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Hervé Poncharal (Tech3): «Niemand will ein Monopol»

Von Günther Wiesinger
Hervé Poncharal

Hervé Poncharal

In der Moto2-WM wird über ein neuen Motorenreglement diskutiert. IRTA-Präsident Hervé Poncharal hält Einheitsmotoren für eine sinnvolle Lösung, obwohl er den freien Wettbewerb eigentlich bevorzugt.

Der Franzose Hervé Poncharal, Besitzer der Tech3-Teams in der Moto2- und MotoGP-WM und gleichzeitig Präsident der Teamvereinigung IRTA, kämpft an vorderster Front für eine bessere technische Situation in der Moto2-Weltmeisterscaft.

Es geht hier in erster Linie um ein fortschrittlicheres Getriebe.
Und gleichzeitig arbeitet er als IRTA-Chef an vorderster Front mit, um ein neues technisches Moto2-Reglement für die Saison 2019 auszutüfteln.

Bis Ende 2018 sind die Einheitsmotoren von Honda im Moto2-Reglement festgeschrieben.

«Wir haben jetzt noch drei volle Jahre mit den Honda-Triebwerken vor uns», ist sich Poncharal bewusst. «Aber natürlich müssen wir Ende der Saison 2016 oder im Frühjahr 2017 zu einer Entscheidung kommen. Die Weltmeisterschaft wird von der Dorna betrieben. Sie konsultieren fortwährend die anderen Parteien und Behörden wie FIM, IRTA und MSMA, also die Hersteller. Es existieren bereits einige Ideen. In der Saison 2015 war es noch ein bisschen zu früh, um sich konkrete Gedanken zu machen. Alle Beteiligten sind sich bewusst, dass die Planung und Herstellung eines neuen Motors rund eineinhalb Jahre beansprucht. Es existieren bereits unterschiedliche Ideen.»

Würde Tech3-Yamaha-Teamchef Poncharal die Beibehaltung der Einheitsmotoren bevorzugen?

«Ich habe keine persönlichen Vorzüge», betont er. «Ich glaube, wir sind zu den Einheitsmotoren gekommen, weil am Ende der 250er-WM Aprilia ein Monopol hatte und von den Teams verrückte Leasingraten verlangte. Man darf ihnen das nicht vorwerfen. Aber die Kosten stiegen ins Unermessliche. Es war verrückt. Wir werden nie mehr so viel Geld haben wir vor der Wirtschaftskrise 2008 und zu den Zeiten der Tabakwerbung. Wenn du mit den Teams aus der Moto3, Moto2 und MotoGP sprichst und sie nach ihrem grössten Problem fragst, dann kommt eine einhellige Antwort – das Budget. Wir müssen also Lösungen mit überschaubaren Kosten finden. Jeder liebt den Wettbewerb. Jeder möchte, dass unterschiedliche Hersteller in den unterschiedlichen Klasse mitwirken. Aber wenn du den Wettbewerb zwischen den Werken zulässt, steigen die Kosten in unglaubliche Höhen. Jetzt ist die Moto3-Klasse deshalb teurer als die Moto2.»

«Niemand plädiert bedingungslos für Einheitsmotoren. Aber wir müssen sorgfältig überlegen und klarmachen, dass die Kosten nicht ausufern. Die meisten Moto2-Teams befürworten die Beibehaltung der Einheitsmotoren. Sie wollen nichts ändern», sagt Poncharal. «In einer idealen Welt würden wir in allen Klassen den Wettbewerb von Reifenherstellern haben. Wir müssen aber der Realität ins Auge sehen und den Akteuren zuhören, also den Teams. Jeder möchte Wettbewerb. Aber niemand ist mutig genug. In der MotoGP haben wir sozusagen ein Öhlins-Monopol. Warum haben wir nicht Showa, Kayaba oder WP dabei? Wir erinnern uns, dass Showa sehr eng mit HRC verbündet war. Als ich sah, dass HRC auf Öhlins umsteigt, habe ich meinen Augen nicht getraut. Öhlins leistet grossartige Arbeit, ich habe nichts gegen diese Firma. Es gibt keine Vorschrift, die alle MotoGP-Teams zur Zusammenarbeit mit Öhlins zwingt. Aber jetzt haben sie ein Monopol. In der Moto2 haben wir Einheitsmotoren, aber beim Chassis hat Kalex eine klare Vormachtstellung. Sam Lowes hat mit der Speed-up ein Rennen gewonnen, er ist WM-Vierter geworden. Das war nicht übel. Trotzdem ist er weggegangen und fährt jetzt ebenfalls Kalex. Irgendwie muss ich schmunzeln. Alle laufen zur selben Firma über.»

«Ich erinnere mich, als ich mit meinem Tech3-Team in der MotoGP mit Dunlop-Reifen gefahren bin. Tamada, Checa und Guintoli waren damals auf Dunlop unterwegs», blickt der Franzose zurück. «Michelin und Bridgestone waren überlegen. Aber wir haben Dunlop die Gelegenheit gegeben, sich zu verbessern, die Reifen zu entwickeln und ein höheres Niveau zu erreichen. Wenn niemand einer Firma so eine Gelegenheit gibt, werden wir nie neue Firmen in der Weltmeisterschaft sehen. Irgendwann wollte niemand mehr mit Dunlop fahren, sogar Michelin war 2008 nicht mehr gefragt. Deshalb haben wir uns für die Einheitsreifen entschieden. Denn es wollte sowieso jedes Team und jeder Fahrer Bridgestone.»

«Manchmal hören wir Beschwerden über ein Monopol in der Reifenabteilung, bei der Suspension oder beim Chassis. Aber bei den Reifen war es vor bald zehn Jahren der Wunsch jener Leute, die sich heute beschweren, dass alle mit Bridgestone fahren. Michelin hatte damals keine Nachfrage von Spitzenteams mehr. Also entschlossen sie sich zum Rückzug», blickt Poncharal. «Das war in Motegi 2007, glaube ich.»

Poncharal hat recht. Als Suter 2010, 2011 und 2012 die Konstrukteurs-WM; in der Moto2-WM gewann, rüstete er bald die Hälfte der Teams aus. Und als KTM 2012 und 2013 einmal 27 Moto3-WM-Rennen hintereinander gewann, begehrten fast sämtliche Teams Material aus Österreich. 2014 rollten 19 Fahrer auf Bikes aus Munderfing – KTM und Husqvarna.

Das ging Honda mächtig gegen den Strich. Für 2014 wurde ein wachsechter Werkseinsatz gemacht mit nur sechs Bikes – Honda gewann die Fahrer-WM 2014 und 2015 mit Alex Márquez und Danny Kent. «Zum Glück hat Honda die Macht und das Geld, um so eine Offensive zu starten», meint Poncharal anerkennend.

«Wenn wir in der Moto2-WM 2019 mehr Werke dabei haben und auf die Einheitsmotoren verzichten, wird es zwar vielleicht für manche Leute aufregender. Aber das Racing wird darunter stark leiden», meint Poncharal. «Und die Kosten werden explodieren. Man sieht es ja in der Moto3. Da haben wir mit Honda, KTM und Mahindra drei echte Hersteller. Und es ist eine Riesenanstrengung, alle Werke auf ein identisches Niveau zu bringen. Die Kosten sind astronomisch geworden. Und wenn wir nicht genau aufpassen, werden die Werke einzelne Teams mit Spezialteilen aufrüsten. Das wäre der Anfang vom Ende. Ich bin nicht derjenige, der die Zukunft der Moto2 entscheidet. Und obwohl niemand den Geist von Monopolen mag, ob bei den Reifen, beim Chassis oder beim Motor, so müssen wir doch an die Qualität der Rennen und an die Teammanager und ihre Kosten denken.»

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