jo Siffert, deren Karrieren einige Gemeinsamkeiten aufwiesen.

Beide waren hoch veranlagt, gewannen zu wenig in der Formel 1 und waren die Stars der Ende der 1960er-, Anfang der 1970er-Jahre boomenden Sportwagen-Weltmeisterschaft (Marken-WM), in der zahlreiche Grand-Prix-Stars ein zweites Standbein hatten. Und beide hatten einen emotionalen Bezug zu Österreich, den auf dem Österreichring feierten sie ihre letzten grossen Siege.

Pedro, geboren 1940 in Mexiko-Stadt, war der ältere der Rodríguez-Brüder, der ersten Mexikaner, die es in die Formel 1 schafften. Ricardo (geb. 1942) fuhr 1961 fünf Formel-1-WM-Läufe für Ferrari (vier WM-Punkte), verunglückte aber schon am 1. November 1962 beim nicht zur WM zählenden GP von Mexiko in der berüchtigten Peraltada-Kurve in einem Lotus tödlich. Die Brüder hatten in der Sportwagen-WM 1961 gemeinsam in einem Ferrari 250 in Sebring Rang 3 und auf dem Nürburgring Platz 2 geholt.

Nach kurzer Bedenkzeit entschied sich Pedro nach dem Tod seines Bruders, seine Karriere wieder aufzunehmen – auch, damit der Name Rodríguez nicht vergessen wird. In 55 Formel-1-Rennen, in denen er sich als verwegener, das Risiko nicht scheuender Kämpfer bestätigte, feierte er zwei Siege: Als Teamkollege von Jochen Rindt bei Cooper-Maserati am Neujahrstag 1967 in Kyalami (Südafrika) und 1970 in einem BRM in Spa-Francorchamps. Insgesamt erreichte Rodríguez sieben Podestplätze und 71 WM-Punkte (im alten System für die ersten Sechs).

Doch Rodríguez war auch im Sportwagen schnell ein Star: Nach dem Sieg in Le Mans 1968 mit Lucien Bianchi (Grossonkel des später nach einem Formel-1-Unfall verstorbenen Jules Bianchi) in einem Ford GT40 von John Wyer wechselte er 1970 zu Porsche. Mit dem Finnen Leo Kinnunen (1943-2017) siegte Rodríguez in vier der zehn WM-Läufe, 1971 drei Mal mit Jacky Oliver und einmal mit Richard Attwood – am 27. Juni 1971 waren die 1000 Kilometer auf dem Österreichring sein letzter Erfolg. Sein Konkurrent Helmut Marko, damals 28 und im Martini-Porsche 917 ausgefallen, erinnert sich noch heute: «Pedro fuhr ein unglaubliches Rennen, sass geschätzt 90 Prozent der Distanz im 917. Trotz eines Defekts gewann er – bei der Aufholjagd flog er an allen vorbei.»

Gesellig und beinhart

Eine Woche später fiel Rodríguez im GP von Frankreich in Le Castellet mit Zündungsschaden am BRM aus. Und wieder eine Woche später erfüllte sich am 11. Juli auf dem Nürnberger Norisring, in einem vom Schweizer Herbert Müller geliehenen Ferrari 512, sein Schicksal in der zwölften Runde des Interserie-Rennens, die als inoffizielle EM galt. Marko erzählt über den Mexikaner: «Ende Mai 1971 waren wir auch bei den 1000 Kilometern auf der Nordschleife Gegner. Wir kämpften in den Porsche 908 um Platz 2, hatten an die zehn Berührungen und waren richtig heiss. Nach dem Rennen, Pedro wurde Zweiter und ich Dritter, fragte ich: 'Spinnst du?', dann gingen wir auf einen Drink. Es endete in einer gehörigen Party. Pedro war gesellig, als Fahrer beinhart und eigentlich ein introvertierter Typ.»

Der 1936 geborene Schweizer Jo Siffert aus Freiburg kam in 96 GP-Einsätzen von 1962 bis 1971 ebenfalls auf zwei Siege: 1968 in Brands Hatch im privaten Lotus 49 von Rob Walker und am 15. August 1971 auf dem Österreichring in einem BRM – in jenem GP, in dem Sifferts neuer BRM-Kollege Marko ebenso wie Niki Lauda in einem March debütierte.

Auch der amikale Schweizer feierte seine grossen Sportwagensiege mit Porsche: 14 insgesamt zwischen 1968 und 1971 mit Hans Herrmann, Vic Elford, Kurt Ahrens (Österreichring 1969 – erster Sieg des Porsche 917), Derek Bell und acht mit seinem kongenialen Partner Brian Redman. Die Duelle Sifferts mit seinem Markenkollegen Rodríguez in einer von Porsche dominierten Ära wurden legendär.

Die Tragik des Schicksals: Mit einem zweiten Platz im GP der USA am 3. Oktober 1971 hinter Francois Cevert (Tyrrell) schloss Siffert als Gesamtfünfter seine beste Formel-1-Saison ab. Am 24. Oktober war das nicht zur WM zählende Race of Champions in Brands Hatch Sifferts 41. Start in diesem Jahr. Nach 15 Runden brach die Radaufhängung am BRM, der sich an einem Erdwall überschlug und zu brennen begann. Siffert, bewusstlos und mit gebrochenen Beinen, hatte keine Chance. Er überlebte seinen Kollegen und Rivalen Rodríguez um drei Monate.

Marko hatte auch mit dem Schweizer viele Berührungspunkte: «Er half mir bei meinem Einstieg bei BRM sehr. Ich kannte ihn ja schon von den Porsche-Einsätzen. Er war liebenswert, ein sehr angenehmer Zeitgenosse. Die Unfallursache in Brands Hatch war ein klarer Materialdefekt. Sowohl für Rodríguez als auch für Siffert wäre das damals starke BRM-Team der grosse Durchbruch gewesen.»

Zu Ehren der Rodríguez-Brüder wurde der GP-Kurs in Mexiko-Stadt in Autódromo Hermanos Rodríguez umbenannt. Bei Sifferts Begräbnis säumten 50.000 Menschen die Strassen in Freiburg, die Stadt widmete ihm 1984 einen vom Künstler Jean Tinguely – einem engen Freund Sifferts – entworfenen Brunnen.

Um die dunklen Momente des Rennjahres 1971 zu ergänzen: Am 12. September verlor einer der schnellsten Touren- und Sportwagenpiloten Österreichs, der Kufsteiner Klaus Reisch, sein Leben bei den 500 Kilometern von Imola – die ebenso zur Interserie zählten wie das Norisring-Rennen. Im Alfa T33/2 hatte der 30-Jährige eine Leitschiene touchiert und stoppte, stieg aus, um den Schaden zu begutachten. Ein Streckenposten schob den Wagen an, Reisch stieg wieder ins Cockpit, ohne sich wieder anzugurten. In Runde 21 verlor er auf der Zielgeraden im Regen die Kontrolle und prallte in einen Erdwall, der Alfa ging in Flammen auf. Reisch erlitt tödliche Kopfverletzungen.

Die Retter waren wie bei Rodríguez und Siffert machtlos.

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