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Dr. Helmut Marko: Max-Faktor entscheidend in Imola

Von Dr. Helmut Marko
Imola: Max Verstappen hat die Nase vorn, dann folgen Norris im McLaren und Leclerc im Ferrari

Imola: Max Verstappen hat die Nase vorn, dann folgen Norris im McLaren und Leclerc im Ferrari

​Exklusiv für SPEEDWEEK.com: Dr. Helmut Marko, Motorsportberater von Red Bull, analysiert Imola – unerwartete Probleme im Training, wie Max Verstappen doch Pole und Sieg eroberte.

Max Verstappen hat in Italien den fünften Sieg am siebten GP-Wochenende errungen, aber es war für alle offensichtlich, dass er sich für Pole-Position und Sieg gewaltig strecken musste.

Max war zu Beginn des Imola-GP auf mittelharten Reifen sehr gut und schnell unterwegs, weil der Reifen im optimalen Betriebsfenster war. Mit harten Reifen ging es nicht so gut, und Lando Norris rückte im McLaren zum Ende des WM-Laufs bedrohlich näher.

Da ging am Wagen von Max die Temperatur des Reifens schon nach zwei oder drei Runden herunter, und in der Folge befand sich der Gummi nicht mehr im besten Funktionsfenster.

Das hat eine Ursache darin, dass wir am Freitag bei der Abstimmung komplett daneben lagen und am ersten Tag die harte Reifenmischung auch deswegen nicht ausprobiert haben.

Es war schon eine Meisterleistung von Max, wie er zum Schluss des Grand Prix den Wagen auf der Bahn und Norris hinter sich gehalten hat. Wobei für uns zum Glück Norris auch ein paar Schnitzer drin hatte und das bewirkt hat, dass der Engländer nicht in den DRS-Bereich gekommen ist, um Verstappen angreifen zu können.

Natürlich stellen wir uns die Frage: Was genau ist am Freitag passiert? Wie konnten wir beim Set-up am ersten Tag nicht auf Kurs sein? Die Antwort ist wie immer in der Formel 1 vielschichtig.

Wir hatten in Italien neue Teile dabei, und wenn die nicht miteinander harmonieren, dann fällt man schnell aus dem besten Arbeitsbereich des Reifens. Das war bald offensichtlich – so oft ist Verstappen in der ganzen Saison nicht neben der Strecke gewesen wie in diesen zwei Trainings am Freitag.

Und wir stehen bei solchen Schwierigkeiten nicht alleine da. Ich erinnere an McLaren, die in Miami auf dem mittelharten Reifen in der Quali sauschnell unterwegs waren, mit dem weichen Pirelli aber keine vernünftige Runde zusammengebracht haben. Das ist ein ganz diffiziles Thema.

Das Positive dabei: Die Techniker haben die Abstimmung fürs Qualifying so hinbekommen, dass Max die Pole-Position erobern konnte. Vielleicht wurde in dieser Hinsicht zu sehr auf Quali-Speed gearbeitet und weniger auf Renn-Speed. Aber das war absolut notwendig, denn wenn Verstappen in Imola nicht von Pole losfahren kann, wäre dieses Rennen nie und nimmer gewonnen worden.

Vielleicht ein Blick hinter die Kulissen von Red Bull Racing. Die meisten Fans verfolgen das Geschehen an der Strecke oder vor dem Fernseher, aber sie sehen nicht, was alles im Rennwagenwerk abläuft.

Man muss sich das in Milton Keynes so vorstellen: Da sitzen im so genannten Operations Room fünfzig oder mehr Fachkräfte, die jede Phase des Trainings beobachten und analysieren, sie beobachten auch, wie die Konkurrenz arbeitet. Dies im ständigen Austausch mit unserer Mannschaft am Rennplatz.

Dazu wird im Rennsimulator ausprobiert, was Piloten und Techniker für die beste Lösung halten, auch diese Erfahrungen fliessen zurück zum Rennplatz. Dort wird dann in der Summe all dieser Erkenntnisse die bestmögliche Abstimmung erarbeitet.

In der Regel sitzen in Milton Keynes im Simulator der Westschweizer Sébastien Buemi und der Engländer Jake Dennis. Auch ihre Arbeit war elementar, um in Imola die Wende zu schaffen.

Ein Wort zur Konkurrenz. Ferrari hat in Imola ein Upgrade ans Auto gebracht, das hat funktioniert, auch wenn die Italiener in der Quali nicht ganz so schnell waren, wie wir das erwartet hatten. Vielleicht war da bei Ferrari am Freitag bei den Bestzeiten von Charles Leclerc etwas weniger Benzin an Bord, um die Stimmung unter den Tifosi anzufachen.

Im Rennen ist Leclerc nur acht Sekunden hinter Sieger Verstappen ins Ziel gekommen, als Dritter hinter Norris. Ferrari war also schnell.

McLaren hat es in Miami und nun auch in Imola geschafft, die Rennreifen der Mischungen mittelhart und hart optimal ins Arbeitsfenster zu bringen. Auch die Engländer sind uns mit ihren technischen Verbesserungen nähergerückt, und sie haben zuletzt in Sachen Rennabstimmung das bessere Paket hingestellt.

Daraus schliesse ich: Das wird für uns bei den kommenden Rennen eng, und streckenspezifisch werden die Unterschiede mal dem einen, mal dem anderen Auto entgegenkommen.

Wenn wir nicht optimal aufgestellt sind, dann haben wir Gott sei Dank noch den Max-Faktor, der uns auch in Imola den Sieg gebracht hat.

Max hat im Imola-Rennen die Pistengrenzen einige Male verletzt, es kam zu einer letzten Warnung, dann wäre eine Fünfsekundenstrafe fällig geworden. Das war sehr kritisch. Denn die letzten zehn oder fünfzehn Runden waren für ihn die härtesten im Grand Prix, und da durfte er sich keinen Fehler mehr erlauben.

Hätte es für ihn eine Fünfsekundenstrafe gesetzt, dann wäre der Sieg weg gewesen. Denn in Italien war es nicht möglich, einen Vorsprung von mehr als fünf Sekunden herauszufahren.

Klar sehen die Rennkommissare und die Gegner Max da genau auf die Finger, und das war das nächste Meisterwerk von Verstappen – unter einem solch gewaltigen Druck mit einem schwierig zu fahrenden Auto keinen Fehler zu machen und Lando auf Distanz zu halten.

Sergio Pérez hat in Imola nicht so gut abgeschnitten wie bei den WM-Läufen zuvor. Bis zu seinem Unfall im dritten Training war seine Leistung in Ordnung, leider machte er dann in der Qualifikation in Kurve 7 einen massiven Fehler. Der Patzer hat drei Zehntelsekunden gekostet, dadurch ist Checo nicht ins Q3 gekommen.

Von Startposition 11 war das Rennen im Grunde gelaufen auf einer Strecke, wo das Überholen so schwierig ist. In Sachen Strategie hatten wir keine andere Wahl als mit dem harten Reifen zu starten, aber da war die Leistungsfähigkeit des Autos wie erwähnt nicht gegeben. Mit dem mittelharten Reifen war sein Speed besser, aber eben auch nicht so, dass er die Mercedes hätte attackieren können.

Starke Darbietung hingegen von Yuki Tsunoda beim Heimrennen der Racing Bulls in Imola, das Team hat seine Basis ja im nahen Faenza. Der Japaner beeindruckte schon im freien Training – Sechster im ersten Training, Dritter in zweiten, Vierter in Q1, Dritter in Q2, dann siebter Startplatz und Zehnter im Rennen. Wenn er im dritten Quali-Teil nicht in Verkehr geraten wäre, so hätte er das Rennen vor Russell aufnehmen können.

Das reiht sich ein in eine Serie exzellenter Leistungen von Yuki, bis auf China hat er an jedem Wochenende abgeliefert. Er macht fast keine Fehler mehr, er ist fokussiert, er arbeitet gut mit den Ingenieuren. Es hat eine gewisse Zeit gedauert, aber nun setzt er sein Talent und seinen Speed gekonnt um.

Vor allem hat er seine Emotionen besser unter Kontrolle als früher, was auch am Funk zu hören ist. Emotionen im Griff behalten und keine Fehler mehr machen, das eine geht mit dem anderen einher. Wir sehen bei ihm eine kontinuierlich nach oben zeigende Leistungskurve.

Max kehrt als Vorjahressieger nach Monaco zurück. Was ist von uns in Monaco zu erwarten? Es wird sicher noch enger als im Vorjahr. Leclerc ist in Monaco eine Wucht in der Quali, und jeder weiss – was im Monaco Grand Prix passiert, das entscheidet sich weitgehend im Abschlusstraining.

Wenn nicht in einem blöden Moment das Safety-Car auf die Bahn kommt, ist das Rennen in der Regel gelaufen. Du kannst drei bis vier Sekunden pro Runde schneller sein, überholen kannst du trotzdem nicht. Dazu kommt: Die Strecke ist gleichgeblieben, aber die Formel-1-Autos sind immer grösser und schwerer geworden. Das fördert das Überholen auch nicht.

Es wird in Monaco also alles aufs Qualifying hinauslaufen. Und da haben wir gesehen, dass der Ferrari auf den Randsteinen gut liegt, und McLaren hat in langsamen Kurven aufgeholt. Das wird ein spannender Dreikampf zwischen Ferrari, McLaren und Red Bull Racing.

Zum Glück dürfen wir auch in Monte Carlo wieder auf den Max-Faktor zählen.


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