MotoGP: Große Veränderungen bei KTM

Pit Beirer (KTM): «Rennspeed ist unser Lichtblick»

Von Günther Wiesinger
KTM brachte den besten Fahrer im Qualifying von Losail auf dem 15. Platz. Motorsport-Direktor Pit Beirer (48) analysiert im Interview mit SPEEDWEEK.com die Situation.

Die vier MotoGP-Werksfahrer von KTM Factory Racing kamen am Samstag auf dem Losail International Circuit im Qualifying 1 über die Ränge 15, 19, 20 und 21 nicht hinaus. Pit Beirer, Motorsport-Direktor bei KTM, spricht Klartext: «Diese Quali-Ergebnisse kann man nicht schönreden.»

Pit, bei den Tests landete die beste KTM auf Platz 16, am Freitag in den ersten zwei freien Trainings ebenfalls. Deshalb musste man mit so einem Quali-Ergebnis rechnen?

Ja, bei der Top-3-Pressekonferenz nach dem Qualifying waren wir nicht dabei… Wir waren knapp dahinter. (Er schmunzelt.)

Rossi hat sich im Q2 zweimal hinter die Ducati seines Schützlings Pecco Bagnaia geklemmt. Im Q1 wären auch drei Ducati gewesen – von Bastianini, Martin und Marini. Da hätten sich die KTM-Piloten einklinken können.

Da hätten wir aber ein starkes Abschleppseil gebraucht.

Die KTM-Fahrer haben immer noch Mühe, über eine schnelle Runde mit der Konkurrenz mitzuhalten.

Ja, bei den Tests vor zwei Wochen hat sich schon abgezeichnet, dass das ein schwieriges Wochenende für uns wird. Wir arbeiten uns jetzt mühsam ran. Durch kleine Veränderungen haben wir die Rückstände etwas verringert, und unsere Rennpace sieht jetzt so aus, dass sich zumindest Miguel Oliveira wieder richtig wohlfühlt.

Unser Lichtblick war definitiv unser Rennspeed im FP4. Da hat sich Miguel mit Platz 4 sehr stark präsentiert. Aber diese einzelne schnelle Runde fällt uns offensichtlich schwer. Da müssen wir daran arbeiten, denn natürlich brauchst du eine gute Startposition, wenn du vorne mitfahren willst.

Neue Reifen optimal zu nutzen und damit noch einmal eine Sekunde runterzuschrauben, das gibt unser Gerät momentan nicht her.

Unser Motorrad schaut draußen auf der Strecke sauber und ruhig aus, es fährt teilweise wie auf Schienen. Aber es fehlt die Rundenzeit. Und natürlich musst du hier in der MotoGP keinen Schönheitspreis gewinnen, sondern du musst schnell sein. Und das sind wir nicht in dem Ausmaß, wie wir uns das vorstellen. Das brauchen wir gar nicht schönzureden.

Brad Binder war am Donnerstag überzeugt, die KTM-Techniker hätten Ideen, es seien Lösungen gefunden worden. Aber an den Positionen hat sich nichts verändert.

Dass wir über die einzelne Runde hier beim Saisonstart nicht extrem gut aussehen werden, war uns nach den Tests klar. Wir haben bei Miguel aber am Samstag ganz klar gesehen, dass wir bei ihm eine konkurrenzfähige Rennabstimmung zusammen bringen. Darauf haben wir uns fokussiert.

Aber natürlich nervt es die Fahrer, wenn sie so weit hinten stehen. Sie wollen ja nicht nur fürs Rennen arbeiten. Sie wollen auch in den freien Trainings ihren Namen vorne auf der Liste sehen. Dafür haben wir mit Sicherheit nicht die nötige Abstimmung gefunden. Punkt. Aus. Amen.

Wir müssen ruhig bleiben und trotzdem ein gutes Rennen fahren.

Brad Binder war beim Test als Rookie vor einem Jahr auf Platz 9. Solche Lichtblicke waren 2021 bisher selten zu sehen. Woran liegt das? Am Chassis, an der Suspension, an der Harmonie mit den Reifen, an der Aerodynamik?

Es fehlt in allen Bereichen ein bisschen. Es ist unglaublich, wie dynamisch sich die MotoGP-WM präsentiert. Die «circuit best lap» ist gerade um sieben Zehntel pulverisiert worden. Es ist gewaltig, wie jeder Hersteller wieder Rundenzeit gefunden hat. Noch dazu in einer Phase, in der die Motorradentwicklung technisch eingefroren ist.
Jeder Hersteller hat Schritte nach vorne gemacht, und wir haben den Schritt zumindest mal für Katar nicht mitmachen können.

Aber wir haben noch kein Rennen bestritten und werden uns am Sonntag definitiv verbessern.

Wir müssen schauen, dass wir vernünftig über den Sonntag drüber kommen und ein vernünftiges Rennen abliefern. Das ist trotzdem drin.

Sind bei den Testfahrten in Doha Fehler passiert? Es war zu hören, die Fahrer hätten die Zeitenjagd oft im falschen Moment gemacht. Aber alle vier Fahrer an vier Tagen? Neuling Petrucci musste eine neue Airbox testen, obwohl ihm mehr als 1,5 sec auf die Bestzeit fehlte. Ist das nicht Aufgabe von Pedrosa, der fünf Tage Zeit dazu hatte?

Wir müssen die neuen Teile irgendwann testen. Wenn alle Wintertests gestrichen werden, müssen wir auch mit den Stammfahrern testen. Da waren wir nicht die Einzigen. Klar, wir hätten lieber einen erfolgreichen Test abgeliefert. Natürlich hatten wir viele Teile zu testen. Aber am Ende des Tages zählt nur die Rundenzeit. Und da sind wir jetzt noch ein Stück weit weg.

Wir haben bei den Tests das ganze geplante Programm abgespult. Aber es ist ein unangenehmer Rückstand da, den wir wieder wegarbeiten müssen.

Wir sind schon öfter mit dem Rücken an der Wand in der Ecke gestanden und haben uns wieder befreit. Das werden wir diesmal auch wieder machen.

Wenn ich die Situation kritisch betrachte, stehen Petrucci und Lecuona dort, wo Pol Espargaró und Smith 2017 beim MoptoGP-Debüt in Doha gestanden sind. In der letzten Reihe. Den Weg dorthin kennst du noch?

Ja, das sind Fakten. Aber am Sonntagabend werden wir besser dastehen.

Gleichzeitig können wir die Startplätze 20 und 21 von Danilo und Iker nicht schönreden. Das sind Plätze, auf denen wir uns nicht wohlfühlen. Wir waren schon besser. Bis jetzt ist nicht alles so perfekt, wie es ein soll.

Ist die KTM-Schwäche ein spezifisches Losail-Problem? Oder ist zu fürchten, dass es in Portimão und Jerez so weitergeht, weil die Gegner einen größeren Schritt gemacht haben als KTM?

Es wär zu einfach zu sagen, das liegt jetzt nur an Katar.

Katar ist Teil der Weltmeisterschaft. Wenn du vorne mitfahren willst, musst du überall konkurrenzfähig sein. Das ist uns hier an den ersten zwei Tagen nicht gelungen. Jetzt kommt morgen ein Rennen. Nächsten Sonntag folgt noch ein Rennen. Wir stehen noch sehr früh in der Saison.

Wir dürfen jetzt nicht panisch werden. Wir versuchen, den Fahrern dort zu helfen, wo sie am meisten leiden, das ist jetzt die Aufgabe des Teams. Wir haben ein starkes Team und werden alles daran setzen, die Fahrer glücklich zu machen.

Am Sonntag soll in Doha der Wind mit 45 bis 65 km/h blasen.

Ja, wir müssen schauen, ob unter solchen Umständen überhaupt ein Rennen gefahren wird.

Die Dorna hat am Freitag angekündigt, eine Verschiebung der Rennen auf Montag sei nicht vorstellbar.

Ja, aber am Samstag habe ich da schon etwas anderes gehört. Natürlich würden wir gern am Sonntag das Rennen fahren. Aber wenn es so stürmisch ist wie am letzten Testtag, ist es einfach unmöglich.

Bisher gehen wir davon aus, dass der Grand Prix am Sonntag stattfindet und dass wir uns im Rennen verbessern.

Katar-GP, Q2 MotoGP, 27. März:

1. Bagnaia, Ducati, 1:52,772 min
2. Quartararo, Yamaha, 1:53,038 min, + 0,266 sec
3. Viñales, Yamaha, 1:53,088, + 0,316
4. Rossi, Yamaha, 1:53,114, + 0,342
5. Miller, Ducati, 1:53,215, + 0,443
6. Zarco, Ducati, 1:53,286, + 0,514
7. Morbidelli, Yamaha, 1:53,313, + 0,541
8. Aleix Espargaró, Aprilia, 1:53,315, + 0,543
9. Rins, Suzuki, 1:53,490, + 0,718
10. Mir, Suzuki, 1:53,682, + 0,910
11. Nakagami, Honda, 1:53,721, + 0,949
12. Pol Espargaró, Honda, 1:53,930, + 1,158

Die weitere Startaufstellung:
13. Bastianini, Ducati, 1:53,733 min
14. Martin, Ducati, 1:53,840
15. Oliveira, KTM, 1:53,915
16. Alex Márquez, Honda, 1:53,958
17. Bradl, Honda, 1:53,995
18. Marini, Ducati, 1:54,122
19. Binder, KTM, 1:54,240
20. Petrucci, KTM, 1:54,443
21. Lecuona, KTM, 1:54,627
22. Savadori, Aprilia, 1:55,183

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