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Riesenschock: Teamchef Stefan Kiefer ist tot

Von Günther Wiesinger
Stefan Kiefer ist tot

Stefan Kiefer ist tot

Eine Schreckensnachricht ereilte den GP-Paddock heute früh in Sepang: Der deutsche Teambesitzer Stefan Kiefer (51) ist aus bisher ungeklärter Ursache gestorben.

Die anderen Teamitglieder im Paddock traf die Hiobsbotschaft wie ein Blitz aus heiteren Himmel. «Ich habe Stefan doch gestern noch im Paddock gesehen», murmelte zum Beispiel der entgeisterte RW-Racing-Teammanager Jarno Janssen.

«Mir fehlen die Worte, wenn ich daran denke, was letzte Nacht passiert ist», trauerte Domi Aegerter. «Das ist en riesiger Schock für uns alle. Wr werden Stefan unheimlich vermissen. Meine Gedanken sind bei seiner Familie.»

«Stefan war definitiv einer der besten Chefs, den ich je gehabt habe», setzte Aegerter tief betroffen fort. «Er war ein fantastischer Mensch und ein ausgezeichneter Freund. Es versteht sich von selbst, dass wir uns hier an diesem Wochenende nicht mehr auf den Rennsport konzentrieren können. Aber wir bleiben eine starke Gemeinschaft und werden ihn immer in Erinnerung behalten. R.I.P., Stefan.»

Stefan Kiefer, der beim Valencia-GP seinen 52. Geburtstag feiern wollte, ging am Donnerstag noch seiner Arbeit nach, es gab keine Anzeichen für gesundheittliche Probleme. Das Team vergnügte sich zwischendurch ungezwungen beim Kartfahren neben dem Sepang Circuit, man ging zusammen Abendessen und wohnte wie immer im Hotel in Nilai Springs.

Stefan Kiefer teilte sein Zimmer – wie immer bei den Übersee-Renenn – mit seinem Bruder Jochen, der Teamteilhaber und Technical Director ist.

Stefan Kiefer schlief in der Nacht ein – und wurde in der Früh von seinem Bruder leblos aufgefunden. Die Todesursache muss jetzt geklärt werden.

In diesem Moment wurde der Rennsport für die Kiefer-Mannschaft zur Nebensache. Das Team mit den Piloten Domi Aegerter und Tarran Mackenzie zog sich aus Respekt vor dem Teamchef vom Malaysia-GP zurück.

Es ging zuerst einmal darum, diese Hiobsbotschaft den Verwandten und seiner Lebenspartnerin Nadine daheim in Deutschland schonend beizubringen. Sohn Jayden hat im Herbst gerade mit der Schule begonnen.

Stefan Kiefer hat selbst Motorradrennen bestritten und in Idar-Oberstein mit Bruder Jochen ein Motorradgeschäft (Suzuki und Yamaha) betrieben. Seit 1998 betrieben die Brüder auch ein Racing Team. Es begann in der IDM 250 mit Christian Gemmel. Erstes Highlight: IDM-Titel 2002 mit Gemmel.

Der Schritt in die 250er-WM war die logische Folge. Bestes GP-Ergebnis in der Anfangsphase in der 250-ccm-WM: Platz 7 durch Anthony West auf dem Sachsenring 2006.

Wegen der geringen Erfolgsaussichten und der hohen Kosten in der 250er-Klasse erfolgte für 2008 der Wechsel in die 125er-WM.

Stefan Bradl, der 2007 für das spanische Blusens BQR Aprilia-Team fuhr, wurde als deutsches Talent engagiert und in die Achtelliter-WM 2008 geschickt, mit Sponsorgeld von Grizzly.

In der Saison 2009 wurden die ersten WM-Erfolge gefeiert: zwei 125-ccm-GP-Siege durch Stefan Bradl in Brünn und Motegi. Bradl wurde WM-Vierter; Viessmann stieg für drei Jahre als Hauptsponsor ein. Nach dem neunten WM-Rang Bradls von 2009 (125 ccm) wurde der Aufstieg in die Moto2 ins Auge gefasst.

2010 erfolgte mit Stefan Bradl der Einstieg in die neue Moto2-Weltmeisterschaft, Bradl steuerte eine Suter MMX2 und glänzte im Kiefer-Team gleich beim Auftakt in Katar mit Bestzeiten in den freien Trainings und dem dritten Startplatz. Im Oktober feierte er mit Kiefer Racing seinen ersten Moto2-GP-Sieg in Estoril/Portugal.

Mit vier weiteren Siegen triumphierten Kiefer und Bradl 2011 in der Moto2-WM gegen Marc Márquez, das Team war von Suter auf Kalex umgestiegen und siegte gleich beim ersten Rennen in Katar souverän.

Der zweite Teamplatz wurde damals dem Grand Prix Team Switzerland mit Fahrer Randy Krummenacher überlassen.

Nach Bradls Moto2-Titelgewinn wäre Kiefer Racing gerne mit Bradl und Honda in die MotoGP-WM aufgestiegen, aber das Budget von 5 bis 6 Millionen Euro liess sich nicht auftreiben.

Also wurde Max Neukirchner für die Moto2-WM 2012 engagiert, es folgten magere Jahre in der Moto2- und dann 2013 und 2014 in der Moto3-WM auf Kalex-KTM mit Fahrern wie Florian Alt, Gabriel Ramos, Luca Grünwald und Toni Finsterbusch.

Doch für 2015 wurde ein Joint Venture mit Leopard Racing vereinbart, Kiefer gewann mit Danny Kent auf Honda die Moto3-WM.

Inzwischen hatten die Brüder das Motorradgeschäft längst verkauft, die Zweifachbelastung mit dem Rennsport war zu groß geworden.  Stefan Kiefer hatte eine Familie gegründet und sich im Bautzen (Sachsen) niedergelassen.

2016 verlangte Leopard den Umstieg in die Moto2-WM mit Kalex, die Ergebnisse von Miguel Oliveira und Danny Kent hielten sich in bescheidenem Rahmen, für 2017 verlängerte Leopard den Vertrag mit Kiefer Racing nicht.

Wieder einmal stand das Team vor dem Nichts, die Budgetsorgen von Stefan und Jochen Kiefer erstreckten sich schon über einige Jahre. Es wurde dann eine Vereinbarung mit Suter Industries getroffen und mit Suter die Rückkehr in die Moto2-WM vereinbart. Fahrer: Domi Aegerter und Danny Kent. Suter stand für einen Großteil des Budgets gerade. Es musste an allen Ecken und Enden gespart werden.

Danny Kent verabschiedete sich bei Kiefer nach dem Warm-up in Texas, er wurde durch Tarran Mackenzie ersetzt, der keine Punkte holte.

Nach dem Sieg von Domi Aegerter in Misano schien vorübergehend wieder alles eitel Wonne, denn der Schweizer verlängerte daraufhin seinen Vertrag.

Aber der Kummer für Kiefer hörte nicht auf. Es musste ein neuer Hauptsponsor gefunden werden, der zweite Teamplatz war nicht gesichert, so scheiterte die Rückholung von Sandro Cortese, der mit 15 Jahren bei Kiefer in der 126er-WM debütiert hatte.

Dann folgte der nächste Tiefschlag: Dominique Aegerter verlor den Misano-Moto2-Sieg, bei einer Kontrolle waren unerlaubte Zusatzstoffe im Motoröl aufgespürt worden.

Aegerter bekam in Japan einen Anfall, als dieses Schlamassel offenkundig wurde.

Beim Australien-GP seufzte Stefan Kiefer letzte Woche nach dem endgültigen Verlust des Misano-Sieges: «Ich habe keinen Bock mehr.»

Der deutsche Motorradsport verliert einen seiner leidenschaftlichsten Unterstützer und Teamchefs, dem auch die Nachwuchsförderung immer ein Anliegen war, der stets deutsche Fahrer in den Vordergrund stellte.

Unser Mitgefühl gilt der Familie, den Hinterbliebenen und Freunden.

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