MV Agusta ist wieder unabhängig – Trennung von KTM
Blick auf das Werk von MV Agusta in Varese
Die Geschichte von MV Agusta ist bewegt, mehr als einmal stand die Nobelmarke aus Varese in Norditalien vor dem Aus. Zuletzt Ende November 2024, als die KTM-Gruppe vor Gericht den Antrag auf ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung stellte, der letzte Rettungsanker vor einer Insolvenz. Früh kristallisierte sich heraus, dass die Trennung von MV Agusta Teil der Restrukturierung sein wird.
Seit September 2022 wurde die Zusammenarbeit mit der KTM AG, einer Tochter der Pierer Mobility Gruppe (KTM, Husqvarna, GASGAS), sukzessive intensiviert. Nach dem Vertrieb der MV-Motorräder in Nordamerika übernahm die KTM AG den weltweiten Vertrieb und beteiligte sich mit 25,1 Prozent an MV Agusta. Im März 2024 erwarb die Pierer-Gruppe weitere 25 Prozent, seither besaß sie mit 50,1 Prozent die Mehrheit an MV Agusta.
Die KTM AG hatte im Rahmen dieser Kooperation im Oktober 2023 die Lieferkette und den Einkauf von MV Agusta übernommen. KTM bestimmte, wie viele Motorräder von welchem Modell von MV Agusta gebaut wurden und bestellte diese, in der Fabrik in Varese erfolgte die Endmontage. Miteigentümer Timur Sardarov gehörten zwar 49,9 Prozent des Unternehmens, aber keine Ware.
Timur ist der Sohn des russischen Industriellen Rashid Sardarov, der es mit seiner Firma Comstar Energy Group durch Öl- und Gasförderung auf ein Vermögen von geschätzten vier Milliarden US-Dollar gebracht hat.
«Wenn Sardarov am Ende nicht mit null dastehen will, dann muss er die 50,1 Prozent zurückkaufen», verriet ein MV-Intimus am 12. Dezember auf SPEEDWEEK.com. «Dann wäre er wenigstens wieder unabhängig. Das geht aber nicht für einen Euro, wie damals bei Castiglioni und Harley-Davidson. Dieses Mal wird ein Richter schauen, wer am meisten für die Firma bezahlt.»
Er sollte Recht behalten. Am Abend des 31. Januar 2025 bestätigte MV Agusta, dass Art of Mobility S.A., ein Unternehmen der Familie Sardarov, die vollständige Kontrolle über die MV-Agusta-Gruppe zurückerlangt und damit die Trennung von KTM besiegelt. Wieviel Geld Sardarov dieses Mal in die Hand nehmen musste, wurde von seiner Seite nicht kommuniziert. Bei KTM ist von einem mittleren, zweistelligen Euro-Millionenbetrag die Rede. Diese strategische Vereinbarung stellt sicher, dass MV Agusta vollständig von KTMs laufendem finanziellen Restrukturierungsprozess unberührt bleibt und das Unternehmen seinen Kurs fortsetzen kann.
In den vergangenen 18 Monaten hat MV Agusta seine finanzielle Stabilität unter einer vollständig erneuerten Managementstruktur gestärkt. Im Jahr 2024 verkaufte das Unternehmen 4000 Motorräder und erzielte eine jährliche Wachstumsrate von 116 Prozent im Vergleich zu 2023, wobei bereits im Juli die Gesamtverkäufe des Vorjahres erreicht wurden. 2024 war zudem das beste Jahr in der Geschichte von MV Agusta im Bereich Ersatzteilverkäufe, mit einer Verfügbarkeitsrate von 99 Prozent für Modelle, die bis zu sieben Jahre alt sind.
Hinsichtlich des globalen Vertriebsnetzes von MV Agusta bleiben alle 219 Verkaufsstellen, darunter 41 Servicepunkte, in Betrieb, wobei die Gesamtzahl in diesem Jahr voraussichtlich auf 270 steigen wird. Darüber hinaus sind 20 außereuropäische Importeure Teil des Vertriebsnetzes.
Die Geschäftstätigkeit von MV Agusta wird wieder vollständig unabhängig, wobei Varese als zentraler Knotenpunkt für alle Schlüsselbereiche wie Produktentwicklung, Produktion, Vertrieb, Marketing und After-Sales-Services dient. Die Entwicklung der nächsten Generation von Motorrädern verläuft planmäßig und ebnet den Weg für eine «erneuerte, innovative und exklusive Modellpalette», wie die Firma mitteilte.
«Dies ist ein Moment des Stolzes für alle bei MV Agusta», sagte Timur Sardarov, Geschäftsführer der Firma Art of Mobility S.A. und jetzt wieder Mehrheitseigentümer. «Die vollständige Kontrolle über das Unternehmen zurückzugewinnen bedeutet, dass wir jetzt stärker und fokussierter denn je auf Spitzenleistungen sind. In den letzten zwei Jahren hat das Unternehmen seine Prozesse, Systeme und sein Personal erheblich gestärkt. Diese strukturellen Veränderungen sind die Grundlage für die außergewöhnlichen Ergebnisse von 2024 und werden unseren Erfolg auch in den kommenden Jahren vorantreiben. Ich habe volles Vertrauen in unser Führungsteam, dessen Vision, gepaart mit dem Engagement und der Professionalität unseres erneuerten Händlernetzwerks, MV Agusta zu neuen Höhen führen wird. Mein Engagement und das meiner Familie besteht darin, eine treibende Kraft für das Team in Varese, die Region und alle unsere Partner zu sein.»