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MotoGP: Warum die Events vom Mai bald abgesagt werden

Von Günther Wiesinger
Jerez wird am 3. Mai auf keinen Fall stattfinden können

Jerez wird am 3. Mai auf keinen Fall stattfinden können

Die ersten vier MotoGP-Events 2020 sind schon abgesagt oder verschoben worden. Demnächst geht es Jerez und Le Mans an den Kragen.

Auch wenn viel europäische Länder in den Notstandsmodus geschaltet und uns über Nacht viele Selbstverständlichkeiten verboten wurden, wir haben das Interesse am Motorsport nicht verloren, deshalb sind wir gespannt auf die Entwicklungen, wir wollen wissen, wann wieder so etwas wie Normalität einkehren wird, welche Rennen realistisch plangemäß abgewickelt werden können und über welche Notprogramme die Funktionäre bei Dorna, FIM und IRTA und MSMA nachdenken.

Momentan hält die Dorna am Termin für den Jerez-GP fest, das wäre der 1. bis 3. Mai, zwei Wochen später sollte in Le Mans gefahren werden. Aber in Spanien sind 11.826 Personen (Stand gestern) infiziert, in Frankreich 7730, in Italien 31.506, in Deutschland 9367, der Verseuchungsgrad wird überall weiter ansteigen, an Rennen Anfang oder Mitte Mail ist auf keinen Fall zu denken.

Die Dorna und FIM werden trotzdem bis auf weiteres keine GP-Rennen absagen, denn der Circuito de Jerez ist am Freitag vorläufig nur für 15 Tage gesperrt worden, auch der Le Mans Circuit ist nur für 30 Tage zugemacht worden.

Theoretisch könnte also in Jerez und Le Mans termingerecht gefahren werden. In der Praxis hingegen nicht, weil niemand weiß, wie es dann mir den Reisewarnungen aussieht, ob wieder alle Flugzeuge fliegen, ob es genug Lebensmittel gibt und ob Großveranstaltungen und Massenansammlungen nicht weiter untersagt bleiben.

Klar, die Experten gehen davon aus, dass die Verbreitung des SARS CoV2-Virus bei steigenden Temperaturen abnimmt, allein schon deshalb, weil sich die Menschen dann mehr im Freien aufhalten werden und der Virus dann weniger lang überlebt als in geschlossenen Räumen. Außerdem werden die strengen Maßnahmen überall Wirkung zeigen.

Die Dorna und alle anderen WM-Serien-Promoter sagen vorläufig keine weiteren Events ab, weil sie aus gutem Grund warten, bis die Behörden die Veranstaltung verhindern, wie zum Beispiel in Katar, Thailand, Texas und Argentinien, als die Italiener nicht einreisen durften oder sofort 14 Tage in Quarantäne gesteckt worden wären. Und Texas war zum «local area of disaster» erklärt worden, es wurde also der Notstand ausgerufen, der US-GP in Austin wurde auf November verschoben.

Würde die Dorna einen Grand Prix voreilig absagen, wäre sie mit noch größeren finanziellen Einbußen konfrontiert, weil dann die Einnahmen durch die «GP naming rights» wegfallen, das entspricht 1 Million pro Grand Prix, diesen Betrag bezahlen Firmen wie Motul, GoPro, Red Bull, Pramac, Michelin und so weiter jeweils für die GP-Namensrechte.

Dazu lukriert die Dorna Einnahmen durch die Austragungsgebühren des lokalen Veranstalters. In Europa liegt der Betrag meist bei 4 Millionen Euro, in Übersee und Ländern, in denen mehrere Strecken homologiert sind und Wettbewerb herrscht, sind die Gebühren höher. Auch für den Saisonauftakt und das Finale werden bekömmliche Aufschläge kassiert. Dazu steckt die Dorna die Einnahmen durch den Verkauf der Programmhefte ein, das Geld für die TV-Rechte und die Bandenwerbung rund um die Strecke. Dafür muss die Dorna im Jahr ca. 7 Millionen US-Dollar für die kommerziellen GP-Rechte an die FIM bezahlen und ca. 60 bis 70 Millionen Euro an die Teams.

Die Dorna beschäftigt Hunderte Mitarbeiter, die den Ablauf eines Events gewährleisten, die TV-Übertragungen fabrizieren und gestalten, Interviews führen, die die Werbeschilder rund um die Strecke platzieren und die TV-Kameras entlang der Rundkurse aufbauen, das Media Centre betreuen und die VIP-Villages.

All diese Einnahmen würden bei der Dorna wegbrechen, falls sie ohne triftigen Grund einen Grand Prix absagt, das galt auch bei der F1-Firma Liberty Media in Melbourne, Bahrain und Vietnam.

Deshalb warten die Serien-Promoter ab, bis die Behörden den Grand Prix unmöglich machen. Nur dann können sie zumindest einen Teil der entgangenen Einnahmen einklagen oder einfordern.
Im gegenteiligen Fall einer ungerechtfertigten Absage würden sogar die Zuschauer, Teams, Sponsoren und Rennveranstalter Schadensersatzansprüche an die Dorna stellen.

Bisher sind die meisten Maßnahmen und Beschränkungen der Behörden weltweit bis Ostern oder Ende April befristet.

Nachher muss geklärt werden, ob ausreichend Teammitglieder aus aller Welt nach Europa fliegen können oder ob es weiter Reiseverbote gibt.

Momentan lebt die Welt im Krisenmodus. Nicht absolut dringende Operationen werden verschoben, Babys werden zwei Wochen vor dem Geburtstermin auf die Welt geholt, weil niemand weiß, ob es später noch ausreichende Kapazitäten in den Kliniken gibt. Das ist kein Szenario aus der Dritten Welt, sondern aus Zürich in der Schweiz. 

Im GP-Sport gilt bisher die Devise: «Entweder fahren alle oder keiner.»

Aber inzwischen wird über Notprogramme nachgedacht, mit deutlich weniger Rennen und vielleicht auch mit weniger Teams und weniger Fahrern, denn manchen Rennställen könnte das Geld ausgehen, manche Werke könnten sich zurückziehen wie 2008, manche Fahrer und Techniker könnten in fernen Krisenländern festsitzen.

Die Begebenheiten ändern sich täglich. Spanien ist bei der Anzahl der Covid-19-Erkrankten innerhalb einer Woche auf Platz 4 weltweit vorgestoßen. Pro Million Einwohner sind dort schon 252 Personen angesteckt, in Großbritannien «nur» 29.

In den nächsten Tagen und Wochen werden wir weitere Absagen erleben, für Mai und Juni. Davon ist auszugehen, alles andere ist Illusion.

Nicht nur die MotoGP-WM wird nach dieser Pandemie anders aussehen, sondern auch alle anderen Rennserien und Sportveranstaltungen – und die ganze Welt.

Der aktuelle Motorrad-GP-Kalender 2020

08. März: Doha/Q (ohne MotoGP
03. Mai Jerez/E
17. Mai: Le Mans/F
31. Mai: Mugello/I
07. Juni: Barcelona/E
21. Juni: Sachsenring/D
28. Juni Assen/NL
12. Juli: KymiRing/SF
09. August: Brünn/CZ
16. August: Red Bull Ring/A
30.
August: Silverstone/GB
13. September: Misano/I
27. September: Aragón/E
04. Oktober: Buriram/TH
18. Oktober: Motegi/J
25. Oktober: Phillip Island/AUS
01. November: Sepang/MAL
15. November: Texas/USA
22. November: Las Termas
29. November: Valencia/E

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