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Massimo Rivola (Ferrari): Sportchef übernimmt Talente

Von Mathias Brunner
Massimo Rivola

Massimo Rivola

​Massimo Rivola (44), seit 2009 Sportdirektor des Ferrari-Rennstalls, hat bestätigt, was seit Monaten als Gerücht kursierte: Er kümmert sich künftig um die Ferrari-Nachwuchsakademie.

Ferrari hat einen neuen Chef des Nachwuchsfahrerprogramms. Der Italiener Massimo Rivola wechselt vom Posten des Sportdirektors auf den Chefsessel der so genannten «Ferrari Driver Academy» (FDA), als Nachfolger seines Landsmanns Luca Baldisserri, der Ferrari verlassen hat – um den jungen Kanadier Lance Stroll (17) zu Williams zu begleiten.

Schon im vergangenen Mai waren Gerüchte laut geworden, wonach Rivola seinen Posten als Sportchef aufgebe, als er am Circuit de Barcelona-Catalunya fehlte. Ferrari beteuerte in Katalonien, dass es sich um private Probleme handle, es gebe keine Trennung. Doch zahlreiche italienische Blätter verbreiteten trotzdem, dass hier mehr dahinterstecke.

Massimo Rivola (44) war seit 2009 Sportchef von Ferrari – zuvor stand der Faenzer zehn Jahre lang in Diensten von Minardi und dann von Toro Rosso, zuletzt als Team-Manager. In Spanien fehlte Rivola zum ersten Mal bei einem Grand Prix, seit er für Ferrari arbeitet. Er wurde durch Diego Ioverno ersetzt, der nomalerweise die Montage-Abteilung des Formel-1-Rennstalls aus Maranello leitet.

Schnell kursierte daher: Rivola sei beurlaubt, man suche bereits nach den Bedingungen für die Trennung. Ein Ferrari-Sprecher beteuerte hartnäckig, das stimme nicht. Und auch Ferrari-Star Sebastian Vettel deutete diskret an: es gebe private Gründe für das Fernbleiben von Rivola.

Die Gerüchte über eine Trennung waren dann tatsächlich haltlos: In Monaco war Rivola zurück auf seinem Posten.

Nun aber hat er sich in einem offenen Brief an seine Freunde und Ferraristi gewendet. Darin sagt der Italiener unter anderem: «Entsprechende Gerüchte kursieren seit längerem, aber mir war es wichtig, dass Ihr es von mir erfahrt – nach achtzehn Jahren Formel 1, zwölf davon an den Kommandoständen, ist die Zeit für einen Boxenstopp gekommen. In Absprache mit der Firma und als grosse persönliche Herausforderung werde ich mich künftig um die Neuaufstellung der Fahrerakademie kümmern. Ich habe im Laufe meiner Jahre viel Erfahrung im Umgang mit jungen Piloten sammeln dürfen, und der Gedanke ist elektrisierend, dass wir in unserem Nachwuchsprogramm vielleicht einen Champion der Zukunft fördern.»

Ferrari selber hat das noch nicht bestätigt und wird im Januar oder Februar über das neue Organigramm informieren.

Ferrari-Nachwuchsprogramm: Ein Schlag ins Wasser?

Ferrari stellt die Nachwuchsakademie also neu auf: Neuer Chef, neue Fahrer. Dafür verlassen zwei langjährige Zöglinge Maranello – das Programm hat seine Aufgabe noch nicht erfüllt. Rivola hat eine grosse Aufgabe vor sich.

Nachwuchsförderung ist eine knifflige Sache: Red Bull musste ziemlich viele Frösche küssen, um einen Prinzen zu finden – Sebastian Vettel. Dazu erwiesen sich auch Daniel Ricciardo, Daniil Kvyat, Max Verstappen und Carlos Sainz in der Folge als Glücksgriffe. Ferrari tut sich da mit dem Nachwuchs ein wenig schwerer.

Vor zehn Jahren entstand bei Ferrari die Idee der «Driver Academy» – junge Piloten sollten mit langjährigen Verträgen an den berühmtesten Rennstall der Welt gebunden werden, um idealerweise eines Tages einen Formel-1-Piloten gewissermassen aus dem eigenen Garten zu erhalten.

Jahrelang war Felipe Massa für seine Aufgabe bei Ferrari vorbereitet worden (als Testfahrer bei Ferrari, als Einsatzfahrer bei Sauber), warum nicht jüngere Fahrer früher schon fördern? Das war die Grundidee.

Jules Bianchi war der erste Akademie-Fahrer, er wurde 2009 aufgenommen, damals fuhr der Schlacks aus Nizza in der Formel 3.

Es folgten einigen Piloten, die aus unterschiedlichen Gründen wieder aus dem Programm ausschieden: Die Italiener Mirko Bortolotti und Daniel Zampedri, Sergio Pérez, der einen Ferrari-Vertrag beendete, um bei McLaren sein Glück zu versuchen, der Franzose Brandon Maisano.

Jules Bianchi war der erste Fahrer, mit dem dieser Plan Früchte tragen sollte: der Südfranzose war für 2016, spätestens 2017 als Kimi-Räikkönen-Nachfolger bei Ferrari fest eingeplant, an der Seite von Sebastian Vettel. Bianchi hätte ab 2015 bei Sauber den letzten Feinschliff für den Schritt in eine Top-Team erhalten sollen. Aber der Unfall von Suzuka am 5. Oktober machte alles zunichte, am 17. Juli 2015 erlag Bianchi seinen schweren Verletzungen.

Bis vor kurzem bestand die Akademie aus vier Piloten: Lance Stroll wurde 2010 als Kartfahrer unter Vertrag genommen, damals noch nicht einmal ein Teenager. Der Kanadier, Sohn des Bekleidungs-Industriellen Lawrence Stroll, fuhr 2015 in der Formel-3-EM für Prema, wo sich sein Vater eingekauft hat. Der Junge hat ohne jeden Zweifel Talent, kann aber auch ungestüm sein – in Belgien löste er eine Highspeed-Massenkarambolage aus und wurde dafür von den Rennkommissaren für ein Rennen gesperrt. Doch nun ist Stroll weg: als Entwicklungsfahrer von Williams. Offenbar war Papa Lawrence Stroll zu unsicher, ob sein Sohn bei Ferrari je den Sprung ins Formel-1-Cockpit schafft. Der Unternehmer sieht Williams als Abkürzung.

Der in Zürich geborene Raffaele Marciello (21) wurde wie Stroll 2010 ins Nachwuchsprogramm aufgenommen und bestritt 2015 seine zweite Saison in der GP2. Im vergangenen Jahr wurde er Gesamtachter, nun wurde er Siebter. Das ist zu wenig. Marciello ist aussortiert.

Der Italiener Antonio Fuoco (19) wurde Gesamtsechster der GP3-Serie. Sein erster Test mit Ferrari auf dem Red Bull Ring endete mit Schrott. Er war vor zwei Jahren ins Ferrari-Kader berufen worden und soll bleiben.

Guanyu Zhou (16) schliesslich bestritt seine erste Saison als Autorennfahrer – in der italienischen Formel 4 wurde der Chinese Gesamtzweiter. Auch er soll im Kader bleiben.

Aus Ferrari-Kreisen ist zu vernehmen: Für Marciello und Stroll kommt der junge Franzose Charles Leclerc (18). Der in Monaco geborene Leclerc hat 2015 die Formel-3-EM auf dem vierten Gesamtrang abgeschlossen (hinter Felix Rosenqvist, Antonio Giovinazzi und Jake Dennis), Leclerc konnte vier Mal gewinnen.

Ferrari wolle Leclerc mittelfristig als Entwicklungspilot beim neuen HaasF1-Team unterbringen, dazu soll er wie Antonio Fuoco regelmässig im Simulator sitzen. HaasF1 hat hingegen verlauten lassen, ein dritter Fahrer neben Romain Grosjean und Esteban Gutiérrez werde derzeit nicht gesucht.

Ferrari hat zu den ganzen Änderungen bislang keine Stellung genommen.

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