Valentino Rossi sucht das Glück

Raketenangriff: Kann man sich für Geld alles kaufen?

Von Andreas Reiners
Die Formel E trug in Saudi-Arabien den Saisonstart aus

Die Formel E trug in Saudi-Arabien den Saisonstart aus

Die Diskussionen dürften nach dem vereitelten Raketenangriff von Riad wieder an Fahrt aufnehmen: Sollten Rennserien wie die Formel E oder die Formel 1 in Ländern wie Saudi-Arabien Station machen?

Als die Formel 1 im vergangenen Jahr verkündete, in dieser Saison in Saudi-Arabien zu fahren, schaltete sich umgehend Amnesty International ein. Die Menschenrechts-Organisation kritisierte den Wüstenstaat für «Sportswashing»: Das Land wolle sein Image aufpolieren, um von Menschenrechtsverletzungen vor Ort abzulenken.

Zur Liste der Verfehlungen gehören Hinrichtungen, Diskriminierungen oder Folterungen. Hinzu kommen Zwischenfälle wie die Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi, der 2018 einen internationalen Aufschrei zur Folge hatte. Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman steht weiterhin unter Verdacht, den Mord angeordnet zu haben.

Trotzdem fährt nicht nur die Formel 1 dort, die Formel E hielt dort am vergangenen Wochenende ihren Saisonauftakt ab.
Das Rennwochenende bot aus rein sportlicher Sicht jede Menge Unterhaltung. Unmittelbar nach der Siegerehrung nach dem zweiten Rennen am Samstagabend dann aber der Schock: Über der Hauptstadt Riad wurde ein Raketenangriff aus dem Jemen vereitelt.

«Das war für uns mit dem bloßen Auge erkennbar. Wir dachten zuerst, das gehört zum Feuerwerk. Dann kam der Feuerball und wir wussten, dass dies Luft-Abwehrraketen sind», beschrieb Sat.1-Moderator Matthias Killing die Szenen im ran racing-Podcast. «Wir hatten keine Angst und keine Sorgen, auch wenn es ein komisches Gefühl war. In Deutschland machen sich Freunde oder Kollegen mehr Sorgen als wir es in der Situation getan haben», sagte er.

Das Team verrichtete die restliche Arbeit, ging zurück ins Hotel, aß und machte sich auf den Weg zum Flughafen. Der für Sonntagmorgen geplante Rückflug verspätete sich aber um rund 19 Stunden. «Es war eine lange Odyssey, verbunden mit der kurzen Angst. Doch du bist vor Ort und funktionierst, und versuchst, die Ruhe zu behalten. Man kann eh nichts ändern. Wir haben mit Galgenhumor reagiert», sagte er.

Er stellte dann aber die Frage: «Wie weit darf der Sport gehen mit solchen Staaten, in denen solche Dinge passieren? Muss es sein, dass der Sport in diese Länder geht, weil man dort so viel Geld verdienen kann? Kann man sich alles kaufen für Geld?»

Das ist eine Kritik, mit der sich nicht nur der Motorsport auseinandersetzt, sondern der Sport allgemein. Man denke nur an die Fußball-WM 2022 in Katar, wo ebenfalls grobe Menschenrechtsverletzungen beklagt werden. Am Ende geht es vor allem um eines: Geld. «Es gibt den einen, der gibt. Es gibt aber auch den anderen, der es nimmt», sagte Killing.

Der Vertrag zwischen der Formel E und Saudi-Arabien wurde 2018 geschlossen, läuft über zehn Jahre und soll Medienberichten zufolge 260 Millionen Euro in die Kassen der Formel E spülen. Geld, dass Rennserien vor allem in der Corona-Pandemie ungerne ausschlagen.

Trotzdem sagt ran-Kommentator Eddie Mielke: «Man muss irgendwann mal die Kohle Kohle sein lassen und darf das nicht alles mitspielen. Müssen wir das alles mitmachen?»

Auch der zweimalige DTM-.Champion Timo Scheider findet, dass es Grenzen geben müsse. «Wann traut man sich, den Mund aufzumachen? Wann hat man den Mut als Hersteller zu sagen: ‚Gerne könnt ihr da fahren – wir nicht.‘? Man ist es jetzt an einem Punkt, wo man sich fragen sollte, ob man tatsächlich dort hingehen muss.»


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