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Regelkunde: Wie die Moto2-Klasse funktioniert

Von Günther Wiesinger
Marcel Schrötter und Tom Lüthi starten für das deutsche Moto2-Team Liqui Moly Intact GP

Marcel Schrötter und Tom Lüthi starten für das deutsche Moto2-Team Liqui Moly Intact GP

2019 begann in der Moto2-Klasse die Triumph-Ära, 2020 sind Wildcard-Fahrer wieder erlaubt. Die wichtigsten Regeln der Mittelgewichtsklasse der Motorrad-WM im Überblick.

Die Moto2-Serie stellt die Mittelgewichtsklasse der MotoGP-Weltmeisterschaft dar. Sie löste zur Saison 2010 die seit 1949 bestehende 250-ccm-Klasse ab. Die Motorräder wurden 2019 erstmals von Dreizylinder-Viertaktern mit einem maximalen Hubraum von 765 ccm angetrieben. Sie stammen vom Naked Bike des Modells Triumph Street Triple und leisten rund 140 PS. Nach neun Jahren löste Triumph damit Honda als Alleinausrüster ab. Dazu kam 2019 die ECU neu von Magneti Marelli, sie gilt als abgespeckte Version der MotoGP-Motorensteuerung.

Magneti Marelli hat auf Basis der MotoGP-Einheits-ECU eine Motorsteuerung für die Moto2-Maschinen entwickelt, die als fortschrittlich bezeichnet werden kann. Torque-Management, Motorbremse und Launch Control stehen jetzt zur Verfügung, auch wenn die Anzahl der Parameter nicht mit der MotoGP-Klasse vergleichbar ist.

Triumph, Magneti Marelli, Dorna und ExternPro (diese Firma macht die Motor-Revisionen wie früher bei den Honda-Einheitsmotoren) verbreiteten wegen der neuen ECU viel Zuversicht.

Obwohl Corrado Cecchinelli, bei der Dorna als Director of Technology tätig, gern von hohem Kostenbewusstsein spricht, jammerten die Teams am Anfang, weil sie wegen der neuen ECU einen zusätzlichen Elektronik-Ingenieur anstellen müssen.

Aber Triumph liefert 165 ccm mehr als Honda, die Power wurde auf 140 PS erhöht. Das begeistert die Techniker und Fahrer. «Wir haben jetzt mehr Bumms und 20 Newtonmeter mehr Drehmoment», freute sich Intact-Teammanager Jürgen Lingg.

Auch wenn das Dashboard jenem der MotoGP-Teams verblüffend ähnlich sieht – beim Electronic Control Unit (ECU) sind Systeme wie Traction Control und Corner-by-Corner-Kontrolle nicht aktiviert. Sie werden in Reserve gehalten...

Aber eines steht fest: Der Sound der Triumph-Motoren ist großartig, außerdem sind die Motoren deutlich moderner und technologisch deutlich fortschrittlicher als die abgetakelten CBR600-RR-Motoren, bei denen besonders das Getriebe immer wieder Anlass zur Kritik gab. Und durch das «ride by wire»-System beginnt für die Teams elektronisch gesehen ein ganz neues Zeitalter. Die Fahrer werden durch diese ECU viel besser auf die Bedürfnisse der MotoGP-WM vorbereitet.

Auch von den Vorzügen des «blipper» wurde bei den letzten Tests gesprochen. Man kann auch von einer Schaltautomatik sprechen. «Man muss jetzt in der Moto2-WM beim Herunterschalten keine Kupplung mehr ziehen, was natürlich das Reinfahren in die Kurven sehr erleichtert», erläuterte Intact-Cheftechniker Jürgen Lingg. «Dazu wird ein «blipper» benötigt. Das Signal für die Zündunterbrechung bekommt die ECU durch einen Sensor am Schaltgestänge. Im Prinzip wird nur kontrolliert Zwischengas gegeben, damit im Getriebe ein Freilauf entsteht und man ohne kuppeln runterschalten kann.»

Alex Giussani, Technical Director bei Suter Industries, erklärt: «Der Fahrer muss jetzt vor dem Runterschalten nur den Schalthebel nach oben drücken, die Steuergeräte sorgen nach diesem Signal für das Zwischengas. Die Fahrer müssen also dank dieses Systems den Kupplungshebel nicht mehr betätigen. Wir haben diese Funktion schon 2012 auf unserem Claiming-Rule-Bike mit der Bezeichnung Suter-BMW in der MotoGP verwendet. Inzwischen hat sich diese Funktion auch in der Serie durchgesetzt – bei der R1 und bei BMW.»

In der Saison 2018 durften alle Hersteller je zehn Testtage mit den Triumph-Motoren abspulen. Seit 2019 sind den Herstellern keine Moto2-Testteams mehr erlaubt, nur die Teams selbst dürfen mit den Stammfahrern neben den offiziellen IRTA-Tests und Montag-Tests privat testen – maximal sieben Tage von WM-Finale zu WM-Finale.

Weil ECU kompliziert war, wurden im Vorjahr auch keine Moto2-Wildcards erlaubt. Das ändert sich 2020 wieder, allerdings dürfen aufgrund der Verfügbarkeit und der Funktionsweise der Einheitselektronik von Magneti Marelli nur Teams, die bereits an der Moto2-WM teilnehmen, eine Wildcard beantragen.

Nach Suter und Tech3 stieg 2019 auch KTM als Moto2-Chassis-Hersteller aus. Übrig bleiben somit Kalex, Speed Up, NTS und MV Agusta.

Beim Chassis haben die Hersteller, Teams und ihre Schützlinge mehr Freiheiten, hier müssen nur die technischen Vorschriften beachtet werden. Dabei dürfen Rahmen, Schwinge, Tank, Sitz und Verkleidung nicht von einem Serienmotorrad stammen. Wie in der Moto3 ist auch hier nur ein Bike pro Fahrer und Wochenende erlaubt.

Das Mindestalter für die Moto2-Teilnehmer liegt wie bei der Einsteigerklasse bei 16 Jahren. Beim Mindestgewicht besteht jedoch ein klarer Unterschied: Zusammen mit ihren Motorrädern müssen die Moto2-Piloten mindestens 215 kg auf die Waage bringen (in der Moto3 liegt das Mindestgewicht bei 152 kg).

Wer Mühe hat, diese Moto2-Vorgabe samt der ganzen Ausrüstung und Onboard-Kamera zu erreichen, muss mit Zusatzgewichten nachhelfen. Übrigens: Die Lederkombis müssen seit 2017 unbedingt mit Airbag-Systemen ausgerüstet sein.

Die Teams bezahlen pro Fahrer und Saison nur 20.000 Euro für die Triumph-Motoren. Dafür muss ein Kleber «powered by Triumph» auf den Bikes zu sehen sein. Beim ersten IRTA-Test des Jahres 2020 standen die Moto2-Mechaniker in Jerez vor der Box von ExternPro Schlange, um die Triumph-Motoren für den IRTA-Test und den Grand Prix in Katar abzuholen. Dabei mussten sie in einen Beutel greifen und eine Nummer herausziehen. Denn die Motoren werden den Teams per Losentscheid zugeteilt.

Für Buriram, Las Termas und Texas sollten dann wieder neue Motoren zugelost werden, denn bei den Tests werden durchaus bis zu 850 Kilometer abgespult und an einem GP-Wochenende kommen zwischen 500 und 600 Kilometer dazu. Die ersten privaten Tests in Jerez fuhren die Moto2-Teams noch mit ihren eigenen Motoren, die in den meisten Fällen ebenfalls bei ExternPro gekauft worden sind.

Aber jetzt muss neu geplant werden, denn der Thailand-GP wurde verschoben, der Texas-GP wackelt noch.

Die maximale Kilometerzahl liegt weiter bei 1500 km. «Ja, aber ich habe von Italtrans einen privaten Motor zur Revision bekommen, der 3000 Kilometer drauf hatte und immer noch ohne Leistungsverlust lief», verriet Trevor Morris, der Technical Director von ExternPro.

«Wir haben in der Saison 2019 genau 150 Motoren im Einsatz gehabt», berichtet Trevor Morris. «Jetzt bereiten wir acht weitere für die kommende Saison vor. Für uns spielt es also keine Rolle, ob wir 34 WM-Fahrer im Feld haben oder 28.»

ExternPro und Triumph haben zu Beginn der Saison 2019 allen Fahrern und Teams mitgeteilt, dass die maximale Drehzahl auf 14.000/min begrenzt werde. Das Drehzahllimit ist beim Runterschalten später auf 14.500/min erhöht worden. Doch manche Übeltäter im Sattel der 140 PS starken Moto2-Rennmaschinen kümmerten sich nicht sonderlich um diese Vorschriften, besonders Speed-Up-Pilot Jorge Navarro galt als notorischer Überdreh-Sünder.
Alle Fahrer, die ihre Triebwerke regelmäßig mit mehr als 14.500/min quälen, erhalten seit dem Brünn-GP 2019 eine Strafe in der Höhe von 5150 Euro Strafe für eine unplanmäßige Motorrevision.

Wie in der Moto3-Klasse rüstet Dunlop auch die Moto2-Fahrer mit Einheitsreifen aus. Und auch hier dürfen die Piloten jeweils maximal 17 Slick-Reifen pro Wochenende einsetzen, acht Vorder- und neun Hinterreifen.

Keine Unterschiede bestehen auch bei den Regeln für die Regenreifen. Dunlop muss im Normalfall für jeden Fahrer drei Regenreifen-Sätze dabei haben. Findet jede Session im Nassen statt, müssen es sogar deren vier Regenreifen pro Fahrer sein. Der Reifenhersteller darf jene Gummis, die nicht eingesetzt wurden, bei einem späteren Wochenende einsetzen – vorausgesetzt sie entsprechen der aktuellen Spezifikation.

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