Formel 1: So geht es mit Sergio Perez weiter

Stefan Bradl (Honda): Warum Marc Márquez so stark ist

Von Günther Wiesinger
Marc Márquez in Sepang mit dem kurzen Hinterradbremshebel links am Lenker

Marc Márquez in Sepang mit dem kurzen Hinterradbremshebel links am Lenker

Der deutsche Honda-MotoGP-Testfahrer Stefan Bradl kennt die Ursache, warum Marc Márquez mit der Honda besser zurechtkommt als Crutchlow und Lorenzo. Bradl: «Warum verwenden sie die Hinterradbremse nicht?»

Stefan Bradl wird zwar beim Valencia-GP in erster Linie als Experte für ServusTV im Einsatz sein, trotzdem wird er sich auch regelmäßig in der Repsol-Honda-Box aufhalten und sich dort auf dem Laufenden halten. Bisher geht Bradl davon aus, dass für die Tests in Valencia (19./20. November) und Jerez (25./26. November) als Testfahrer aufgeboten wird. Ob er jeweils den ganzen Tag fahren wird, wird wohl vom vorhandenen 2020-Material abhängen und von der Situation mit Jorge Lorenzo. Bei HRC wird damit gerechnet, dass am kommenden Wochenende eine Entscheidung fallen wird, ob Lorenzo auch 2020 bei Repsol fährt.

Bradl hat die nächstjährige Werks-Honda RC213V in Misano, dann anfangs Oktober und am 4./5. November in Jerez getestet. Fahrer wie Cal Crutchlow bemängelten an der 2019-Honda ein fehlendes Feeling für das Vorderrad. Auch Marc Márquez hat in diesem Jahr schon zwölf Stürze hinnehmen müssen, meistens übers Vorderrad. Bei etlichen Rutschern hat er sich mit beispielhaften Saves gerettet.

Man kann sich ausmalen, dass die Honda-Ingenieure beim neuen Chassis wieder jenes Feeling herstellen wollen, welches das 2018-Bike in dieser Hinsicht ausgezeichnet hat. «Ja, es ist sicher im Interesse von Honda, dass das Motorrad auch für die anderen MotoGP-Fahrer neben Marc Márquez konkurrenzfähig wird», sagt Stefan Bradl. «Dass Marc ein außergewöhnlicher Rennfahrer ist, darüber brauchen wir uns nicht zu unterhalten. Aber er hat in diesem Jahr mehr Rutscher abgefangen als er gestürzt ist. Das ist ein kleiner Hinweis, dass das Bike mehr Gefühl vermittelt und wir in die richtige Richtung entwickeln. Aber die Honda war immer Vorderrad-lastig. Das ist Bestandteil des Konzepts, von dem Chassis, von der ganzen Kombination, von diesem Paket.»

«Honda hat auch in diesem Jahre gravierende Schritte probiert, um das Motorrad umzustellen. Diese Änderungen haben sich auf ein paar Strecken bewährt, aber langfristig ist man bei der Kombination immer wieder auf die Basis zurückgekommen, wenn auch nicht ganz komplett. Bei Honda wurden Anfang des Jahres sehr viele Chassis ausprobiert», schildert Honda-Testfahrer Bradl. «Ich glaube, dass in die richtige Richtung gearbeitet wird. Aber das ist natürlich ein langwieriger Prozess.»

Was ist unter Vorderrad-lastig genau zu verstehen? Bradl: «Bei der Honda muss man tendenziell immer die härteren Vorderreifen verwenden, weil es das Motorrad und auch der Fahrerstil verlangt. Du musst dich an dieses Motorrad anpassen. Vor zwei, drei Jahren war es noch viel schlimmer. Die Honda ist so gebaut, dass man auf der Bremse das Vorderrad im Vergleich zur Ducati stark belastet. Die Ducati-Fahrer können meistens eine weichere Mischung vorne fahren. Bei Honda hat man sich auf diesem Gebiet inzwischen deutlich verbessert. Aber die Tendenz zu härteren Vorderrad-Mischungen ist bei Honda immer noch vorhanden.»

Bradl meint, bei der Honda befinde sich vergleichsweise viel Gewicht auf dem Vorderrad. «Die Balance ist auf eine höhere Belastung des Vorderrads ausgerichtet», sagt der Bayer.

Cal Crutchlow leidet deshalb auch unter dem Problem, dass sich beim heftigem Bremsen das Hinterrad zu stark aufbäumt, dann die Motorbremse ihren Dienst nicht perfekt verrichtet und er beim Reinfahren in die Kurven (Turning) dauernd kostbare Zeit verliert.
«Das ist eine Möglichkeit», räumt Stefan Bradl ein. «Aber ich verstehe auch nicht, warum ein Lorenzo und ein Crutchlow beim Zufahren auf eine Rechtskurve die Hinterradbremse nicht benutzen. Das ist ja die moderne Fahrweise mit dem Rausstrecken des kurveninneren Beins. Das trägt zur Stabilisierung bei, das ist auch klar. Ich mache es selber auch, aber nur vor Linkskurven – genau wie Marc Márquez. Er macht es auch nur beim Anbremsen von Linkskurven. Wenn er eine Rechtskurve anbremst, dann steht er mit dem rechten Fuß richtig auf der Hinterradbremse. Das ist bei Crutchlow und Lorenzo nicht der Fall.»

Marc Márquez probierte jedoch am Freitag in Sepang einen neuen metallfarbigen Hinterradbremshebel links am Lenker aus, der innerhalb des längeren schwarz lackierten Kupplungshebels zu sehen war und an einen Scooter-Bremshebel erinnerte. Márquez will mit dem Handbremshebel für den rechten Fuß mehr Bodenfreiheit in Rechtskurven erreichen. Aber er bezeichnete diese neue Version als «noch nicht ideal».

«Ich habe so einen Handbremshebel 2013 in Valencia schon beim letzten Test des Jahres bei LCR-Honda ausprobiert», erinnert sich Bradl. «Damals hat es nicht so gut funktioniert. Der Marc hat es jetzt in Malaysia für Samstag auch wieder abbauen lassen, weil er damit nicht zurechtgekommen ist. Man braucht einen ganzen Winter, wenn man mit diesem Konzept konstant weiterarbeiten will. Denn so ein Handbremshebel bedeutet für den Fahrer nach so vielen Jahren schon eine gravierende Umstellung. Wir bauen deshalb ja auch bei den Rennrädern und Mountainbikes den Vorderradbremshebel immer sofort von links nach rechts. Es dauert einige Zeit, bis man diesen Handbremshebel optimal nutzen kann, damit er auch einen Mehrwert hat. Denn aktuell ist der Chef auf der Rennstrecke nach wie vor Márquez, wenn es um die Nutzung der Hinterradbremse geht. Das Bremsen mit dem rechten Fuß hat sich bei ihm verinnerlicht.»

MotoGP-WM-Stand nach 18 von 19 Rennen:

1. Marc Márquez 395 (Weltmeister). 2. Dovizioso 256. 3. Viñales 201. 4. Rins 194. 5. Petrucci 176. 6. Quartararo 172. 7. Rossi 166. 8. Miller 149. 9. Crutchlow 133. 10. Morbidelli 115. 11. Pol Espargaró 94. 12. Mir 83. 13. Nakagami 74. 14. Aleix Espargaró 56. 15. Bagnaia 54. 16. Iannone 43. 17. Oliveira 33. 18. Zarco 30. 19. Lorenzo 25. 20. Rabat 18. 21. Bradl 16. 22. Pirro 9. 23. Syahrin 8. 24. Guintoli 7. 25. Abraham 7. 26. Kallio 3.

Konstrukteurs-WM nach 18 von 19 Rennen

1. Honda 401. 2. Ducati 302. 3. Yamaha 301. 4. Suzuki 223. 5. KTM 105. 6. Aprilia 81.

Team-WM nach 18 von 19 Rennen

1. Ducati Team 432. 2. Repsol Honda Team 430. 3. Monster Energy Yamaha 367. 4. Petronas Yamaha SRT 287. 5. Team Suzuki Ecstar 281. 6. LCR Honda 210. 7. Pramac Racing 203. 8. Red Bull KTM Factory Racing 124. 9. Aprilia Racing Team Gresini 99. 10. Red Bull KTM Tech3 41. 11. Reale Avintia Racing 25.

Diesen Artikel teilen auf...

Mehr über...

Siehe auch

Kommentare

Dr. Helmut Marko: «Wir wissen, was zu tun ist»

Von Dr. Helmut Marko
Red Bull-Motorsportberater Dr. Helmut Marko blickt in seiner SPEEDWEEK.com-Kolumne auf die Saison zurück und erklärt, wie sich Max Verstappen weiter verbessern konnte. Und er sagt, warum wir uns auf 2025 freuen dürfen.
» weiterlesen
 

TV-Programm

  • So. 22.12., 18:15, Motorvision TV
    King of the Roads
  • So. 22.12., 19:13, ServusTV
    Servus Sport aktuell
  • So. 22.12., 20:30, SPORT1+
    Motorsport: Michelin Le Mans Cup
  • So. 22.12., 20:55, SPORT1+
    Motorsport: Michelin Le Mans Cup
  • So. 22.12., 21:15, Hamburg 1
    car port
  • So. 22.12., 21:20, SPORT1+
    Motorsport: European Le Mans Series
  • Mo. 23.12., 00:00, Eurosport 2
    Motorsport: 24-Stunden-Rennen von Le Mans
  • Mo. 23.12., 01:30, Hamburg 1
    car port
  • Mo. 23.12., 01:45, Motorvision TV
    Car History
  • Mo. 23.12., 03:55, Motorvision TV
    On Tour
» zum TV-Programm
6.762 20111003 C2212054515 | 7