Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Sebastian Vettel (Ferrari) übt mit Pirelli für 2017

Von Mathias Brunner
​Während sich die Teams auf die Asien-GP in Singapur, Malaysia und Japan vorbereiten, übt Pirelli auf zwei verschiedenen Strecken mit den fetten 2017er Slicks – mit Kimi Räikkönen, Sebastian Vettel und Pascal Wehrlein.

Formel-1-Kenner wissen: Die Formel 1 hat sich selber Testbeschränkungen auferlegt, um die Kosten halbwegs im Griff zu behalten. Testfahrten gab es 2016 mit aktuellen Rennwagen und innerhalb der Saison nur an zwei Orten – nach den Grands Prix von Spanien und Grossbritannien auf dem Circuit de Barcelona-Cataluna und in Silverstone.

Um dem Reglement Genüge zu tun, um gleichzeitig aber die nächstjährigen, breiteren Reifen testen zu können, musste sich Pirelli etwas einfallen lassen. Mit den Top-Teams Mercedes-Benz, Red Bull Racing und Ferrari sind daher Abkommen getroffen worden für Tests mit umgebauten 2015er Autos.

Nach Sebastian Vettel und Esteban Gutiérrez, die am Montag und Dienstag nach dem Hockenheim-GP in einem umgebauten Ferrari-Vorjahreswagen des Typs SF15-T die 2017er-Regenreifen der Italiener getestet haben, war dann Red Bull Racing an der Reihe – Ersatzfahrer und Formel-E-Champion Sébastien Buemi testete in Mugello (Italien).

Nun geht das Programm parallel auf zwei verschiedenen Strecken weiter: Ferrari weilt für zwei Tage in Barcelona (mit Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel), Mercedes-Benz hat Pascal Wehrlein nach Le Castellet gebeten – drei Tage Tests (siehe Tabelle unten).

Um wieviel schneller werden die 2017er Autos? Pirelli-Chef Marco Tronchetti Provera hat vorgerechnet: «In der kommenden Formel-1-Saison werden die Autos gemäss unserer Berechnungen um 4,5 Sekunden pro Runde schneller. Von den Reifen kommen dabei 2,5 Sekunden, von der Aerodynamik die anderen zwei.»

Alle Reifen-relevanten Testdaten, die von den drei Rennställen erarbeitet werden, stellt Pirelli den anderen Rennställen zur Verfügung.

Auf Fotos wirken die Renner mit den 2017er Reifen bulliger. Tatsächlich sind die Reifen vorne um sechs Zentimeter breiter geworden (30,5 cm statt 24,5 wie heute), hinten um acht Zentimeter (40,5 cm statt wie heute 32,5). Die Felgengrösse von 13 Zoll bleibt.

Um die Abtriebswerte der kommenden Autos zu simulieren, sind die 2015er Renner mit aerodynamischen Hilfsmitteln wie Schürzen ausgerüstet.

Unverändert wird Pirelli pro GP-Wochenende drei verschiedene Mischungen zur Verfügung stellen, welche die Rennställe im Voraus bei den Mailändern bestellten müssen. Für die Übersee-Flüge muss die Wahl mindestens 14 Wochen im Voraus getroffen werden. Bei den Europa-Rennen reichen acht Wochen Vorlaufzeit. Verpasst ein Team diese Frist, wählt Pirelli die Reifen aus.

Das führt zum Kuriosum, dass die Teams für die ersten Rennen ins Blaue hinaus bestellen. Denn die Testfahrten zur neuen Saison liegen so nahe am WM-Beginn in Australien, dass eine Reifenwahl schon getroffen werden muss, bevor die neuen Rennwagen gefahren sind!

Derzeit wird zwischen Pirelli und den Teams darüber gezankt, wo im Februar und März 2017 getestet wird.

Pirelli-Rennchef Paul Hembery wünscht sich einen Test in der Wüste, um die warmen Bedingungen der ersten Saisonrennen simulieren zu können. Die Rennställe wehren sich aus Kosten- und Logistikgründen dagegen.

Rémi Taffin, Operationsleiter von Renault: «Aber das hatten wir doch alles schon mal. Jeder weiss, welche finanziellen und personellen Ressourcen ein solcher Test bindet.»

Williams-Technikchef Pat Symonds: «Keiner kann negieren, dass das einen Batzen Geld kosten würde. Ein Flug von London nach Barcelona kostete fünfzig Pfund. Ich glaube nicht, dass ich für diesen Betrag nach Abu Dhabi komme. Es wäre gescheiter, Tests an Rennen zu koppeln. Früher haben wir vor dem Saisonstart in Brasilien getestet. Das Gleiche wurde in Südafrika getan. Es wäre auch sinnvoll, beispielsweise nach dem Australien-GP einen Boxenstopp in Arabien zu machen, wenn also das Material gar nicht erst zurück nach England geht, nur um gleich wieder woanders hingeschickt zu werden.»

Jock Clear, leitender Ingenieur von Ferrari: «Ich kann die Position von Pirelli verstehen. Aber wir haben 21 Rennen. Wenn wir da noch einen Übersee-Reifentest hinzufügen, dann treiben wir die Belastung der Menschen über gewisse Grenzen hinaus. Es geht ja nicht nur um die Kosten. Es geht auch darum, dass die Mitarbeiter nicht endlos belastbar sind. Wir sind an einem kritischen Punkt angelangt, das alles in ein Jahr zu pressen.»

Der Pirelli-Testplan

1./2. August: Fiorano (I), Ferrari, Regenreifen (2 Tage)
Sebastian Vettel und Esteban Gutiérrez
3./4. August: Mugello (I), Red Bull Racing, Slicks (2 Tage)
Sébastien Buemi
6./7. September: Barcelona (E), Ferrari, Slicks (2 Tage)
Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel
6. bis 8. September: Paul Ricard (F), Mercedes, Slicks (3 Tage)
Pascal Wehrlein
21./22. September: Paul Ricard (F), Mercedes, Regenreifen (2 Tage)
12./13. Oktober: Barcelona (E), Mercedes, Slicks (2 Tage)
14. bis 16. Oktober: Abu Dhabi (UAE), Red Bull Racing, Slicks (3 Tage)
2./3. November: Abu Dhabi (UAE), Red Bull Racing, Regenreifen (2 Tage)
14. bis 16. November: Abu Dhabi (UAE), Ferrari, Slicks (3 Tage)
29. November: Abu Dhabi (UAE), Ferrari, Mercedes und Red Bull Racing (1 Tag)

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