Valentino Rossi sucht das Glück

Nico Rosberg, Lewis Hamilton: WM futsch wegen Starts

Von Mathias Brunner
Martin Brundle mit Bernie Ecclestone

Martin Brundle mit Bernie Ecclestone

​Ex-GP-Pilot Martin Brundle sagt nach dem Singapur-GP: «Die unterschiedlichen Starts sind ärgerlich. Ich hoffe nicht, dass es am Ende heisst – Rosberg oder Hamilton verloren den Titel wegen der Kupplung.»

Noch eine, vielleicht zwei Runden in Singapur – und wir hätten nicht Nico Rosberg als Sieger erlebt, sondern Daniel Ricciardo. Auch Martin Brundle wurde von der Fahrt des Australiers in Atem gehalten. Der 57jährige Engländer Brundle, zwischen Brasilien 1984 und Japan 1996 bei 158 Grands Prix im Einsatz, arbeitet seit Jahren für die britische Sky und sagt in seiner jüngsten Kolumne: «Dieser Grand Prix hatte alle Zutaten für ein grosses Rennen. Vorne Mercedes und Red Bull Racing mit unterschiedlichen Strategien, ein Kimi Räikkönen, der seine Form zurückgefunden hat, eine sensationelle Aufholjagd von Sebastian Vettel – und natürlich die unvermeidliche Safety-Car-Phase.»

Und die wurde ausgelöst durch einen schlecht startenden Max Verstappen. Das gibt Brundle, Sportwagen-Weltmeister von 1988, zu denken: «Max kam beim Start nicht gut weg weg, die Autos dahinter wurden als Kettenreaktion eingeklemmt. Ich mache mir Sorgen, wenn ich davon lese, dass Red Bull Racing von einem Kupplungsproblem wusste, es aber vor dem Rennen nicht beheben durfte. Offenbar hätte das vor dem Hintergrund des modernen Reglements eine Strafe nach sich gezogen.»

«Vor einiger Zeit wurde ja das Startprozedere geändert. Die Denke dahinter: Mehr Verantwortung für den Fahrer, unberechenbare Starts, mehr Durchmischen des Feldes. Wir sind nun aber am Punkt, an welchem ich finde – schlechte Starts beeinträchtigen mir das Ergebnis des Rennens zu stark.»

«Zu meiner Zeit hatten wir eine hydraulische Kupplung samt Fusspedal. Der Greifpunkt der Kupplung war relativ leicht zu spüren. Zudem gab es ein Gaskabel, also eine direkte Verbindung zwischen Gaspedal und Motor. Wir hatten damals durchdrehende Räder im Griff, in dem wir Gas und Kupplung entsprechend modulierten. Es war immer noch leicht, die Hinterreifen verrauchen zu lassen, aber mit viel Gefühl und etwas Erfahrung klappte das.»

«Heute hingegen haben die Fahrer eine Kupplungswippe am Lenkrad, die über einen Mikroschalter Befehle weitergibt. Der Fahrer kann kein mechanisches Gespür aufbauen. Das Gas wird elektronisch gesteuert, und gewiss ist die Motorelektronik hochgestochen wie nie, aber mit so erstaunlichem Drehmoment wie von den modernen Turbomotoren ist es sehr leicht, das Startprozedere zu versemmeln.»

«Natürlich gehörten unterschiedlich gute Starts schon immer zum Motorsport. Aber wir hatten damals keine fast kugelsicheren Getriebe, und wir hatten auch keine Autos, die so gut liegen, dass die Piloten fast ohne Fehler durchfahren. Mein Punkt ist – ich finde, die Starts und ihre Folgen sind zu wichtig geworden. Ich kann mir gut vorstellen, dass gute oder schlechte Starts den Kampf um den WM-Titel entscheiden.»

«Im kommenden Jahr sollen hier die Regeln sogar noch verschärft werden, und ich halte uns da auf dem Holzweg. Wenn wir wegen eines schlechten Starts in Singapur bereits einen Max Verstappen aus der Entscheidung verlieren oder Rosberg in Hockenheim die Chance auf den Sieg verliert, dann ist das meiner Meinung nach nicht zum Wohle des Sports.»

Wenn der Le-Mans-Sieger von 1990 schon am Kritisieren ist: «Ich mag nach einem Rennen nicht mehr von Piloten hören, die jammern – „der Flügel, Unterboden, Luftleiter meines Autos war beschädigt, ich verlor Abtrieb, das Handling stimmte nicht mehr“. Mehr noch: Solche beschädigten Teile führen zu Reifenschäden.»

«So eindrucksvoll die Aerodynamik sein mag: Mir sind das einfach zu viele Flügelchen und Luftleit-Elemente. In Singapur habe ich am Frontflügel des Mercedes dreissig Elemente gezählt. Aber je besser diese Flügel für die Aerodynamik sind, desto schlechter sind sie für den Rennsport. Weil sie die Luft in ein Art und Weise verwirbeln, die es für den Hintermann ganz schwierig macht, sich anzupirschen. Das sollte auf der Prioritätenliste der Formel 1 ganz weit oben stehen.»

«Erstmals in dieser Saison habe ich nach dem Singapur-GP wirklich das Gefühl: Nico Rosberg hat den Speed und das Selbstvertrauen, um Lewis Hamilton in einem fairen Duell um den Titel zu bezwingen. Ich hoffe nur, dass dieses Duell nicht vom Beisspunkt der Kupplung entschieden wird.»

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