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Brad Binder (KTM/1.): Kommt nun bei Ajo Stallorder?

Von Günther Wiesinger
Das Red Bull-KTM-Ajo-Team jubelt: Links Martin, rechts Binder

Das Red Bull-KTM-Ajo-Team jubelt: Links Martin, rechts Binder

Das Red Bull-KTM-Ajo-Team erkämpfte mit Brad Binder und Jorge Martin in Australien einen Doppelsieg. Binder hat noch WM-Chancen. Teamchef Aki Ajo appelliert an die Vernunft seiner Fahrer.

Als der Südafrikaner Brad Binder am Donnerstag auf Phillip Island im Gespräch mit SPEEDWEEK.com versicherte, er habe den Moto2-Titel 2019 noch nicht abgeschrieben, erntete er ein mitleidiges Lächeln. Denn er lag 50 Punkte hinter Leader Alex Márquez, nur 75 Punkte waren noch zu gewinnen.

Doch drei Tage später ist der Rückstand auf 33 Punkte geschrumpft, zwei Rennen sind noch zu fahren, 50 Punkte sind noch zu holen. Der Fahrplan des Moto3-Weltmeisters von 2016 könnte also aufgehen.

Vor dem Rennen meinte Brad Binder, der vom zweiten Startplatz ins Rennen ging: «Der Stahlrahmen funktioniert großartig hier in Phillip Island.» Nicht umsonst haben Miguel Oliveira und Brad Binder 2017 hier einen Doppelsieg gefeiert, und 2018 hatte Binder hier nach Sachsenring und Aragón sein drittes Moto2-Rennen gewonnen. In diesem Jahr hat er drei weitere Siege hinzugefügt – in Spielberg, Aragón und jetzt Phillip Island. Dazu hat er 2019 schon drei zweite Plätze errungen. Damit hat er für KTM sechs Moto2-Siege errungen – wie Miguel Oliveira.

Red Bull-KTM-Teambesitzer Aki Ajo wirkte zufrieden. «Mein Team hat hier in Australien schon elf Siege errungen, dazu fünf Doppel-Podiums.» Auf jeden Fall hat KTM in der Moto2 hier in drei Jahren zwei Doppelsiege gefeiert.

Brad Binder wusste, dass er hier seine Chance nutzen musste, und er zeigte ein fehlerloses Rennen. Aber der starke Rookie Jorge Martin ließ nicht locker und gönnte ihm keine Verschnaufpause. «Ja, ehrlich, Jorge hat mich ordentlich unter Druck gesetzt. Das ganze Rennen hindurch kam ich bei Start/Ziel vorbei und bildete mir en, mir sei eine perfekte Runde gelungen. Aber der Vorsprung pendelte immer von 0,3 auf 0,2 oder 0,5 oder 0,4 sec. Es war wirklich hart, ich bin nie weggekommen. Ich fühlte mich recht komfortabel. Aber in den letzten paar Runden hatte ich etwas Mühe. Und als dann die ersten paar Regentopfen fielen, habe ich mir Sorgen gemacht, denn ich kam beim Rausfahren aus Turn 2 auf den Bordstein, dort hat das Hinterrad auf den Curbs durchgedreht. Es war nasser als befürchtet. Ich habe dann etwas aufgepasst – und bin als Erster über den Zielstrich gefahren. Ein perfekter Tag. Platz 1 und 2 – ein großer Tag für Ajo Motorsport und Red Bull-KTM.»

Binder meinte nach dem Sieg, Alex Márquez habe jetzt die WM bereits gewonnen. «Aber im Parc Fermé habe ich herausgefunden, dass weiter alles offen ist. Das ist großartig. Aber das war heute beileibe kein leichtes Rennen. Denn Jorge hat nie locker gelassen. Ich musste alle geben, der Rhythmus war wirklich stark. Ein Sieg ist immer schön. Und in der WM bin ich auf Platz 3 gerückt, die Situation schaut anständig aus.»

Jorge Martin hat seit dem Sachsenring eine eindrucksvolle Serie hingelegt, er hat neunmal hintereinander gepunktet. Bei den letzten drei Grand Prix war der Moto2-Neuling. Sechster, Dritter und Zweiter. In der WM ist er bereits auf Platz 11 vorgestoßen und Teamchef Aki Ajo traut ihm 2020 den Titelgewinn zu – dann wird mit Kalex und Öhlins gefahren statt mit KTM und WP.

Den Zuschauern fiel auf, dass Jorge Martin in den letzten Runden bis auf 0,1 sec an Binder heranrückte – und dann mit 1,9 sec Rückstand auf Platz 2 eintrudelte. Gab es Stallorder? Teamchef Aki Ajo: «Natürlich haben wir uns am Samstag unterhalten. Aber ich vertraue bei meinem Fahrern dem Teamgeist. Ich habe hier keine Stallorder ausgegeben. Aber ich weiß, dass meine Fahrer schlau genug sind und dass sie die Situation verstehen. Aber sie müssen selber entscheiden.»

Ajo schließt aber nicht aus, dass in Sepang und Valencia für Jorge Martin ein Überholverbot verhängt wird.

Jorge Martin beteuerte, dass er am Schluss keine Chance zum Überholen hatte. «Brad hat extrem gepusht, ich konnte nicht mehr so stark bremsen. Ausserdem spürte ich die Regentropfen. Brad ging aber kaum vom Gas. Deshalb hat er mich besiegt.»

Ganz wohl fühlte sich der talentierte Spanier offenbar bei dieser Ansage nicht in seiner Haut. Man sah es ihm an: Er hätte gerne bedingungslos angegriffen. Aber er versicherte: «Es gab keine Teamorder. Mein Ziel war, wieder aufs Podest zu fahren. Brad war heute besser als ich.»

Sieger Binder erzählte, in den letzten fünf Runden habe er wieder extremes Chattering gespürt. «Am Ende war es unerträglich. Aber ich habe mich entschlossen, dieses Problem einfach zu ignorieren. Es hat keinen Sinn, wenn ich mich darüber beschwere. Es lässt sich anscheinend nicht aus der Welt schaffen.»

Brad Binder versichert, er lasse sich durch die intakten Titelchancen nicht verrückt machen. «Wenn ich daran denke, wie wir in die Saison gestartet sind, müssen wir uns glücklich schätzen, jetzt auf den dritten WM-Rang vormarschiert zu sein. Die Dinge schauen gut aus. Wir haben absolut nichts zu verlieren. Wir können bei den letzten zwei Rennen 110 Prozent geben und das Beste daraus machen.

Vor dem Grand Prix am Freitag gab es bei KTM Unstimmigkeiten, weil Brad Binder statt Miguel Oliveira ins MotoGP-Werksteam befördert wurde. Er hätte eigentlich bei Tech3 neben Oliveira fahren sollen, bekommt aber den jetzt Platz von Zarco. Oliveira interpretierte das mit fehlender Wertschätzung seiner Leistungen, dabei hat er 2019 schon einen achten MotoGP-Rang erzielt.

«Miguel wird sich wieder beruhigen. Er bleibt mein Kamerad», sagte Binder schulterzuckend. 

Ergebnis Rennen Moto2 Phillip Island (nach 25 Runden)

1. Brad Binder, KTM
2. Jorge Martin, KTM
3. Tom Lüthi, Kalex
4. Jorge Navarro, Speed-up
5. Lorenzo Baldassarri, Kalex
6. Remy Gardner, Kalex
7. Iker Lecuona, KTM
8. Alex Márquez, Kalex
9. Stefano Manzi, MV Agusta
10. Tetsuta Nagashima, Kalex
11. Marcel Schrötter, Kalex
12. Nicolò Bulega, Kalex
13. Jesko Raffin, NTS
14. Fabio Di Giannantonio, Speed-up
15. Bo Bendsneyder, NTS
ferner:
22. Philipp Öttl, KTM
24. Lukas Tulovic, KTM
27. Domi Aegerter, MV Agista, 1 Runde zurück
WM-Stand nach 17 von 19 Rennen
1. Alex Márquez 242. 2. Lüthi 214. 3. Binder 209. 4. Navarro 199. 5. Fernandez 192. 6. Marini 176. 7. Baldassarri 162. 8. Schrötter 130. 9. Di Giannantonio 101. 10. Bastianini 95. 11. Martin 83. 12. Lecuona 80. 13. Gardner 74. 14. Nagashima 70. 15. Lowes 60.

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