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'Supermotocross': Saisonhighlight oder planlose Vision?

Kolumne von Thoralf Abgarjan
Das 'Supermotocross' soll im Oktober zum Saisonhighlight werden

Das 'Supermotocross' soll im Oktober zum Saisonhighlight werden

Nach den Plänen von WM-Vermarkter Youthstream soll das 'Supermotocross' in der Veltins-Arena von Gelsenkirchen (Schalke) zum Saisonhöhepunkt 2016 werden. Es bleiben viele Fragen nach dem sportlichen Stellenwert offen.

Die Veltins-Arena in Gelsenkirchen war bereits 2001 Austragungsort eines Motocross-Events. Die Veranstaltung war kein Ruhmesblatt - im Gegenteil. Vor leeren Zuschauertribünen mühten sich die Protagonisten in der Kälte des Novembers. Durchschnittlich war nur jeder 5. Stadionplatz besetzt.

Youthstream verspricht 15 Jahre später ein Motocross-Highlight an gleichem Ort.

Ein gigantischer Saisonhöhepunkt soll am 8. Oktober 2016 stattfinden.

Was ist der 'Manufacturers Cup'?

Bei den Rennen im Schalke-Stadion soll eine Art 'Nations der Marken' ausgefahren werden. Der Austragungsmodus ist der gleiche wie beim MXoN: 3 Fahrer bilden eine 'Mannschaft' als 'Werksteam'. Die Platzierung wird als Punkt gewertet, die Mannschaft mit der geringsten Punktezahl gewinnt. 

Youthstream schreibt dazu wörtlich: «Die schnellsten Fahrer der Welt werden dabei sein und unter Flutlicht Lenker an Lenker im Stadion gegeneinander fahren. Alle 7 Hersteller werden teilnehmen: KTM, Husqvarna, Yamaha, Honda, Suzuki, Kawasaki und TM. Jeder Hersteller stellt 3 Fahrer.»

Die schnellsten Fahrer der Welt. Das bedeutet, Fahrer wie Tomac, Dungey, Roczen, Barcia sollten dabei sein, denn niemand wird bezweifeln, dass sie zu den Besten der Welt gehören.

Youthstream lockt mit hohen Preisgeldern, aber für wen?

Weiter ist von «massive cash prize» (sehr hohen Preisgeldern) die Rede.

Ich vermute, es soll eine Art 'MEC' (Monster Energy Cup) werden.

Der Monster Energy Cup ist ein separates Rennen außerhalb der Meisterschaften, das im Oktober in Las Vegas stattfindet und einige Besonderheiten aufweist. Gewinnt ein Fahrer alle 3 Final-Rennen, erhält er eine Prämie von einer Million Dollar. Ryan Villopoto schaffte das im Jahre 2011. Außerdem gibt es eine 'Joker Lane' als speziell präparierte Hindernis-Sektion, die jeder Pilot einmal pro Lauf durchqueren muss.

Das Rennen in Las Vegas findet genau eine Woche später statt: Am 15. Oktober.

Beim 'Supermotocross' soll aber der beste Hersteller, also die beste Mannschaft gekürt werden. Angenommen, Suzuki würde als Mannschaft den Cup gewinnen, es gäbe nicht einmal die Möglichkeit, im Konzern diese Einnahmen im operativen Geschäft zu verbuchen. Die Suzuki Motor Corporation erwirtschaftet ihren Gewinn mit dem Verkauf von Fahrzeugen, nicht mit dem Gewinn von Rennen. Das ist der Geschäftsbereich der 'Racing Teams'. Um bei diesem Beispiel zu bleiben: Suzuki-World-Motocross-Teamchef Stefan Everts käme die Einnahme eines «massive cash prize» ganz sicher sehr gelegen, denn er muss im Gegensatz zur Suzuki Motor Corporation das 'operative Geschäft' seiner Firma, dem Werksteam, ganz anders finanzieren: Er wirbt Mittel ein, um einen Fuhrpark zu unterhalten, eine High-Tech-Werkstatt, teure Materialien anzuschaffen, Antrittsprämien und Reisekosten für die WM-Läufe zu zahlen, Löhne und Gagen für Mitarbeiter und natürlich auch die Fahrer auszuzahlen. Ein schwieriges und defizitäres Business, das ohne Zuwendungen von Sponsoren und des Mutterkonzerns völlig unmöglich ist.

Die weltweit besten Suzuki Piloten dieses Jahres sind aber nun einmal Ken Roczen, James Stewart und Ben Townley. 3 Fahrer aus 3 unterschiedlichen Teams (RCH, Yoshimura, World Motocross), also 3 von unabhängig voneinander agierenden Teams oder besser gesagt: Unternehmen.

Beim Motocross der Nationen gibt es die nationalen Föderationen der einzelnen Länder, welche die Fäden zusammenhält. Für Werke gibt es nichts Vergleichbares.

Angenommen, die Siegesprämie erhielte der Fahrer oder das Team als juristische Person: Welches wirtschaftliche Interesse hätte Teamchef Stefan Everts, US-Fahrer wie Ken Roczen oder James Stewart zu engagieren? Für Everts wäre ein Team, bestehend aus 'seinen' Fahrern Ben Townley, Kevin Strijbos und Jeremy Seewer allemal interessanter. Natürlich wird offiziell seitens der Mutterkonzerne immer wieder betont, dass die 'Werksteams' freundschaftlich und kooperativ zusammenarbeiten. Aber das Gezerre der Kawasaki-Teams um Villopoto im letzten Jahr hat gezeigt, wie der Hase läuft. Dass in den USA die Suzuki-Teams Yoshimura und RCH nicht erst seit Ken Roczen um das Privileg 'offizielles Werksteam' buhlen, pfeifen die Spatzen vom Dach. Es mag einfach sein, alle Suzuki-Piloten für einen Fototermin nett lächelnd zusammenzutrommeln, aber in der Realität muss trotzdem jedes Team am Ende des Tages um sein eigenes Überleben kämpfen.

Jedes Team hat eine Menge Geld für seine Piloten gezahlt. Welches Interesse hat Yoshimura-Suzuki, dass Suzuki als Marke in Gelsenkirchen den Manufacturers-Cup gewinnt? Das Interesse von Yoshimura besteht darin, in den USA besser als RCH dazustehen - vor allem gegenüber Suzuki. Dazu kommt: Jedes Rennen birgt Verletzungsrisiken. Warum sollte ein US-Team, das ganz andere wirtschaftliche Interessen verfolgt, einen hochbezahlten Fahrer für einen `Manufacturers Cup' freistellen?

FIM ist gefragt: Was wird aus der Herstellerwertung?

Offen ist auch: Kann sich der Sieger des 'Manufacturer Cups' eigentlich 'Markenweltmeister' nennen? Wenn ja, was wird aus der 'Herstellerwertung' der WM? Bislang war ja die WM-Herstellerwertung die Grundlage für das Engagement von Fahrzeugherstellern in der WM. Eine solche 'Marken-WM' müsste in jedem Falle vom Weltverband, der FIM, ausgeschrieben werden. Das ist bisher nicht geschehen.

Es drängt sich der Verdacht auf: Über diese Fragen hat sich bisher noch niemand ernsthafte Gedanken gemacht oder gar eine Machbarkeitsstudie erstellt.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt erscheint die Veranstaltung als planlose Vision.

Aber Youthstream hat immerhin noch 10 Monate Zeit.

Wird das 'Supermotocross' vielleicht doch zum Saisonhöhepunkt?

Würde es Youthstream aber tatsächlich gelingen, die 3 besten Fahrer der Hersteller zu gewinnen, dann wäre die Veranstaltung eine Sensation, die zweifellos jedes Superlativ verdient. Im Saisonausblick für 2016 wurde eine mögliche Mannschaftsaufstellung diskutiert:

KTM: Cairoli/Dungey/Herlings
Yamaha: Febvre/Barcia/Martin
Suzuki: Roczen/Stewart/Townley
Honda: Canard/Paulin/Gajser
Kawasaki: Tomac/Desalle/Cianciarulo
Husqvarna: Anderson/Nagl/Osborne

Es ist aber leider zu befürchten, dass die Teilnahme der US-Stars, die gemeinsam mit den WM-Protagonisten starten, aus oben genannten Gründen wieder nur Wunschdenken ist.

Man wird froh sein, wenn die WM-Teams in ihrer 'regulären' Aufstellung antreten. Dann sähe das Feld möglicherweise so aus (alles unter der Voraussetzung, dass alle Piloten zu Saisonende noch fit sind):

KTM: Cairoli/Simpson/Herlings
Yamaha: Febvre/van Horebeek/Tonkov
Suzuki: Townley/Strijbos/Seewer
Honda: Paulin/Bobryshev/Gajser
Kawasaki: Desalle/Tixier/Ferrandis
Husqvarna: Nagl/Charlier/Anstie

Ungünstiger Termin:

Das Millionen-Rennen des Monster Energy Cups (MEC) in Las Vegas findet nur eine Woche nach dem 'Supermotocross' statt. Dieses Rennen ist für die US-Piloten und Teams ein wichtiger Termin, nicht nur wegen der Siegprämien. Es geht um eine Standortbestimmung in der Winterpause, insbesondere nach möglichen Teamwechseln der Fahrer.

Nur eine Woche Vorbereitung für das Millionenrennen in Las Vegas und dazu noch eine transatlantische Überfahrt mit Zeitumstellungsproblemen. Das wird sich vermutlich kein US-Pilot antun und auch kaum ein Team unterstützen. Doch ist die Veranstaltung dann noch ein echter 'Manufacturers Cup', der die Bezeichnung 'Supermotocross' verdient?

Dann sollte Youthstream die Veranstaltung doch besser gleich als offenes internationales Rennen ausschreiben, um zumindest noch ein paar 'überzähligen' Fahrern wie Glenn Coldenhoff (KTM), Valentin Guillod (Yamaha) oder Brian Hsu (Suzuki) eine Chance zu geben.

Bei den Nations zieht bei den Amerikanern wenigstens noch der patriotische Gedanke, der jeden US-Piloten erfüllt, das eigene Heimatland in der Welt stolz vertreten zu dürfen. Man muss sich nichts vormachen: Verbindungen zwischen Teams und Fahrern sind reine Zweckbündnisse. Hier geht es nicht um die 'Ehre', einen Hersteller vertreten zu dürfen.

Diskutieren Sie mit. Was ist Ihre Meinung zum Thema? Denken Sie, dass es Youthstream tatsächlich gelingen wird, die weltweit besten Fahrer nach Gelsenkirchen zu holen oder wird Schalke eher der Wiederbelebungsversuch einer Totgeburt von vor 15 Jahren? Was erwarten Sie vom 'Supermotocross' im Schalke-Stadion Anfang Oktober?

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