Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Doppelte Punkte: Fans empört. Wann kippt die Regel?

Von Mathias Brunner
Mehr als 90 Prozent der Formel-1-Anhänger halten die Idee doppelter Punkte beim WM-Finale für puren Schwachsinn. Wie lange ignoriert der Autoverband FIA die Proteste?

Fans und Fachleute sind sich für einmal so gut wie einig: Die vor kurzem eingeführte Regel, wonach beim WM-Finale 2014 in Abu Dhabi doppelte Punkte vergeben werden, ist eine Schnapsidee. Dieses Show-Element stösst in Fan-Foren überwiegende auf Ablehnung, nur jeder Zehnte kann sich mit dieser Wettbewerbsverzerrung halbwegs anfreunden. Auch die Kommentare von Experten sagen alles.

Christian Danner, Formel-1-Experte bei RTL, meint: «Wann immer man in einen Wettbewerb künstlich eingreift, ist das zu verachten. Das ist einach nur bescheuert! Man muss das Übel bei der Wurzel packen und die Autos gleichwertig machen. Dann braucht man keine künstliche Verfremdung der Weltmeisterschaft beim letzten Rennen. Beim Saisonfinale doppelte Punkte zu verteilen, ist eine krasse, glatte Fehlentscheidung.»

Michael Schmidt von «auto motor und sport» sagt: «Doppelte Punkte beim letzten Rennen. Was soll das bringen? Das entwertet die 18 vorangegangenen Grand Prix, es hebt den letzten auf eine Stufe, die ihm nicht zusteht, weil er nicht einfacher oder schwieriger ist als die anderen. Das verzerrt höchstens das Bild. Es vermittelt den Eindruck, als wolle man den Sport künstlich spannend machen, weil er unter normalen Umständen nicht mehr in der Lage ist, spannend zu sein.»

Edd Straw von «Autosport» findet: «Nie zuvor in der Formel-1-WM gab es für einen Grand Prix mehr Punkte als für die anderen. Die Einführung dieser Regel ist beunruhigend und könnte den Weg ebnen für weitere Schaurennen, die dann ebenfalls einen besonderen Doppelpunktestatus erhalten. Mehr Show ist kein schlechter Ansatz für die Formel 1, aber das ist ein Schritt, der einfach zu weit geht.»

Ex-Formel-1-Fahrer Martin Brundle sagt: «Doppelte Punkte beim Finale ist die Antwort auf eine Frage, die niemand gestellt hat. Das ist der Bedeutung der anderen Rennen abträglich.»

Kevin Eason von der «Times» fasst zusammen: «Einfach nur dämlich. Das ist viel zu viel Einmischung. Die Formel 1 verkommt zu einem Witz.»

Damit sprechen die fünf Insider den meisten Fans aus dem Herzen. Vielen GP-Fans war schon die Einführung des verstellbaren Heckflügels zuwider (um das Überholen zu erleichtern). Schliesslich werden im Fussball die Tore nach der Halbzeit auch nicht vergrössert, nur weil die ersten 45 Minuten kein Ball ins Netz flog. Und natürlich ist es reiner Zufall, dass der (an Punkten) wertvollste WM-Lauf ausgerechnet in Abu Dhabi stattfindet, wo Geld keine Rolle zu spielen scheint.

Seit 18 Jahren haben wir keine volle Startaufstellung. Dafür sind die GP-Veranstalter durch die pervers hohen Antrittsgebühren gezwungen, die hohen Kosten auf die Fans abzuwälzen. Sinkende Zuschauerzahlen haben vorrangig mit teuren Eintrittskarten zu tun. Mehr als die Hälfte der Rennställe steht vor dem finanziellen Kollaps – das sind die grossen Zusammenhänge, die man anpacken müsste. Auch dies ist in den Fan-Foren immer wieder zu lesen, und die Rennsportfreunde haben völlig Recht.

Wollte die FIA nicht mal mehr auf die Fans hören? Gab es dazu nicht ausgedehnte Befragungen von Formel-1-Anhängern? Wenn 90 Prozent der Fans gegen die Doppelpunkte-Regel sind, wieso werden diese Proteste jetzt ignoriert?

Das Schweigen aus Paris wird nicht anhalten. Gemäss Recherchen von SPEEDWEEK.com gibt die überaus heftige Reaktion der Fans beim Autoverband viel zu reden. Durchaus denkbar, dass sich die FIA dem Unmut der Formel-1-Anhänger beugt.

Wenn eine Regel kurzfristig eingeführt wird, dann kann sie kurzfristig auch wieder gestrichen werden.

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