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Jarvis (Yamaha): Wie es zum internen Umschwung kam

Von Otto Zuber
Lin Jarvis, Managing Director von Yamaha Motor Racing, erklärt, wie der neue Projektleiter Takahiro Sumi das MotoGP-Werksteam um Valentino Rossi und Maverick Viñales aufrüttelte.

Der Österreich-GP 2018 war ein Tiefpunkt in der MotoGP-Geschichte von Yamaha. Damals entschuldigte sich Projektleiter Kouji Tsuya vor der versammelten Presse für die armselige Performance der M1. Denn Valentino Rossi stand am Freitag auf Platz 10 mit einem Rückstand von 2,3 Sekunden, Maverick Viñales lag als 20. sogar 4,1 sec zurück.

Inzwischen ist Tsuya im Yamaha-Werksteam Vergangenheit: Der interne Umschwung bei Yamaha fand schon vor der Saison 2019 statt – unter anderen wurde Takahiro Sumi im Winter zum neuen Projektleiter ernannt.

Yamaha-Rennchef Lin Jarvis betonte nach den zwei Siegen und dem starken Saisonfinale 2019 von Viñales, dass diese interne Umstrukturierung die Voraussetzung für den Aufwärtstrend war: «Ich würde sagen, dass wir dadurch Fehler aus der Vergangenheit korrigiert und einen neuen Weg eingeschlagen haben.»

Ich erinnere mich, dass wir im Herbst 2018 kurz über diese organisatorische Veränderungen gesprochen haben. War der Österreich-GP der Auslöser dafür – oder waren die Veränderungen bereits im Gange?

Lin Jarvis: Weder noch, würde ich sagen. Österreich war der tiefste Punkt, wo wir der brutalen Realität, nämlich wo wir standen, ins Auge gesehen haben. Aber ich glaube nicht, dass Österreich der Auslöser war. Das Gesamtergebnis der Saison war der Auslöser. Das führte dazu, dass wir vor und nach Österreich darüber sprachen, dass wir etwas verändern mussten: Was wir taten, funktionierte nicht. Wir mussten also eine neue Lösung finden.

Schließlich fiel im November 2018 die Entscheidung. Ich glaube, es wurde dann am 1. Dezember umgesetzt – als Takahiro Sumi in der Rolle des Projektleiters Kouji Tsuya ersetzte. Das war der erste Schlüsselfaktor. Dann kam Sumi an Bord und begann, die Methode, die Arbeitsweise und die Herangehensweise zu verändern.

Sprechen wir von Veränderungen in der Struktur oder in der Methode?

Ein bisschen von beidem, würde ich sagen. Es war mehr eine Veränderung der Einstellung und der Herangehensweise. Wir hatten auch ein Problem mit dem, was ich als Insel-Mentalität bezeichnen würde, wo wir diese Gruppen von Leuten hatten, die mit ihrem eigenen Element beschäftigt waren, nicht genug zusammengearbeitet haben und nicht offen genug waren. Vielleicht haben einige sich selbst geschützt, weil wir angegriffen wurden. So haben sie sich verschlossen, anstatt offen zu sein und zusammenzuarbeiten.

Diese neue Managementmethode sah vor, dass wir das Motorrad und unsere Arbeitsabläufe als Ganzes sehen, alles ist wichtig und fügt sich zusammen. Wenn die Elektronik das Problem ist, müssen wir herausfinden, wie das mit dem Chassis zusammenspielt, mit dem Motor und dem ganzen Rest. Es ging also wirklich darum, dass jede Insel verstand, dass sie alle zusammenarbeiten mussten, weil man alle Elemente als ein Paket sehen muss.

Die entscheidende Veränderung war aber die Notwendigkeit einer offenen Kommunikation, Interaktion, in der Firma und außerhalb – weil auch viel Expertise außerhalb stattfindet. Wir haben nur limitierte Ressourcen, was Ingenieure, Budgets und so weiter betrifft. Deshalb müssen wir uns innerhalb der Yamaha Motor Company verändern, aber gleichzeitig zuhören, nach außen gehen und auch die Expertise unsere Leute in Italien oder Deutschland oder wo auch immer in Betracht ziehen. Und das war etwas, was wir zuvor nicht getan hatten. Ich glaube, dass wir uns einfach in diesem dunklen Tunnel befanden und kein Ende in Sicht war – und wir uns daher abgeschottet haben.

Was eine menschliche Reaktion ist…

Es ist eine natürliche Reaktion. Deshalb braucht man einen Neustart. Denn wenn du keinen Reset-Knopf drückst, ist es schwierig, da wieder heraus zu kommen. Man muss etwas verändern: Dann wird diese neue Person oder dieser neue Manager – diese neue Richtung – alle ermutigen und dazu bewegen, sich zu öffnen und mehr zusammenzuarbeiten.

In der Vergangenheit hatten wir keine gemeinsamen Meetings an der Strecke. Wir haben das schon vor einer Weile verändert. Wir haben uns dazu verpflichtet, am Ende jedes Tages ein Debrief mit allen Ingenieuren und Experten beider Seiten der Box abzuhalten, um offen über alle Schwierigkeiten und Probleme zu sprechen, anstatt zu sagen: «Sie haben dieses Problem auf der linken Seite auch – oder wir haben es auf der rechten Seite nicht.»

Wie auch immer, wir haben jetzt diese gemeinsamen Meetings, die manchmal nicht wahnsinnig beliebt sind, weil einige Leute sie ein bisschen als Zeitverschwendung sehen, weil sie glauben, dass sie wissen, was sie tun und zu tun haben. Sie sind aber notwendig, weil das gesamte kollektive Wissen in einem Moment ausgetauscht wird.

Wenn auch 9 von 10 Treffen eine Zeitverschwendung sind, macht dieses eine Meeting den Unterschied aus?

Ja. Ich würde nicht sagen, dass 9 von 10 Zweiverschwendung sind, aber es können lange Meetings daraus werden, die eine einzelne Person als vergeudete Zeit sehen mag, das einem während des Rennwochenendes nichts bringt, aber der Prozess ist wichtig, um Informationen, Ideen und Lösungen zu teilen.

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