Formel 1: Günther Steiner rechnet ab

Supertalent Pedro Acosta: 0,5 Mio € Ablöse von VR46?

Von Günther Wiesinger
Überflieger wie die KTM-Asse Pedro Acosta (17), Rául Fernandez (20) und Miguel Oliveira (26) sind dünn gesät. Will Rossis VR46-Team Moto3-WM-Leader Acosta für die unsittliche Summe von € 500.000.- freikaufen?

Demnächst werden das neue ARAMCO Sky VR46-MotoGP-Team und Gresini Racing für 2022 die geplante Zusammenarbeit mit Ducati veröffentlichen, die von SPEEDWEEK.com am 27. Mai exklusiv gemeldet wurde. Bis dahin herrschte die Meinung vor, Rossi werde sich mit Yamaha oder Suzuki verbünden, Gresini mit Aprilia. Diese Kooperation gilt als grandioser Schachzug von Ducati, weil das Werk nächstes Jahr wie 2017 und 2018 nicht weniger als acht von 24 Bikes auf der Piste liefern wird.

Damit sind alle Fragen hinsichtlich der Materialverteilung nach 2021 geklärt. Denn vorübergehend hatte sich KTM überlegt, ein drittes Team zu übernehmen; Suzuki wollte erstmals seit der Gründung der MotoGP-Viertakt-WM 2022 ein Satellitenteam bilden, und Aprilia rechnete mit dem Deal mit Gresini, nachdem das neue Aprilia Factory Racing Team aus Noale nach 2021 für fünf Jahre auf eigenen Beinen mit zwei eigenen Plätzen stehen wird. In den sieben Jahren seit der Aprilia-Rückkehr 2015 bediente sich Aprilia durch ein Joint-Venture der beiden Teamplätze von Gresini.

Unterdessen sind noch ein paar Fahrerplätze für 2022 vakant. Als einziges Werksteam hat Aprilia noch einen Platz anzubieten. Die Italiener tun alles, um Andrea Dovizioso nach zwei Tests einen Vertrag schmackhaft zu machen. Auch Morbidelli soll eine Anfrage von Aprilia haben; er ist jedoch fix mit Yamaha liiert.

Gresini Racing wird aller Voraussicht nach mit Fabio Di Giannantonio und Moto2-Weltmeister Enea Bastianini antreten.

KTM-Tech3 hat Remy Gardner neu verpflichtet, Petrucci hat gute Aussichten auf den zweiten Platz für 2022. Lecuona muss sich deutlich steigern, wenn er einen neuen Vertrag will.

Petronas-Yamaha SRT hat Franco Morbidelli für 2022 fix unter Vertrag, er wird dann auf jeden Fall eine Werks-Yamaha des Jahrgangs 2021 bekommen – mit dem Technik-Stand vom WM-Finale 2021.

Nach aktuellem Stand wird sich Rossi nach dieser Saison als Fahrer zurückziehen. Er hat seit Misano im September kein Top-Ten-Ergebnis errungen und seit der Dutch-TT in Assen 2017 keinen Sieg gefeiert.

Sollte Rossi wirklich im jugendlichen Alter von 42 Jahren aufhören, steckt Petronas-Yamaha in der Bredouille, denn es sind auf dem freien Markt keinen vielversprechenden jungen Top-Fahrer verfügbar, die für das Monster-Werksteam aufgebaut werden können.

Deshalb wird Petronas nachgesagt, in fremden Gewässern fischen zu wollen. Die Malaysier haben ein Auge auf den 20-jährigen Moto2-WM-Zweiten Raúl Fernández geworfen, der als Rookie im Red Bull Ajo-KTM-Team schon zwei Moto2-WM-Läufe gewonnen hat.

Fernández hat aber zuletzt beim TV-Sender DAZN klargestellt, dass er noch ein Jahr in der Moto2 fahren und beim Ajo-Team nicht weggehen will. Außerdem hat KTM ohnedies ein Vorkaufsrecht auf den Ausnahmekönner.

Auch die überragende Performance des erst 17-jährigen KTM-Moto3-Talents Pedro Acosta weckt bei der Konkurrenz Begehrlichkeiten. Er ist als Rookie WM-Leader mit 39 Punkten Vorsprung auf Sergio Garcia, nach drei Siegen, einem zweiten Platz sowie drei weiteren Top-8-Ergebnissen in sieben Rennen und bisher noch ohne Nullnummer. Valentino Rossi möchte den Spanier als ersten Nicht-Italiener für seine VR46 Riders Academy verpflichten und ihn 2022 in seinem Sky VR46-Moto2-Team neben Vietti für die MotoGP aufbauen.

Aber auch Acosta, der schon beim Gesamtsieg im Rookies-Cup und in der Junioren-WM auf KTM fuhr, hat einen wasserdichten KTM-Vertrag. Und als Red Bull-Athlet ist ihm ein direkter Wechsel zu Konkurrent Monster vertraglich untersagt.

Doch die Rossi-Mannschaft meint es ernst. Unbestätigten Meldungen zufolge ist von der VR46-Truppe bereits eine Ablöse in der unsittlichen Höhe von 500.000 Euro für das Supertalent angeboten worden, das längst mit Marc Márquez verglichen wird.

Warum Oliveira nach 2022 bei KTM bleibt

Sogar der dreifache MotoGP-Sieger Miguel Oliveira wird in manchen Medien mit Konkurrenzteams in Verbindung gebracht. Aber auch der Portugiese ist ein KTM-Urgestein. Er hatte schon 2012 einen Vorvertrag mit Aki Ajo und KTM für die neue Moto3-WM. Er entschied sich aber in letzter Minute für das Honda-Estrella-Galicia-Projekt von Emilio Alzamora, ehe er 2013 und 2014 die Werks-Mahindra fuhr und dann 2015 erstmals mit einer KTM im Red Bull KTM-AjoTeam an der Moto3-WM teilnahm. Er wurde auf Anhieb Vizeweltmeister; 2018 landete Oliveira in der Moto2-WM wieder mit dem Red Bull KTM Ajo-Team auf Rang 2.

Zwischendurch verirrte sich Oliveira 2016 ins Leopard-Kiefer-Moto2-WM. «Das war meine schlimmste GP-Saison», erklärte er nach dem katastrophalen 21. WM-Rang. «Ich werde Pit Beirer von KTM nie vergessen, dass er im Sommer 2016 meine Bitte um eine Rückkehr erhört und mit einen neuen KTM-Moto2-Vertrag gegeben hat», sagte Oliveira damals zu SPEEDWEEK.com.

Es gibt als triftige Gründe für den aktuellen WM-Siebten, seine steile Karriere weiter mit KTM und Red Bull zu planen.

KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer und der KTM-Vorstandsvorsitzende Stefan Pierer zweifeln nicht daran, dass Oliveira auch für 2023 und 2024 bei KTM fahren wird. Brad Binder hat seinen Vertrag schon verlängert.

Oliveira bleibt gelassen. Es stört ihn nicht im Geringsten, dass Teamkollege Binders Vertrag schon bis Ende 2024 verlängert wurde, seiner nicht. «Für mich ist das total okay, ich habe kein Problem damit. Ich mache einfach meinen Job, und KTM ist zufrieden mit meiner Leistung. Ich brauche keinen 3-Jahres-Vertrag, um zu wissen, dass mich die Verantwortlichen mögen und meine Arbeit schätzen», sagt er.

Die Wertschätzung des Portugiesen klang gestern auch im Stefan Pierer-Interview auf SPEEDWEEK.com klar durch. «Miguel Oliveira ist natürlich ein blitzgescheiter Bursche. Für 2022 läuft sein Vertrag eh noch. Und ich geh’ davon aus, dass sich danach nichts ändern wird. Er ist wirklich eine Freude.»

Pierer weiter: «Ich versuche mit Fahrern zu arbeiten, die möglichst lange bei uns sind und unsere Marke repräsentieren. KTM ist wie eine Familie. Mit Fahrern wie Oliveira und Binder, die seit einem Jahrzehnt für uns fahren, haben wir inzwischen ein ganz besonderes Verhältnis.»

Aber trotz der fast familiären Bindung muss auch die Gage stimmen. Und da werden sich Red Bull und KTM nicht lumpen lassen.
Tatsache ist: KTM hat eine fixe Option auf Oliveira für 2023 und 2024, also ein unumstößliches Vorkaufsrecht.

Er könnte dann zum bestbezahlten Arbeitnehmer der KTM-Firmengeschichte werden.

So sehen die MotoGP-Teams 2022 aus

Repsol-Honda
Marc Márquez, Pol Espargaró

Ducati Lenovo Team
Jack Miller, Pecco Bagnaia

Monster Energy Yamaha
Maverick Viñales, Fabio Quartararo

Suzuki Ecstar
Alex Rins, Joan Mir

Red Bull KTM Factory Racing
Brad Binder, Miguel Oliveira

Aprilia Factory Racing Team
Aleix Espargaró, Andrea Dovizioso? Enea Bastianini?

Pramac Racing
Jorge Martin, Johann Zarco

ARAMCO Sky VR46 Racing
Luca Marini, Marco Bezzecchi?

Petronas Yamaha SRT
Valentino Rossi? Franco Morbidelli

LCR Honda
Alex Márquez, Takaaki Nakagami

KTM Tech3 Factory Racing
Remy Gardner, Danilo Petrucci? Iker Lecuona?

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