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Rossis VR46-Team: Jetzt sprudelt doch eine Ölquelle

Von Günther Wiesinger
Als Valentino Rossi 2022 sein eigenes MotoGP-Team startete, rechnete er pro Jahr mit $ 18 Mio. von Aramco. Doch der Deal platzte, Mooney sprang ein. Jetzt steigt für 3 Jahre Mineralölgigant Pertamina aus Indonesien ein.

Jetzt haben Teambesitzer Valentino Rossi, Teamdirektor Uccio Salucci und Gianluca Falcioni, CEO der VR46 Agency, also doch noch einen langfristigen Millionendeal mit einem Mineralölgiganten an Land gezogen. In den nächsten drei Jahren (2024 bis 2026) wird das italienischen MotoGP-Team vom staatlichen indonesischen Energiekonzern Pertamina Lubricants als Hauptsponsor unterstützt, der im Jahr 2022 immerhin einen Gewinn von 3,8 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet hat.

Während der Saison 2021 glaubten Rossi & Co. allerdings, einen noch dickeren Fisch an der Angel zu haben. Damals rechneten sie mit einer unendlich sprudelnden Geldquelle durch den saudi-arabischen Mineralölgiganten Aramco, der zuletzt 2022 einen Rekordgewinn von $ 161,1 Milliarden meldete und der allein Dividenden in der Höhe von $ 19,5 Mrd ausschüttete.

Als sich der Deal mit Aramco im Dezember 2021 als Fata Morgana erwies und platzte, brauchte die VR46-Mannschaft dringend einen neuen Hauptsponsor für das Ducati-Duo Luca Marini sowie Rookie Marco Bezzecchi. Da der saudische Prinz vorher die Zahlung von 18 Millionen Euro pro Jahr durch Aramco in Aussicht gestellt hatte, waren damals in Borgo Panigale für Marini sogar zwei neue aktuelle Desmosedici-Werksmaschinen des Jahrgangs 2022 bestellt worden.

Innerhalb von drei Wochen wurde damals mit Mooney ein Ersatz gefunden, der aber nur einen Bruchteil des von Aramco erhofften Budgets bezahlen konnte. Mooney ist ein Anbieter für Proximity Banking & Payments, eigenen Angaben zufolge der größte in Italien. Hinter dem 2020 gegründeten Unternehmen, das eine Reihe von Zahlungsdiensten (für Telefon- und Stromrechnungen, Prepaid-Karten, Überweisungen usw.) anbietet, stehen SisalPay und Banca 5 von der italienischen Bankengruppe Intesa Sanpaolo.

Immerhin fand VR46 mit Bardahl für zwei Jahre noch einen bescheidenen Co-Sponsor aus der Mineralölbranche. Doch schon im vergangenen Sommer stand fest, dass sich Mooney nach zwei Jahren als Hauptsponsor zurückziehen wird. Vorübergehend wurde vermutet, dass sich Co-Sponsor Ebay stärker beteiligen werde. Aber jetzt kam es zur Einigung mit Pertamina Lubricants.

Dieser Deal ist wichtig im Hinblick auf die Jahre 2025 und 2026, denn der VR46-Ducati-Vertrag läuft nach 2024 aus. In Doha war zu hören, Yamaha-Botschafter Rossi sei sich bereits mit Yamaha für zwei Jahre einig. Das Tean soll dann mit M1-Bikes antreten.

Immerhin hat «The Doctor» vier seiner neun WM-Titel (2004, 2005, 2008 und 2009) mit Yamaha gewonnen. Er wird also aller Voraussicht nach 2025 das einzige Yamaha-MotoGP-Kundenteam betreiben.

Und im Pertamina VR46-Team wird 2025 voraussichtlich zumindest einen der beiden Fahrer wieder ein aktuelles Werksmotorrad erhalten – wie Luca Marini 2022 bei Ducati.

Der ominöse Prinz

Ein ominöser Prinz aus Saudi-Arabien hatte die VR46-Truppe 2021 monatelang hingehalten. Er versprach dem neuen VR46-Rossi-Ducati-MotoGP-Team im Sommer damals 18 Millionen Dollar pro Saison. Aber der Deal blieb eine Fata Morgana.

Schon am 4. September 2021 berichtete SPEEDWEEK.com unter dem Titel «VR46 Rossi Ducati: Platzt der Aramco-Millionen-Deal?» über die Vermutung, die monatelang angekündigte Aramco-Oil-Sponsorship könne bei Rossis VR46-Ducati-Team ein Märchen aus 1001 Nacht bleiben. Denn die Aussagen der Saudis wirkten in diesem Zusammenhang extrem widersprüchlich und merkwürdig.

Trotzdem: Bereits in der Saison 2021 warben die Sky-VR46-Fahrer in allen GP-Klasse für die Regierung von Saudi-Arabien und das Projekt «Saudi Vision 2030». Es handelte sich um ein strategisches Programm, zukunftsorientiert und hoch technologisch, mit dem die Abhängigkeit der Saudis von der Erdölforderung verringert werden soll.

Dieses Ziel soll durch die durch die Diversifizierung der Wirtschaft und eine vermehrte Entwicklung von Sektoren wie Gesundheit, Bildung, Infrastruktur, Erholung und Tourismus erreicht werden. Damit verbunden sind die Marken «KSA New Cities» und «Maic Technologies», deren Logos 2021 auf den VR46-Bikes von Marini, Bezzecchi und Vietti prangten.

Doch die Mannschaft um Rossi ging dem saudi-arabischen Prinz mit dem eindrucksvollen Namen Abdulaziz bin Abdullah bin Saud bin Abdul Aziz Al Saud mit seiner Holding Tanal Entertainment Sport & Media Partner auf den Leim. Er hatte monatelang eine Unterstützung des MotoGP-Projekts von VR46 durch Aramco angekündigt.

Der Prinz ließ für Ende Juli 2021 eine Pressekonferenz ankündigen, die innerhalb weniger Tage Klarheit über die hochtrabenden MotoGP-Pläne der Saudis schaffen sollte. Tanal Entertainment versicherte damals, die Beteiligung von Aramco mit VR46 sei vereinbart. Aramco behauptete jedoch bald das Gegenteil. Es existiere keine strategische Vereinbarung, wurde im Frühsommer 2021 vom Ölgiganten beteuert.

Dann lud der mehrlichtige Prinz am 19. August 2021 eine Handvoll ausgewählter italienischer Medienvertreter zu einem Online-Zoom-Meeting ein. Am folgenden Mittwoch sollten im Rahmen einer offiziellen Pressekonferenz die MotoGP-Pläne der Regierung von Saudi-Arabien alle Details zum Deal veröffentlicht werden. Aber dieser Termin verstrich ergebnislos.

Im Frühjahr 2021 hat Tanal erstmals verlautbart, die gigantische saudi-arabische Mineralölgesellschaft Aramco, die in der Formel 1 pompös in Erscheinung tritt, werde 2022 beim neuen VR46-Ducati-Team von Rossi als Hauptsponsor mitmachen.

Zu den widersprüchlichen Meldungen um den vermeintlich lukrativen Aramco-Deal wollte sich Prinz Abdulaziz bin Abdullah bin Saud bin Abdul Aziz Al Saud nie äußern. Er versicherte zur Partnerschaft mit VR46 am 19. August: «Der Vertrag ist schon unterzeichnet und in der kommenden Woche werden wir die gesamte Summe zur Verfügung stellen.»

Die Rede war von rund 18 Millionen US-Dollar pro Jahr, die allein in die MotoGP-WM fließen sollten. Das sei aber nur ein Teil eines noch umfassenderen Projekts und einem Gesamtinvestment von rund einer Milliarde Dollar, war bei Tanal zu hören. So ist in Saudi-Arabien unter anderem ein Motorsport-Themenpark mit VR46 geplant, dazu sollen bis 2030 Fabriken für die Herstellung von Autos und Motorrädern gebaut werden. Eine Teamübernahme in der Formel 1 stehe bei «Vision 2030» ebenfalls auf der Wunschliste, wurde kolportiert.

Doch im Dezember stellte sich heraus, es handelte sich um ein arabisches Märchen wie aus 1001 Nacht.

Trotzdem: In der provisorischen «entry list» der Klassen Moto2 und Moto3 für 2022 lautete der Teamname für Rossis Moto2-Mannschaft im September noch «Aramco VR46». Das nährte die Vermutung, der neunfache Weltmeister könne auch bei seinem MotoGP-Projekt wirklich mit den heiss ersehnten Aramco-Millionen rechnen. Aber im November fehlte in den neuen offiziellen Teilnehmerlisten von Aramco jede Spur…

Die Rossi-Truppe musste deshalb den Gürtel für 2022 enger schnallen, denn auch der Pay-TV-Sender Sky (seit 2014 an Bord) zog sich als Geldgeber zurück – wie zwei Jahre zuvor aus dem Profi-Radsport.

Die VR46-Mannschaft hat die eigenen Teams in der Moto3 und Moto2 inzwischen zugesperrt oder ausgelagert. Doch die Infrastruktur blieb teilweise erhalten, sie betreibt jetzt das Yamaha VR46 Master Camp Moto2-Team. Die beiden eigenen Moto2-Plätze wurden nach 2022 samt GP-Sieger Vietti dem Fantic Racing Team überlassen.

Für die MotoGP-WM braucht Rossis Mannschaft ca. 12 bis zu 15 Millionen Euro im Jahr. Rund 6 Millionen steuert bei jedem MotoGP-Privatteam die Dorna für zwei Fahrer bei.

«Wisst ihr, wie viele Prinzen es bei uns gibt?»

Der saudische Topmanager Talal Al-Marri, CEO von Aramco Overseas, kam 2021 auf Einladung von Pramac zur Dutch-TT in Assen. Der clevere Pramac-Teambesitzer Paolo Campinoti hatte wohl einen Hintergedanken dabei, er hätte die saudische Geldquelle auch gerne angezapft.

Al-Marri hat für Aramco den Millionen-Sponsorship-Mega-Deal mit Liberty Media unterzeichnet, der seit 2020 die aufdringliche Formel-1-Bandenwerbung gewährleistet. Auf die Frage, ob auf die Aussagen von Prinz Abdulaziz bin Abdullah bin Saud bin Abdul Aziz Al Saud kein Verlass sei, entgegnete Al Marri im Juni 2021 mit einer Gegenfrage: «Wisst ihr, wie viele Prinzen wir in Saudi-Arabien haben?»

Im Sommer stellte sich heraus, dass Tanal zwar angeblich mit Millionen jongliert, aber keine Firmenwebsite hat. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätten bei VR46 die Alarmglocken läuten müssen. Die Italiener waren einem Schwindler aufgesessen.

Ab Januar wird das Team aus Tavullia den Namen Pertamina Enduro VR46 Racing Team tragen. PT Pertamina Lubricants wird das Team drei Saisons lang unterstützen. Der indonesische Mineralölkonzern wird für die Motorradschmiermittelmarke Pertamina Enduro werben.

Eine strategische Entscheidung und der Beginn neuer Synergien zwischen dem VR46 Racing Team und dem Schmierstoffriesen PT Pertamina Lubricants, die zwei im Motorsport etablierten Namen neuen Schwung verleihen und in punkto Leistung und Technologie eine echte Referenz werden sollen.

Alessio Salucci, Teamdirektor VR46 Racing: «Die Aufnahme von Pertamina Lubricants, das für die nächsten drei Saisons der Titelpartner des VR46 Racing Teams sein wird, markiert in entscheidender Weise einen wichtigen Meilenstein in der die Geschichte unseres Teams. Wir wollen bei der Erreichung unserer Ziele gemeinsam einen weiteren Schritt vorwärts machen.»

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