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Trauer um Anton Konrad (1937–2024)

Kolumne von Rainer Braun
​Am 11. April 2024 verstarb mit Anton Konrad nicht nur ein großer Motorsport-Macher, sondern auch einer der Väter des ersten VW Golf GTI.

Er war Mitbegründer und Chef der Formel V-Europa-Organisation (Vorläufer von Volkswagen Motorsport), und er hatte großen Anteil an der Entstehung des VW Golf GTI.

Jetzt ist Anton Konrad knapp vier Wochen vor seinem 87. Geburtstag nach geduldig ertragener, langer Krankheit in seiner Heimatstadt Hamburg gestorben. Wir kondolieren seiner Frau Bettina, den beiden Töchtern, den Enkelkindern und der restlichen Familie.

Anton Konrad hat dem internationalen Motorsport mit der Rennwagen-Klasse «Formel V» eine Art Massenbewegung beschert. Als Generalsekretär des zunächst in München und später in Hannover stationierten und von Volkswagen gestützten Verbandes «Formel V Europa» lenkte der gelernte Journalist die Geschicke der VW-Monoposto-Klasse mit strammem Management in ebenso geordnetes wie professionelles Fahrwasser.

Zwischen 1968 und 1972 machte er aus der Formel V 1300 einen weltweiten Markenartikel und bereitete parallel dazu die Vermarktung und Einführung der Formel Super VW 1600 vor. «Das war eine irre Zeit», schwärmte Konrad mit glänzenden Augen bei jedem Treffen, wenn die Rede auf die wilden und verrückten Jahre der ersten Gehversuche von Volkswagen im Motorsport kam.

«Der Umgang mit den jungen Wilden wie Rosberg, Marko, Lauda, Ertl oder Pankl war aufregend und faszinierend zugleich. Mit denen habe ich so verrückte Sachen erlebt – das würde mir heute kein Mensch mehr glauben.» Doch, Anton, alle die dabei waren, können das bestätigen.

Zwischendurch zwängte sich der Macher und Manager von Zeit zu Zeit selbst ins FV-Cockpit, startete sogar in Hockenheim mal neben Niki Lauda aus Reihe 1 und galt als kompetenter Racer. Höhepunkt von Konrads rennsportlichen Ausflügen war 1976 der Gewinn des Europa-Titels für Serien-Tourenwagen, den er gemeinsam mit dem Audi-Ingenieur Hans Nowak in einem Audi 80 GT errang.

Auch viele meiner Journalisten-Kollegen und so manch prominenten Zeitgenossen bugsierte er zu vielbeachteten Gaststarts ins Formel V-Cockpit. Dazu stampfte er die monatliche Info-Broschüre «Formel V-Express» aus dem Boden und führte den Verband Formel V Deutschland und danach auch den Europa-Verband mit geringen Etat-Mitteln zu maximalem Erfolg.

Die guten Management-Qualitäten des Formel V-Chefs blieben auch dem damaligen VW-Vorstand Prof. Carl Hahn nicht verborgen. Höchstpersönlich berief Hahn den gelernten Journalisten und ehemaligen Redakteur der Zeitschrift «Hobby» 1972 von VW Motorsport in Hannover ins Stammhaus nach Wolfsburg.

Dort übertrug man ihm zunächst die Leitung der Motorpresse und später sogar die der gesamten Konzern-Kommunikation. Was ihn nicht davon abhielt, weiterhin ein waches Auge auf den Sportableger in Hannover zu richten und auch seinen Nachfolger Klaus Peter Rosorius persönlich auszusuchen. Der war bis dahin Sportleiter bei Continental und überdies auch noch ein flotter Racer mit Borgward und NSU TT.

An das Jahr 1976 erinnerte sich Anton Konrad übrigens ganz besonderes gerne – es markiert den Verkaufsstart des Golf GTI. Ein paar sportbegeisterte VW-Männer und Ingenieure des Hauses hatten die Idee, aus dem biederen Golf-Basismodell eine sportive Variante zu machen. Konrad unterstützte das Vorhaben wo immer es ging und machte das Projekt dem Vorstand schmackhaft.

Nach der Präsentation bei der IAA im Herbst 1975 begann alsbald die Serien-Produktion und ab Jahresmitte 1976 fuhren die ersten Golf GTI auf Deutschlands Straßen. 110 PS, um die 180 km/h Spitze – und das alles für etwas mehr als 13.500 D-Mark (ca. 6.700 Euro). Die Begleitung der Schöpfungsperiode des Golf GTI gehört zu den ganz großen Ereignissen im Leben von Anton Konrad.

Ich erinnere mich noch sehr gerne an jenen Tag, an dem mich Anton Konrad Anfang 1977 angerufen und gefragt hat, ob ich einen seiner Testwagen zum Sonderpreis haben möchte. Ein paar Tage später stand ich mit roter Überführungsnummer in seinem Büro, zahlte an der Kasse den Freundschaftspreis von 7.000 D-Mark ein und fuhr stolz wie
wie Oscar mit einem roten GTI, Sportsitzen und Pirelli-Breitreifen zurück nach Hause.

Nach dem erreichten Pensionsalter schied Konrad bei VW aus und gründete als selbstständiger PR-Berater und Motorsport-Repräsentant die Agentur AK Kommunikation. An den Rennstrecken betreute er vor allem das Unternehmen Fichtel & Sachs und deren Produkte und deren sportive Produkte. Mit wachem Geist und scharfem Blick beobachtete und analysierte er das aktuelle Rennsport-Geschehen als Entscheidungshilfe für seine Kundschaft. Und er sorgte dafür, das wichtige Leute die richtigen Gesprächspartner trafen.

Nach Stationen in München, Hannover und Wolfsburg wählte Konrad mit seiner Familie Hamburg als endgültigen Wohnort. Das Joggen «in 50 Minuten um die Alster» gehörte zu seinen Lieblings-Aktivitäten, fiel ihm aber jenseits der 80 immer schwerer.

Das schmerzte ihn zwar, aber anlässlich seines 85. Geburtstags sagte er mir, dass er «froh und dankbar ist, überhaupt noch unter den Lebenden zu sein». Denn viele seiner alten VW-Weggefährten aus der Formel V, der Super V und aus dem VW-Konzern waren um diese Zeit schon längst nicht mehr da. Und nun ist auch er gegangen …

Was bleibt, ist die Erinnerung an einen wunderbaren Menschen und Manager, der so manche Unterhaltung und so machen Schriftwechsel mit der ihm eigenen Ironie würzte. So hat er mir beispielsweise zu meiner Hochzeit im Herbst 1967 einige Tage später einen Brief geschickt, in dem er nach knapp formulierter Gratulation noch dies schrieb: «Heiraten ist ja schön und gut, aber jetzt solltest du wieder was arbeiten – wir warten auf deine Geschichte für den Formel V-Express und den Oktober-Newsletter.» Für solcherart Formulierungen in Wort und Schrift war er geradezu berühmt.

Mein persönliches Schlusswort für dich, lieber Anton: Um das, was wir seit 1966 zusammen erlebt haben, beneiden uns viele noch heute. Wir sind in Sachen Formel V zusammen um die Welt gereist, du hast mir unvergessene Jahre im Kaimann-Cockpit von Kurt Bergmanns Rennstall ermöglicht und zumindest für ein paar Jahre die Produktion des Newsletters für «Formel V Deutschland» übertragen.

Am Ende unseres gemeinsamen Weges kann ich nur sagen: Danke, Anton, für eine wunderbare Zeit im Sport und auch im privaten Bereich. Mach’s gut, lieber Freund.

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