Formel V wie verrückt: Alles Müller, oder was?
Wenn gleich drei Piloten mit demselben Namen bei einem Formel V-Rennen vorneweg fahren, die Führung ständig wechselt und alle drei das Ziel fast gleichauf kreuzen, ist die Verwirrung bei den Zuschauern und beim Strecken-Kommentator groß. Genau das ist vor 55 Jahren passiert, am 21. August 1966 in Hockenheim.
Preis der Nationen auf dem großen Kurs, Sportwagen, GT- und Tourenwagen sowie ein Lauf zur Formel V 1300-EM als Tagesprogramm des Veranstalters Wiesbadener Automobil Club (WAC). Volle Hütte, 60.000 Zuschauer. Ich sitze am Mikro und freue mich auf den Europa-Lauf der Formel V 1300. Ein strammes FV-Feld von rund 40 Startern aus sechs Nationen steht in Reih und Glied parat, darunter auf die vorderen Reihen verteilt auch drei Herren mit Namen Müller als Hauptdarsteller: Werner M. aus der Schweiz, Werner und Roland M., beide aus Stuttgart.
Um es vorweg zu nehmen – das Rennen zu kommentieren, das war die Hölle. Denn ausgerechnet die drei Müllers bestimmten das Tempo an der Spitze und wechselten sich in der Führungsarbeit ab. Zehn Runden lang hab‘ ich mich wirklich redlich bemüht, die Müllerei zu entwirren. «Müller, Müller, Müller» tönte es bei jeder Durchfahrt aus den Lautsprechern.
Nie mehr danach gab es meines Wissens ein Automobilrennen, bei dem sich drei Müllers um den Sieg stritten. Dazu auch noch zwei mit demselben Vornamen, mit baugleichen Rennwagen und gleichem Wohnort. Dabei war keiner mit dem anderen verwandt. Die beiden Stuttgarter Müllers (Stuttgart) saßen in einem Fuchs, und der Eidgenosse Müller in einem Zarp.
Nicht nur ich, sondern auch die Zeitnahme und die Organisation kamen ordentlich ins Trudeln, Durchlaufzeiten wurden vertauscht und Positionen sowie Rundenbestzeiten falsch zugewiesen. Erst nach längerem Hin und Her gab es ein offizielles Resultat. Allerdings: Kaum hatten die drei siegreichen Müller-Buben das Podium fröhlich winkend verlassen, verging ihnen schlagartig die gute Laune. Denn sogleich wurden die Motoren der drei Erstplatzierten konfisziert und einer eingehenden Prüfung unterzogen.
Und siehe da – alle drei Triebwerke entsprachen nicht dem Reglement. «Das glaub’ ich jetzt nicht», stöhnte der Zeitnahme-Chef, als er angewiesen wurde, abermals ein neues Resultat ohne die drei Müllers zu erstellen. Der Sieger hieß jetzt Werner Riedl aus Österreich auf Austro V, ursprünglich nur auf Rang 4 abgewinkt. Und den Riedl aus Wien gab’s glücklicherweise auch nur einmal im Feld.
Übrigens: Einige Jahre danach gibt es eine neue Müller-Flut im Rennsport, glücklicherweise aber nicht alle an der Spitze im ein und demselben Rennen. Die bekanntesten sind Jörg Müller (D), Dirk Müller (D), Sven Müller (D) und Nico Müller (CH). Das Quartett war und ist in verschiedenen Rennserien erfolgreich.