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Pirelli: Gerüchte über Beschiss mit Mercedes haltlos

Von Mathias Brunner
Arbeit bei Pirelli

Arbeit bei Pirelli

​Unfassbares Gerücht im Fahrerlager von Singapur: Mercedes sei deshalb so schlecht gewesen, weil sie mit falschen Reifen gefahren seien. Pirelli zeigt: diese Unterstellung ist haltlos.

Hin und wieder kennt der Wahnsinn in der Formel 1 keine Grenzen: Mercedes sei in Singapur deshalb nicht konkurrenzfähig gewesen, so geisterte in der Marina Bay von Singapur herum, weil man die Silberpfeile mit den falschen Reifen auf die Bahn geschickt habe! Und zwar ginge das angeblich so: Während alle anderen Autos mit den Mischungen superweich und weich gefahren seien, habe man Mercedes eingebremst, indem man ihnen die Mischungen weich und mittelhart untergejubelt habe. Als Denkzettel für die Reifendruckaffäre von Monza. Und weil die Formel 1 hin und wieder etwas anderes brauche als Mercedes-Siege.

Mit dieser wahnwitzigen Unterstellung hat Eddie Jordan sogar Pirelli-Rennchef Paul Hembery vor dem Start konfrontiert, der Reifenfachmann konnte nur in ungläubiges Lachen ausbrechen über so viel Blödsinn.

Denn diese hanebüchene Verschwörungstheorie hat so grosse Logiklöcher, dass glatt einer der wundervollen Rennlaster von Pirelli hindurch fahren könnte.

Fakt ist nämlich, dass Pirelli mit dem Autoverband FIA und den Rennställen Verträge unterzeichnet hat, welche den Rahmen der Reifenlieferung exakt definiert. Mercedes falsche Reifen zu geben, käme einem Vertragsbruch gleich. Fakt ist auch, dass sämtliche Reifen nach einem Zufallsprinzip an die Teams verteilt werden. Da lässt sich nicht einfach so schnell mal ein Sonderkontingent einschmuggeln.

Fakt ist ferner, dass ein solcher Plan und die Umsetzung viele Mitwisser hätte. Die Formel-1-Welt ist klein, so etwas käme früher oder später ans Tageslicht. Fakt ist darüber hinaus, dass sich Pirelli um drei weitere Jahre als Reifenausrüster in der Formel 1 bemüht (der Rivale heisst Michelin). Da ist unkorrekter Umgang mit dem schwarzen Gold ungefähr das Letzte, was sich ein Reifenhersteller erlauben würde.

Und doch hielt sich diese Räuberpistole so hartnäckig, dass sich Pirelli im Rahmen des Japan-GP nun genötigt sah, in die Offensive zu gehen.

In einem ausführlichen Bericht legen die Mailänder dar: jeder der gut 1700 Reifen, die zu einem Rennwochenende gebracht werden, erhält im türkischen Werk von Izmit einen Strich-Code, der wird vom Autoverband FIA gestellt. Dieser Code wird beim Vulkanisieren des Reifens eingearbeitet (die Vulkanisation ist ein 1839 von Charles Goodyear entwickeltes, chemisch-technisches Verfahren, bei dem Kautschuk unter Einfluss von Zeit, Temperatur und Druck gegen atmosphärische und chemische Einflüsse sowie gegen mechanische Beanspruchung widerstandsfähig gemacht wird). Der Code kann daher nicht später einfach ausgetauscht werden. Dafür lässt sich der Weg eines Reifens am Rennwochenende genau verfolgen.

Und jetzt kommt der Clou: die Reifen werden überhaupt nicht von Pirelli nach dem Zufallsprinzip den Rennställen zugeteilt, sondern von den Spezialisten der FIA.

Pirelli-Rennchef Paul Hembery: «Sobald die Reifen das Werk verlassen haben, liegt die Verteilung in Händen der FIA. Wir haben diese System eingeführt um sicherzugehen, dass es keine Möglichkeit gibt, jemanden zu bevorzugen. Das ist uns als Alleinausrüster besonders wichtig.»

Pirelli stellt jedem der zehn Rennställe einen Techniker, aber der hat nur Einblick in die Daten jener Reifen, welche den Gummi seines Rennstalls betreffen. Darüber hinaus gibt es nur einen Gedankenaustausch, wenn es Fälle wie die Reifenplatzer in Belgien zu untersuchen gibt.

Fazit: Ein Gemauschel mit den Reifen bei Mercedes kann ausgeschlossen werden.

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