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Sachsenring-GP: Beschimpfungen ersetzen runden Tisch

Von Günther Wiesinger
Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta will den deutschen Grand Prix auf dem Sachsenring behalten. Aber die Fronten sind verhärtet. Investor Matthias Moser kennt offenbar nur die halbe Wahrheit.

Der Investor und Triple-M-Honda-Superbike-WM-Teambesitzer Matthias Moser (54) will bis Ende September für kolportierte 300.000 Euro Mehrheitseigentümer der Sachsenring Rennstrecken Management Gmbh werden, indem er 75 Prozent der Anteile kauft.

Es wäre für alle Beteiligten erfreulich, wenn sich Moser, von dem seit Mai bekannt war, dass er ins Sachsenring-GP-Geschäft einsteigen will, zum Retter des deutschen WM-Laufs machen würde. Er wird seit Monaten als ominöser Investor betrachtet, seine Identität hat er erst jetzt gelüftet. Er hat bereits im Mai ein Meeting mit Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta begehrt, aber die Dorna sah keine Veranlassung, denn deren Vertragspartner ist der ADAC.

Eine gewisse Blauäugigkeit darf man dem Ducati-Frankfurt-Besitzer und leidenschaftlichen Motorradsportfan Moser unterstellen.

Denn bisher existiert weder von der Dorna noch vom ADAC e.V. ein konkreter Hinweis darauf, dass die SRM noch einmal als Partner in Betracht gezogen wird. Seit Mosers Gesprächen mit ADAC-Sportpräsident Hermann Tomczyk ist nämlich in Sachsen viel Porzellan zerschlagen worden.

Ministerpräsident Michael Kretschmer förderte die alte Geschichte mit den Manipulationen und dem Betrug beim Autopreis «Gelben Engel 2014» und andere unappetitliche Details aus der ADAC-Vergangenheit ans Tageslicht.

Erich Homilius, Ex-Bürgermeister von Hohenstein-Ernstthal, erklärte in einem Interview mit der «Freien Presse» vor zwei Wochen, der ADAC sei «so unnötig wie ein Kropf».

SRM-Geschäftsführerin Nadin Pohlers beteuerte, man sei allen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem ADAC nachgekommen. Der ADAC bezichtigte sie daraufhin prompt der Lüge.

Jetzt versicherte Moser im SPEEDWEEK.com-Interview: «Ich hätte den ADAC sehr gerne dabei.»

Dazu müsste aber in Sachsen zuerst einmal für verbale Abrüstung gegenüber dem Inhaber der Austragungsrechte des Motorrad-GP von Deutschland (bis 2021) gesorgt werden, vermute ich.

Die aufgeheizte Stimmung war in Sachsen zu spüren. ADAC-Funktionäre wurden ausgepfiffen, angeblich demonstrierten 800 Fans gegen den ADAC.

Hermann Tomczyk in der BILD am 7. Juli auf Frage, ob eine weitere Zusammenarbeit mit der SRM GmbH denkbar wäre: «Das Angebot liegt, so wie der bisherige Vertrag, auf dem Tisch. Wenn das jemand erfüllen kann – mit oder ohne Hilfe der Staatskanzlei, mit einem neuen Investor, einem neuen Partner, oder in einer neuen Konstellation – dann soll es uns Recht sein. Wir werden uns aber nicht auf die lange Bank schieben lassen, weil mir da ein deutscher Motorrad Grand Prix wichtiger ist.»

«Ministerpräsident Kretschmer scheint ausschließlich hinter der SRM und dem geplanten neuen Konstrukt zu stehen. Ohne Rückendeckung der Staatskanzlei macht es für einen ADAC Sachsen wenig Sinn, wieder GP-Promoter zu werden.
«Wenn die SRM durch den Einstieg von Matthias Moser privatisiert ist, kann der Staat fröhlich fördern und die SRM munter weiter vor sich hin wurschteln», stellte ein Funktionär fest.

Die Fakten:

1.) Die SRM hat ohne Not nach fünf problematischen Jahren nach 2016 einen neuen Vertrag mit dem ADAC unterschrieben, obwohl die Austragungsgebühr in diesem neuen Fünf-Jahres-Deal von 3 auf 4 Millionen Euro angehoben wurde.

2.) Die SRM hat mit dem Grand Prix im Vorjahr 900.000 Defizit erwirtschaftet, weil die Ticketpreise um 30 Prozent angehoben wurden und viele Besucher daheim blieben.

3.) Die SRM hatte nach zwei GP-Jahren 2013 bereits Verbindlichkeiten von 1,2 Millionen angehäuft.

4.) Die SRM stand Ende September 2016 mit mehr als 500.000 Euro in der Kreide.

5.) Für 2017 wurde von der SRM GmbH bisher keine Bilanz vorgelegt. Stichtag wäre der 31. März 2018 gewesen. Ungewöhnlich für eine im öffentlichen Besitz befindliche Gesellschaft.

Der bisherige SRM-Geschäftsführer Wolfgang Streubel hat sich im Herbst 2017 aus dem Staub gemacht und seine 27-jährige Prokuristin Nadin Pohlers zur Nachfolgern berufen.

Moser rühmt jetzt die makellose Arbeit der SRM. Diese Tätigkeit war so vorbildlich, dass der ADAC den Vertrag nach zwei von fünf Jahren gekündigt hat.

Jetzt wird gemutmaßt, der ADAC verdiene mit der Weiterreichung des Dorna-Vertrags ein Körberlgeld.

Gut möglich.

Aber warum hat die SRM einen Fünf-Jahres-Vertrag nach dem andern unterschrieben, wenn sie dem Partner nicht über den Weg traut?

Die SRM-Verantwortlichen kennen den Vertrag zwischen Dorna und ADAC e.V. nicht. Man hat also die Katze im Sack gekauft.

Matthias Moser wäre gut beraten, zusätzliche Informationsquellen anzuzapfen, wenn er mit seiner Investition langfristig Erfolg haben will. Aber vielleicht will er einfach um jeden Preis und medienwirksam GP-Promoter werden.

Moser setzt seine Hoffnung auf die drei kostbaren GP-Lärmtage, die sich seiner Überzeugung nach im Besitz der SRM befinden.

Aber in Wirklichkeit ist der ADAC Sachsen Inhaber der zehn jährlichen Lärmtage. Er hat drei davon nach 2011 für eine bestimmte Zeit an die SRM abgetreten.

Lärmtag bedeutet: An diesem Tag dürfen die üblichen, von der Umweltbehörde vorgeschriebenen Dezibel-Höchstwerte für ein außergewöhnliches Ereignis überschritten werden.

Der ADAC Sachsen verfügt also weiter über sieben Lärmtage pro Jahr, die er für die ADAC GT-Masters, die ADAC Sachsenring Classic oder für den Grand Prix opfern könnte, wenn ihn der ADAC in München wie von 1998 bis 2011 mit der Ausrichtung des Grand Prix betraut. Früher gab er noch zwei für die IDM ab, die jetzt brachliegen. «Der ADAC Sachsen hat vor elf Jahren sogar dem Förderverein Sachsenring Lärmtage für das 80-Jahr-Jubiläum überschrieben», erzählt Erich Homilius, Ex-Bürgermeister von Hohenstein-Ernstthal.

«Der ADAC in München hat den Vertrag mit der SRM gekündigt. Deshalb ist er ist jetzt nicht mehr GP-Promoter und somit ist automatisch auch der Vertrag für die Lärmtage bis 2021 zwischen dem ADAC Sachsen und der SRM hinfällig», versicherte ein Funktionär des AMC Sachsenring. «Die Lärmtage gehen automatisch zurück an den ADAC Sachsen.»

Mangelhafte Informationen

Matthias Moser hat im Mai erwähnt, der ADAC müsse der Dorna bis 25. Mai einen Standort für den Grand Prix 2019 liefern. Das entsprach nicht der Wahrheit. Auch die Frist Ende Juli existiert nicht. Die Dorna hat den Schauplatz für den British Grand Prix 2018 auch erst im Oktober bestimmt, bis dahin waren Silverstone und Donington Park im Gespräch.

Übrigens: Es gibt nicht vier Gemeinden, die die SRM bilden,  Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf und Bernsdorf, dazu der Kreis Zwickau. Lichtenstein hat seine Anteile an HOT verkauft.

Matthias Moser müsste ein Zauberer sein, wenn er ohne Geld vom Freistaat mit dem GP von Deutschland auf dem Sachsenring Gewinn machen möchte.

Denn der 900.000-Euro-Verlust scheint nur deshalb nicht in der Bilanz auf, weil ihn die Sparkasse Chemnitz mit € 400.000.- und das Verkehrssicherheitszentrum (VSZ) mit € 500.000.- geschluckt haben. Die Frage, welche Gegenleistung die SRM dafür erbracht hat, lässt sich schwer beantworten. Angeblich wurden 2018 mehr Werbebanner für die Sparkasse platziert. Aber die Werbebanner mussten ausserhalb des Schwenkbereiches der Live-Kameras platziert werden, also zum Beispiel auf der Rückseite der Tribünen. Sonst hätte das Geld die Dorna bekommen. Sind Banner, die im Fernsehen keiner sieht, wirklich 400.000 Euro wert?

Warum haben die Sparkasse und das VSZ ausgerechnet genau jene 900.000 Euro im Herbst 2017 im Nachhinein an die SRM überwiesen, die zur Verlustabdeckung nötig waren? Welch wundervolle Leistung hat die SRM plötzlich für das VSZ erbracht, die eine halbe Million wert war?

Im normalen Geschäftsleben würde sich die Frage stellen, ob hier nicht der Tatbestand der Veruntreuung erfüllt wurde.

Im September wurde in Sachsen ganz ungeniert von einem Rettungsplan für die SRM gesprochen, bei dem die Sparkasse und das VSZ mit exakt 0,9 Millionen einspringen. Zu den Gesellschaftern des VSZ gehört neben dem ADAC Sachsen auch der Landkreis, dessen Gesellschafteranteil bei 16 Prozent liegt. «Damit sind wir aus dem Schneider», jubelte SRM-Aufsichtsrats-Chef und Landtagsabgeordneter Jan Hippold (CDU) im September. Ruben Zeltner, Geschäftsführer des VSZ: «Ein Zeichen dafür, dass unsere Region zusammensteht.»

Matthias Moser will ein paar Trittbrettfahrer (Ankerberg, Campingplatz) zur Kasse bitten. Gute Idee, nur ist das in den letzten 21 Jahre nie gelungen. Dazu müssten diese Areale zuerst als Veranstaltungsgelände eingegliedert werden.

Natürlich müssen die Privattribünen von Besico, Unger und Hänel für die SRM mit ca. 6000 Sitzplätzen ein Ärgernis. Denn die Betreiber kaufen Stehplatztickets um 80 Euro und schlagen dann bis zu 100 Euro auf. Aber an der Dorna-Gebühr beteiligen sie sich nicht.

So ein groteskes System existiert auf der ganzen Welt bei keiner anderen Motorsportveranstaltung. Kein halbwegs bei Trost befindlicher Promoter würde sich so eine Unverfrorenheit bieten lassen. «Unfassbar», schüttelte Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta den Kopf.

Die Sächsische Staatskanzlei hat der SRM in den Jahren 2013, 2014 und 2015 einen Totalbetrag von 2,033.170 Millionen Euro für die Image-Werbekampagne «So geht sächsisch» zukommen lassen, ehe die Opposition diese Zuwendungen gestoppt hat.

Als der ADAC Sachsen Ende 2011 als GP-Promoter ausstieg, weil die Dorna-Gebühr angeblich von 1,7 Mio US-Dollar auf 3 Millionen Euro stieg, legte der ADAC die damaligen Unkosten offen.

Das sind die geschätzten jährlichen SRM-GP-Kosten:

Dorna-Gebühr: € 4 Millionen
Ausländer-Steuer: ca. € 300.000.–
Stromkosten: ca. € 300.000.–
Videowände: ca. € 100.000.–
Errichtung der Tribünen: ca. € 650.000.–
Beschallung, Wasser, Abwasser, Container, Müll etc. € 250.000 bis 300.000.–
Logistikpartner und Kommunikation: ca. € 200.000.–
Instandsetzung der Strecke, Air-Fences, sportliche Ausrichtung € ca. 250.000.–
GEMA, Beschilderung, Security und Helfer: ca. €150.000.–

Diese fundierte Schätzung fördert Kosten von mindestens 6,25 Millionen Euro zutage. Offenbar entstehen noch erhebliche zusätzliche Kosten, vielleicht auch beim Tribünenbau, sonst wären beim Zuschauermarsch der letzten Jahre dank der Subventionen Gewinne erwirtschaftet worden.

Diesen Kosten stehen geschätzte Ticketeinnahmen von brutto maximal 5 bis 5,5 Millionen inkl. Mwst. gegenüber. Das heißt: netto ca. 5 Millionen.

Die CDU-geführte Sächsische Staatskanzlei hat der SRM 2013 einen Betrag von € 700.480.– zukommen lassen, wie der Linke-Landtagsabgeordnete Falk Neubert herausfand. 2014 wurden € 647.360.– überwiesen, im Jahr 2015 wieder € 685.235.– Das ergibt in drei Jahren einen Totalbetrag von 2,033.170 Millionen Euro.

Diese Beträge stammen aus der Werbekampagne «So geht sächsisch»; diese Werbepartnerschaft mit der SRM GmbH war vorher nicht an die große Glocke gehängt worden.

Sie diene als «Portokasse für kleine und größere Gefälligkeiten, kritisierte die «Linke». Die Staatskanzlei erwiderte, der Grand Prix sei mit einem «sehr umfangreichen Werbepaket für eine der attraktivsten Sportveranstaltungen mit internationaler Strahlkraft in Sachsen» unterstützt worden. Kann man so sehen: Wir sehen ja auch immer wieder Banner mit Aufschriften wie «Visit Malaysia» oder «Visit Andalucia».

Aber der damalige Ministerpräsident Stanislav Tillich knickte wegen der Linken ein und stoppte die Zuschüsse.

Von seinem Nachfolger Michael Kretschmer waren bisher nur schöne Worte zu hören. Er will auch 2019 zum Sachsenring-GP kommen, kündigte er an. Dann muss er den Worten aber schleunigst Taten folgen lassen – und nicht im Ernstfall einknicken wie einst Tillich.

Kein runder Tisch

Für den mächtigen ADAC-Sportpräsidenten Hermann Tomczyk hat sich die SRM in sieben Jahren offenbar als unzuverlässiger Partner erwiesen. Sonst hätte er den Vertrag nicht gekündigt. Man muss davon ausgehen, dass sein bevorzugter Ansprechpartner jetzt der ADAC Sachsen ist und er die SRM nicht als Sieger vom Platz spazieren lässt.

Wie soll eine Einigung der SRM mit dem ADAC in München zustande kommen, wenn sich Moser so abfällig über den ADAC Sachsen äußert? «Das sind irgendwelche Typen vom ADAC Sachsen, die überhaupt keine Ahnung haben», vermutete er den ADAC fälschlicherweise als Whistleblower hinter der Behauptung, am Sonntag hätten nur 57.000 Zuschauer wirklich Eintritt bezahlt.

Dr. Lutz Oeser, Event Manager beim ADAC Sachsen, und Erich Homilius forderten kürzlich einen runden Tisch.

Aber bisher wurde so ein Möbelstück in ganz Sachsen offenbar nicht gefunden.

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