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Forward: Kein Material für 2018 – viele Fragezeichen

Von Günther Wiesinger
Aus der MotoGP-WM flog das Forward-Team schon Ende 2015 raus. Jetzt könnten auch die Tage in der Moto2-Klasse gezählt sein.

In der Saison 2017 ist einiges schief gelaufen für den italienischen Teambesitzer Giovanni Cuzari. Während Luca Baldassarrri 2016 in Misano noch einen Moto2-GP-Sieg feierte und zum erweiterten Favoritenkreis für das Jahr 2017 gehörte, ging es unter dem neuen Teammanagement in dieser Saison steil bergab.

Valentino Rossis Bruder Luca Marini und Baldassarri (51 Punkte) schafften in der WM-Tabelle nur die Ränge 15 und 16. «Balda» war im Vorjahr mir 127 Punkten noch auf Rang 8 gelandet.

Die ständigen Querelen im Team waren nicht zu übersehen.

Sie wirkten sich auch auf die Leistungen der zweifellos talentierten Fahrer aus. Marini blieb bei den letzten sechs Rennen (!) ohne Punkte, nachdem er bei den ersten sechs Rennen noch drei Top-6-Ergebnisse erzielt hatte. Baldassarri heimste bei den letzten neun Rennen nur sechs Punkte für zwei 13. Ränge ein. Das Team zeigte Zerfallserscheinungen.

Im Vorjahr galt Forward Racing noch als Ausbildungsstätte der VR46 Riders Academy, diese Verbindung ist jetzt auch gekappt worden. «Balda» wechselt ins Pons-Team, Marini wird neben Bagnaia ins SKY VR46-Team transferiert.

Positive Schlagzeilen waren bei Forward 2017 nicht zu hören. Im April wurde Teamchef Giovanni Cuzari vom «Tribunale di Milano» zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt, wegen Steuerhinterziehung und Verdacht auf Geldwäsche. Er war nach dem Sachsenring-GP 2015 in der Schweiz vier Wochen in Untersuchungshaft gesteckt worden. Ein Gerichtsverfahren in der Schweiz steht noch aus.

Im Herbst posaunte Cuzari, sein Moto2-Team werde 2018 von MV Agusta mitfinanziert. Diese Aussage entpuppte sich in kürzester Zeit als fadenscheinig, denn MV-Agusta-Rennchef Andrea Quadranti liess bald durchblicken, man werde erst 2019 in die Moto2-WM einsteigen, und zwar mit einem seriösen Team – und erst zu Beginn der Triumph-Einheitsmotoren-Ära.

Mittlerweile hatte Cuzari von Kalex die Hiobsbotschaft erhalten, man werde nicht zulassen, dass Forward mit den deutschen Bikes unter der Bezeichnung Kalex-MV oder MV Agusta antritt.

Dabei hatte sich das Team in Misano schon in MV-Farben präsentiert.

Nur die gutgläubigsten Berichterstatter nehmen Cuzaris hochtrabende Pläne noch für bare Münze. Auch wenn er trotz aller Schlamassel im Paddock gern sein Bentley Cabrio zur Schau stellt und den erfolgreichen Geschäftsmann mimt.

Im Oktober 2015 hatte der mehrlichtige Teamchef erklärt, er werde 2016 MV-Agusta-Teamprinzipal für die Supersport- und Superbike-WM werden, mit MV Agusta 2017 oder 2018 in die MotoGP-WM kommen, zudem werde MV für 2019 die Moto2-Einheitsmotoren liefern.

Dabei hatte MV damals rund 70 Millionen Schulden angehäuft und im Jahr nur 9000 Motorräder verkauft.

Von all diesen Cuzari-Ankündigungen wurde kein Wort in die Tat umgesetzt.

Jetzt bekommt der umstrittene Cuzari die Quittung seines jahrelangen Gebarens, das immer wieder von unbezahlten Rechnungen gekennzeichnet ist, was bei Forward zu einem personellen Aderlass führte.

Kalex engineering wird Forward 2018 nach vier Jahren nicht mehr mit Rolling Chassis beliefern. Suter ließ Forward Mitte November in Jerez testen, nahm aber von einem Vertrag Abstand. Die Zahlungsmoral dürfte bei dieser Entscheidung mitgespielt haben. Es scheint bei Forward nach dem Abgang von Crew-Chief Andrea Oleari auch an Technik-Knowhow zu fehlen.

Jedenfalls steht Forward ohne Motorradhersteller da.

Ein Wechsel zu Speed-up zeichnet sich nicht ab. «Forward hat vor ein paar Wochen einmal mit mir gesprochen. Dann habe ich nichts mehr gehört und gesehen, dass sie Suter getestet haben», stellte Speed-up-Chef Luca Boscoscuro gegenüber SPEEDWEEK.com fest. Er kann sich keine Zusammenarbeit mit Forward vorstellen.

Auch bei KTM besteht kein Interesse. «Wir haben bereits zwei Kundenteams», betonte Pit Beirer nach dem Rückzug von Suter im Gespräch mit SPEEWEEK.com.

Außerdem verlangt KTM bei den Kundenteams Fahrer mit Top-5-Aussichten. Diese Ansprüche erfüllen die Forward-Fahrer Stefano Manzi (14 Punkte in 18 Rennen) und Eric Granado auf keinen Fall.

Im Selektions-Komitee (Dorna, IRTA, FIM) wurde schon mehrmals diskutiert, ob man das Forward-Team wegen des schlechten Rufs und der mangelhaften Zahlungsmoral nicht aus der WM fernhalten sollte.

Forward Racing scheint sich in eine ausweglose Situation manövriert zu haben, die bei der Teamvereinigung IRTA und der Dorna niemanden erstaunt. «Ich bin nicht überrascht. Das ist die logische Folge, wenn man jahrelang die Leute nicht bezahlt», stellte ein ernüchterter Spitzenfunktionär fest.

Natürlich könnte Forward mit dem Kalex-Material von 2017 weiterfahren, aber ohne Technik-Support, ohne fachmännische Reparaturen nach Stürzen und ohne Ersatzteillieferungen betrachten die Experten so einen Plan als aussichtsloses Unterfangen.

Es ist für Forward auch unmöglich, bei Kiefer Racing und beim Dynavolt Intact GP-Team Suter-Material von 2017 aufzukaufen.

«Das kann Forward nicht machen, weil das Material uns gehört. Auch wenn sie all das alte Material von uns kaufen würden, bieten wir keinen Support und kein Neuteile-Lieferung an», erklärte Suter-Industries-CEO Maurizio Bäumle gegenüber SPEEDWEEK.com.

Und ohne On-Track-Support, ohne Reparatur-Service und ohne Weiterentwicklung ist in der Moto2-WM kein Blumentopf zu gewinnen.

Fazit: Der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht.

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