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Massimo Rivola (Aprilia): «Wollen vier Bikes im Feld»

Von Günther Wiesinger
Aprilia-Rennchef Massimo Rivola hat Sorgen. Er muss mit einem unausgereiften neuen Motorrad in die WM starten, Iannone ist gesperrt, die Suche nach einem Kundenteam ist schwierig, die Zukunft ungewiss.

Das Aprilia Gresini Racing Team entstand vor der Saison 2015 durch ein Joint Venture von Teambesitzer Fausto Gresini, der bis dahin in der MotoGP-WM eine Honda-Kundenteam gebildet und Gibernau und mit Melandri zweite Gesamtränge erzielt hatte, und dem Aprilia-Werk. Der italienische Hersteller hatte sich bereits von 2002 bis Ende 2004 mit der «Cube» an der MotoGP-WM beteiligt, mit einem bei Cosworth entwickelten Dreizylinder-990-ccm-Motor und Fahrern wie Laconi, Edwards, Haga, McWilliams und Byrne.

In den ersten fünf Jahren seit der Rückkehr mit dem neuen 1000-V4-Triebwerk auf Basis des Aprilia RSV4-Superbikes blieb Aprilia hinter den Erwartungen. Aleix Espargaró schloss die Saison 2019 als Gesamt-Vierzehnter ab, in den letzten zwei Jahren war Aprilia sogar von Neuling KTM in der Konstrukteurs-WM besiegt worden.

Massimo Rivola agiert seit Januar 2019 als neuer CEO von Aprilia Racing. Er soll den Rennstall, der bisher 54 WM-Titel gewonnen hat, in der Königsklasse an die Spitze bringen und mit Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta die Zusage für zwei eigene Teamplätze ab der Saison 2022 aushandeln.

Massimo, euer Vertrag mit Gresini läuft nach der Saison 2021 aus. Aprilia hat als einziges Werk keine eigenen MotoGP-Plätze. Du warst im Januar in Spanien, um mit Ezpeleta zu verhandeln. Wie sieht die Situation aus?

Es ist noch etwas zu früh, um eine Einschätzung abzugeben.

Gleichzeitig läuft uns allmählich die Zeit davon, wenn wir einen eigenen Werkseinsatz mit einer eigenen Infrastruktur für 2022 vorbereiten wollen. Das braucht Zeit. Wir müssen Trucks aufbauen, Personal verpflichten, eine Hospitality errichten lassen – und vieles mehr.

Aber das ist sicher unser Ziel.

Aprilia Racing muss zeigen, dass wir als Team und als Unternehmen im Hinblick auf unsere Performance wachsen.

Wir werden irgendwann jemanden finden, der dazu ein Kundenteam für Aprilia betreibt.

Wenn wir vier Motorräder und vier Fahrer auf der Strecke haben, trägt das zur Leistungssteigerung bei. Du kannst dadurch die Standfestigkeit der Motoren verbessern, du bekommst mehr Daten für die Ingenieure in Noale.

Deshalb ist es ganz klar weiterhin unser Ziel, erstens zwei eigene Plätze für das Werksteam zu bekommen und dazu ein Kundenteam zu verpflichten.

Aber die Auswahl bei den Kundenteams ist nicht riesig. Die meisten MotoGP-Rennställe sind fix an einen Hersteller gebunden – von Pramac über LCR bis zu Tech3 und Petronas. Neben Gresini bliebe nur Avintia übrig, das bis nach 2021 mit Ducati verbündet ist.

Wir wären auf jeden Fall glücklich, wenn wir weiter mit Gresini zusammenarbeiten könnten, denn wir haben ein langjährigen Verhältnis mit ihm. Aber wir müssen Gresini beweisen, dass wir ausreichend konkurrenzfähig sind. Damit wir die Wahl von Gresini auf uns fällt.

Denn auch Suzuki plant endlich die Bildung eines Kundenteams und hat ein Auge auf Gresini geworden.

Ja, das würde Sinn machen. Gresini hat mehr als 20 Jahre Erfahrung in der «premier class». Er hat sich in der MotoGP-WM über viele Jahre hinweg einen Namen gemacht. Zumindest auf dem Papier wäre das eine fähigere Lösung als Avintia.

Gleichzeitig könnten wir bei Avintia vielleicht mehr eigenes Aprilia-Technik-Personal unterbringen.

Wir befinden uns wegen Corona in einer kritischen und schwierigen Phase. Deshalb lässt sich die Frage nach dem Kundenteam vorläufig nicht einschätzen.

Es ist uns aber bewusst, dass wir nicht schlafen können. Wir müssen uns vorwärts bewegen.

Carmelo Ezpeleta will die Anzahl der Motorräder nicht unbedingt von 22 auf 24 erhöhen. Vielleicht wird er dir deshalb ein Bündnis mit Avintia ans Herz legen. Teambesitzer Raúl Romero sehnt sich schon lange nach einer engen Zusammenarbeit mit einem Werk.

Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, ob 24 Bikes möglich sind, wenn ich ehrlich bin.

Unser Ziel ist auf jeden Fall, in der Saison 2022 vier Motorräder im Feld zu haben.

Aprilia Racing müsste dann bei der Dorna einen verbindlichen Fünf-Jahres-Vertrag unterschreiben. Carmelo Ezpeleta hat nicht vergessen, dass Aprilia Ende 2004 frühzeitig ausstieg und dann die fällige Vertragsstrafe schuldig blieb.

Ja, es geht dann um einen Fünf-Jahres-Vertrag.

Piaggio-Group-Chef Roberto Colaninno will als Aprilia-Eigentümer endlich bessere Resultate sehen. Du stehst mit deinem Team 2020 unter starkem Erfolgsdruck. Aber die Saison beginnt verspätet, und der neue Motor hat noch wenig Testkilometer hinter sich.

Ja, aber auch ich persönlich möchte gute Resultate sehen.
Es ist wahr, dass wir im Vergleich mit unseren Wettbewerbern der einzige Hersteller sind, der ein komplett neues Motorrad mit einem völlig neuen Motor gebaut hat. Die Covid-19-Krise benachteiligt uns wahrscheinlich ein bisschen mehr also die andern, denn wir hätten im Frühjahr dringend Testkilometer gebraucht.

Jetzt wurden die Lockerungsmaßnahmen beschlossen. Wir können wieder unserer Arbeit nachgehen. Wir müssen jetzt alle Anstrengungen unternehmen, um das Bike so schnell wie möglich zu verlässig und standfest zu machen. Damit wir regelmäßig die Zielflagge sehen und um gute Positionen kämpfen können.

Du bist sicher froh und erleichtert, dass die «concession teams» KTM und Aprilia jetzt die Motoren bis 29. Juni entwickeln können, währen der Siegerteams ihre Spezifikation im März homologieren mussten.

Ja, das bedeutet gute News für uns. Gleichzeitig ist das das absolute Minimum. Denn bei Aprilia sind das Werk und die Rennabteilung erst Ende Mai wieder eröffnet worden.
Wir haben also nur einen Monat, um den Motor zu entwickeln, der zu Weihnachten zum ersten Mal gestartet werden konnte. Du kannst dir vorstellen, dass unser Motorrad nicht ausgereift ist.

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