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elf 500: Warum Sepp Schlögl einen V4-Motor nachbaut

Von Günther Wiesinger
Die revolutionäre elf-500-Honda sorgte jahrelang wegen ihrer Achsschenkellenkung für Aufsehen. Die V4-Motoren waren nie käuflich. Der Bayer Sepp Schögl baut jetzt einen nach.

Sepp Schlögl gewann als Tuner und Mechaniker mit Dieter Braun 1973 die 250er- WM, dann vier Weltmeistertitel (250 und 350 ccm) mit Toni Mang (auf Kawasaki), ehe er 2005 mit Tom Lüthi die 125-ccm-Welmeisterschaft gewann. Dazwischen sorgte der heute 73-jährige Bayer mit deutschen Assen wie Reinhold Roth, Helmut Bradl und Ralf Waldmann auf Honda und Aprilia für weitere Siege und Vizeweltmeisterschaften.

Seit dem Rücktritt als GP-Mechaniker restauriert Schlögl daheim in Inning am Ammersee unermüdlich Classic Bikes. 2012 bastelte er zum Beispiel noch eine Eigenbau-SMZ 250 zusammen, wie sie Dieter Braun in der WM 1971 und 1972 eingesetzt hat. Manche Motorräder baut Schlögl komplett neu auf. Momentan ist der mit einem sehr schwierigen Projekt beschäftigt. Es geht um das elf-500-Projekt aus Frankreich, mit dem sich zum Beispiel «Rocket Ron» Haslam jahrelang in der Halbliter-WM abmühte.

Das Motorrad fiel durch seine Achsschenkellenkung auf, denn für die Chassis-Entwicklung zeichnete anfangs der französische Automobilkonstrukteur André de Cortanze verantwortlich. 1978 stellte de Cortanze die elf-X der Öffentlichkeit vor, dieses erste Rennmotorrad mit Achsschenkellenkung war noch mit dem Motor der Yamaha TZ 750 ausgerüstet. Durch das geringe Gewicht und den niedrigen Schwerpunkt sowie durch die konstruktive Trennung von Radaufhängung und Federung sollte das Gefährt anderen Langstrecken-Rennmotorrädern überlegen sein, so lautete die Überlegung. Für die ersten Testfahrten wurde der französische GP-Pilot Michel Rougerie engagiert.

1979 wurde Honda auf Konstrukteur de Cortanze aufmerksam. Es begann eine Kooperation der Rennabteilung mit de Cortanze zur Entwicklung einer Langstreckenrennmaschine mit dem Honda-RSC-1000-Motor. So entstand die 125 PS starke elf-e, das «e» stand für «Endurance». Das Bike wurde auch beim 8h-Suzuka-Race eingesetzt, sogar Soichiro Honda nahm darauf Platz.

Im Gegensatz zur Elf-X wurden ab diesem Zeitpunkt alle folgenden elf-Rennmaschinen mit Einarm-Hinterradschwingen hergestellt.

Diese außergewöhnlichen Rennmaschinen hießen 1986 zuerst nur «elf», dann wurden sie 1996 und 1997 als «elf 500» eingesetzt, ehe für 1987 und 1988 die Markenbezeichnung «elf Honda» gewählt wurde. Der französische Mineralölkonzern elf agierte als Geldgeber.

Den großen Durchbruch schaffte dieses extravagante Motorrad nie, obwohl es in der 500-ccm-Marken-WM 1986 und 1988 den vierten Rang erzielte und 1987 sogar Platz 3 erreichte.

Eine aerodynamisch optimierte Version der elf-e wurde 1986 speziell für Rekordfahrten entwickelt. Die elf-R erreichte am 14. September 1986 auf der Teststrecke von Nardò in Süditalien eine Geschwindigkeit von 321 km/h.

Im Jahr 1994 wurde Automobil-Ingenieur de Cortanze durch den neuen Entwicklungschef und Teambesitzer Serge Rosset abgelöst. Als Motor wurde jetzt der 500-ccm-Dreizylinder-Motor aus der Honda-RS-GP-Maschine verwendet, er leistete ca. 137 PS bei 11.400/min.

Haslam steuerte die elf-500 in der Halbliter-WM auf den neunten Gesamtrang. Dazu gewann er das Straßenrennen in Macau. 1987 wurde das Projekt mit dem neuen Honda-500-ccm-V4-Motor bestückt, mit dem Wayne Gardner im Rothmans-Team im gleichen Jahr die 500er-WM gewann. Das Gefährt wurde zuerst als elf-4 und später als elf-5 bezeichnet.

Die traditionellen Chassis-Hersteller glaubten nie an diese komplizierte Achsschenkellenkung. «Die elf-Truppe soll zuerst dreimal aufs Podest fahren, dann kopieren wir alles», lachte Kel Carruthers, Crew-Chief und Manager des Yamaha-500-Werksteams mit Weltmeister Eddie Lawson.

«Nach der Saison 1986 wurde der 500-ccm-Dreizylinder-Motor beiseite geräumt und eine neue Maschine mit dem V4-Triebwerk entwickelt», schilderte Sepp Schlögl. «Die Franzosen aus dem Team von Serge Rosset haben damals im Winter 1986/1987 einen fast unbearbeiteten Motorblock-Guss aus Magnesium gekriegt, damit sie das passende Fahrwerk bauen können. Ich mach‘ da momentan ein interessantes Projekt, muss ich sagen. Erst später haben sie den fertigen Vierzylinder-Motor bekommen, und diesen Gussbrocken bearbeitet ich, damit dieser Motor irgendwann einmal läuft. Das ist eine Riesenherausforderung.»

«In diesem Motor ist überhaupt nichts drin. Aber irgendwann soll er laufen», verriet Schlögl über sein momentan schwierigstes GP-Projekt, das er im Auftrag des Sammlers Dieter Mutschler aus Lindau betreut, dem der passende Motor für sein exklusives Sammelstück fehlt. «Ich habe nur das rohe Gehäuse bekommen. In meiner Werkstatt habe ich zum Beispiel Kolben genau von diesem Baujahr gehabt. Das ist wirklich ein reiner Zufall. Denn von dieser Zeit hat keiner was... Deshalb wird die Fertigstellung noch Jahre dauern.»

Was Schögl entgegenkommt: Er hat sich als Crew-Chief jahrelang mit den Honda NSR-250-Werksmotoren der deutschen 250er-Stars von Roth über Helmut Bradl bis zu Waldmann beschäftigt.

Die Honda NSR 500 mit den V4-Motoren wurden damals nämlich nur an wenige exklusive Kundenteams wie HB-Gallina-Honda 1988 (für Franky Chili) und Cabin-Honda 1989 (Shobert, McElnea) verteilt. Und elf war der einzige Kunde, der nur die 500-ccm-V4-Motoren bekam.

«Diese Achsschenkellenkung hat das elf-Team bis zum Schuss verwendet», erinnert sich Schlögl. «Haslam ist aber oft über das Vorderrad gestürzt.»

«Die V4-Motoren sind sogar alle in Japan revidiert worden», weiß Sepp Schlögl. «Die Teams haben keinen Motor aufmachen dürfen. Sie haben ihn von Honda bekommen und dann zurückgeschickt.»

Sepp Schlögl (73) ist gelernter Kraftfahrzeugmechaniker, hat sich aber zum technischen Universal-Genie entwickelt. «Ich bin Handwerker. Ich habe damals noch drehen und schmieden und alles gelernt.» So baute Schlögl schon 1971 für Dieter Braun die SMZ-250-GP-Maschine – inklusive Motor, Chassis und so weiter. 

«Ich tüftle alles allein aus, ich produziere selber viel. Es fehlen ja auch die Kurbelwelle und die Zylinder und das Getriebe. Das ist alles eine Riesen-Tüftlerei. Dieser Motor kriegt zum Beispiel einen Zylinder-Versatz von 122 Grad. Ich bin draufgekommen, dass dieser V4-Motor alle 90 Grad zündet. Die Kurbelwelle wird deshalb um 22 Grad verdreht. Bohrung und Hub sind mit 54 x 25 mm genau mit den NSR 250-Motoren identisch.»

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