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BMW-Boss Marquardt: «Die Dynamik ist einzigartig»

Von Rob La Salle
Jens Marquardt

Jens Marquardt

BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt spricht im Interview über die Schlüsselrolle des BMW i Antriebs in der Formel E und blickt auf die bisherigen sechs Rennen der Saison 5 zurück.
Herr Marquardt, die Botschaft #Electrifying ist an diesem Wochenende auf dem BMW iFE.18 zu lesen. Welche Bedeutung hat die Expertise der BMW Group bei der Elektrifizierung für BMW i Andretti Motorsport?

Die Erfahrung der BMW Group in Sachen Elektrifizierung hat natürlich eine ganz wesentliche Bedeutung für unser BMW i Motorsport Projekt. Wir standen zu Beginn des Entwicklungsprozesses für den E-Antrieb in der Formel E vor der Frage: Bauen wir bei uns eigene BMW Motorsport Kapazitäten auf oder nutzen wir die langjährige Erfahrung von BMW i in diesem Bereich? Die Antwort darauf war schnell gefunden. Natürlich war es sinnvoll, sich das riesige Knowhow unserer Serienkollegen zunutze zu machen. Wir haben einen effizienten Entwicklungskreislauf etabliert, ohne Kapazitäten unnötig zu doppeln. Die erfahrenen Spezialisten aus der Serie kümmern sich um die Hardware des Elektromotors und des Inverters, also um den gesamten Hochvolt-Bereich. Das schließt auch die Software ein, die vom Inverter her den E-Motor steuert sowie die eingesetzten Materialien, etwa für Rotor oder Stator. Auf der Motorsport-Seite sind wir zum Beispiel mit dem Low-Volt-Steuerungsbereich beschäftigt. Wir erarbeiten Rekuperationsstrategien, haben das Packing der gesamten Hinterachsstruktur vorgenommen und das Kühlkonzept entwickelt. Ganz transparent wurden all die Dinge, die jeder Bereich am besten kann, miteinander verzahnt. Der Technologie-Transfer zwischen unseren BMW Motorsport Ingenieuren und den Kollegen von BMW i funktioniert sehr gut.

Wie viel Serie steckt also im Formel-E-Antrieb?

Sehr viel. Zum Beispiel kommt die Steuerungssoftware auf der Hochvolt-Seite, die den E-Motor nach dem Inverter ansteuert, genauso im BMW iFE.18 wie im BMW i3 zum Einsatz. Der Transfer geht jedoch in beide Richtungen. In der Extremanwendung Formel E sammeln wir gemeinsam Erkenntnisse, die dann in die Weiterentwicklung einfließen können – und das auf beiden Seiten. Jeder BMW i Kunde profitiert so von unseren gemeinsamen Fortschritten im Rennsport.

Wo liegen die Stärken des BMW iFE.18?

Der BMW iFE.18 war mit seinem von BMW i entwickelten Antriebsstrang bei eigentlich allen Rennen unter den Top-Paketen. Ein Grund dafür ist die hohe Energieeffizienz, die wir mit dem Racing eDrive01 erreichen. Genau auf die kommt es in der Formel E an. Das haben wir zum Beispiel in Mexiko gesehen, als es für einige unserer Konkurrenten gegen Ende des Rennens in Sachen Energie eng wurde. Hier sind wir mit unserem Paket exzellent aufgestellt. Unser Antriebsstrang basiert auf dem des BMW i3, und der Einsatz im BMW iFE.18 dient als ‚TechLab’ für iNEXT. Zukünftige Modelle profitieren direkt von den Erfahrungen aus dem Rennsport. Dieser Technologie-Transfer hat uns nun in die Spitzengruppe geführt. Dort wollen wir nach Möglichkeit auch bleiben.

Platz eins in der Fahrerwertung nach sechs Rennen: Wie zufrieden sind Sie mit der Premieren-Saison von BMW i Andretti Motorsport in der Formel E?

Natürlich bin ich sehr zufrieden damit, dass wir in António Félix da Costa nach sechs Rennen den Spitzenreiter bei den Fahrern stellen. Dies zeigt einfach, dass sowohl unser BMW iFE.18 mit seinem BMW i Antriebsstrang als auch das neu aufgestellte BMW i Andretti Motorsport Team aus dem Stand sehr konkurrenzfähig in unserer ersten Formel-E-Saison unterwegs waren. Außerdem hat António mit dem Sieg im allerersten Rennen in Ad-Diriyah und zwei weiteren Podestplätzen sehr gute Arbeit geleistet. Alex wird sicherlich in der zweiten Saisonhälfte auch noch weiter vorne mitmischen und gute Ergebnisse beitragen – den Speed hat er allemal. Allerdings sprechen wir mit Blick auf die Fahrerwertung bestenfalls von einer Momentaufnahme. Das Formel-E-Feld liegt unfassbar eng zusammen, die Saison wird bis zur letzten Runde in New York spannend bleiben. So viel steht aber schon jetzt fest: Jeder im Team arbeitet hart, um weiterhin so konkurrenzfähig sein zu können.

Sechs Sieger in sechs Rennen: Wie lässt sich diese Ausgeglichenheit im Feld erklären?

Es ist offensichtlich, dass in der Formel E nicht immer das Gesamtpaket mit der besten Performance gewinnt. Vielmehr müssen sehr viele Faktoren zusammenpassen, um am Ende erfolgreich zu sein. Ein Beispiel ist der Qualifying-Modus, in dem die Fahrer in der Reihenfolge der Meisterschaftswertung auf die Strecke gehen. Das sorgt dafür, dass es für einen erfolgreichen Piloten extrem schwierig ist, konstant um Siege mitzufahren, denn die Bedingungen sind in den frühen Qualifying-Gruppen häufig am schwierigsten. Wenn man in der Formel E im Mittelfeld unterwegs ist, steigt aber auf den engen Stadtkursen das Risiko für einen Ausfall signifikant. António hat in zwei Rennen keine Punkte gesammelt – und liegt trotzdem ganz vorne. Konstanz ist ein ganz wichtiger Schlüssel zum Erfolg, aber eben auch sehr schwer zu erreichen.

Gewinnt in der Formel E am Ende derjenige, der am wenigsten riskiert?

Ganz so ist es nicht, man muss aber in der Formel E vielleicht mehr als anderswo wissen, wann und wo man riskiert, und wann es besser ist, zurückzustecken. Es zählt buchstäblich jeder Punkt. In Sanya etwa gingen wir mit hohen Erwartungen ins Rennen, da uns die Strecke und ihre Anforderungen entgegenkamen. Beide Fahrer hatten es in die Superpole geschafft. Dennoch konnten wir erneut nicht beide Autos ins Ziel bringen und maximale Punkte für die Teamwertung sammeln. Alex schied zum wiederholten Mal nach einem harten Zweikampf mit einem Konkurrenten unverschuldet aus. In Marrakesch haben wir uns das Leben selbst schwer gemacht und sehr viele Punkte liegen lassen. Die Erfahrungen, die wir in den ersten Rennen sammeln konnten, haben uns definitiv stärker gemacht. Wir lernen weiterhin mit jedem E-Prix dazu.

Wie schätzen Sie die bisherige Saison für Ihre Fahrer ein?

António Félix da Costa wirft seine Erfahrung aus fast 50 Formel-E-Rennen fantastisch in die Waagschale. Es freut mich sehr für ihn, dass er gleich zum Saisonauftakt gewinnen konnte und jetzt auf Platz eins steht. Als Formel-E-Rookie kann sich Alexander Sims sehr gut an ihm orientieren. Bezogen auf seine Pace müsste auch Alex eigentlich viel weiter vorn stehen. In einigen Rennen hatte er einfach großes Pech und war zur falschen Zeit am falschen Ort. Wenn für ihn das nötige Rennglück dazu kommt, dann kann auch er um Spitzenplätze kämpfen, das hat er bei allen Rennen bislang gezeigt. Wichtig ist, mit beiden Autos konstant in den Punkten zu sein, da wir auch in der Teamwertung eine gute Rolle spielen möchten.

Wie hat sich die Formel E in Saison 5 weiterentwickelt?

So wie wir Rennen für Rennen lernen, entwickelt sich auch die gesamte Meisterschaft kontinuierlich weiter. Diese Dynamik ist wirklich einzigartig. Auf der Strecke sorgen Elemente wie der FANBOOST oder der neue ATTACK MODE für zusätzliche Spannung. Neben der Strecke wächst die Bedeutung der Formel E als internationale Bühne für die Mobilität der Zukunft. In den Rennen, aber auch im E-Village, präsentieren wir den Fans die Visionen und die Innovationskraft der BMW Group. Die weiteren involvierten Hersteller und Partner der Formel E setzen ebenfalls Akzente. Daraus ergibt sich eine ungemein spannende Plattform. Zugleich ist es auch für die Formel E selbst eine Herausforderung, mit all den neuen Entwicklungen Schritt zu halten.

Wie gehen Sie nun die Europa-Saison an?

Die Zielsetzung ist klar: Wir wollen das große Potenzial unseres BMW Pakets in so vielen Rennen wie möglich auch in gute Ergebnisse verwandeln und mit beiden Fahrern punkten. Das ist in dieser Meisterschaft ein sehr ehrgeiziges Ziel. Zugleich wollen wir uns auch den BMW Fans in Europa stark präsentieren und ihnen zeigen, wie sportlich und aufregend Elektromobilität ist.

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