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Pol Espargaró: «Erst bei KTM seriöser Profi geworden»

Von Günther Wiesinger
Zum Abschied vom erlesenen Feld der MotoGP-Stammfahrer philosophierte der beliebte Pol Espargaró in beispielhafter Offenheit über Vergangenheit und Gegenwart. Die Aero-Auswüchse prangerte er deutlich an.

Pol Espargaró ist mit seiner Frau Carlota und den zwei kleinen Mädchen gleich am Montag nach dem Valencia-GP heim gefahren nach Andorra, wo inzwischen seine langfristige Physiotherapie begonnen hat. Auf die Teilnahme am MotoGP-Dienstag-Test verzichtete der künftige MotoGP-Test- und Ersatzfahrer der Pierer Mobility AG. Denn nach dem schweren Unfall in Portimão beim Saisonstart und den vielen Verletzungen stellte der GASGAS-Tech3-Pilot im Herbst bei den Übersee-Rennen fest: «Einige Nerven in meinem Nacken machen nicht das, was sie tun sollten.»

Pol Espargaró wollte sein Comeback eigentlich in Mugello, auf dem Sachsenring oder in Assen vollführen, musste es aber auf Silverstone (6. August) verschieben, weil ihm MotoGP Medical Director Dr. Angel Charté vorher kein grünes Licht für die Teilnahme gab. Denn die Brüche seiner drei Brustwirbel 3, 6 und 8 (erlitten beim verhängnisvollen Crash im FP2 in Portimão am 24. März) waren nur zu 98 Prozent verheilt. 

Die Diagnose der Ärzte war verheerend: Drei Brustwirbel entzwei, drei Rückenwirbel gebrochen, Fraktur im Unterkiefer, rechtes Ohr lädiert, Fraktur in der rechten Hand, dazu eine Lungenquetschung.

Pol Espargaró wird 2024 bei der Pierer-Gruppe voraussichtlich vier Wildcards bekommen, falls Dani Pedrosa wieder zwei beansprucht wie in der vergangenen Saison (in Jerez und Misano), dazu wird er bei etwaigen Verletzungen Red Bull KTM und GASGAS-Tech3 einspringen.

Der Spanier ist nach dem Moto2-Titelgewinn von 2013 in die «premier class» eingestiegen, er hat jetzt zehn Jahre hinter sich. Doch er ist nicht mit allen Entwicklungen einverstanden, von der die MotoGP-Klasse heimgesucht worden ist.

«Denn am Beginn, als die Winglets erlaubt worden sind, hat niemand damit gerechnet, dass die Aerodynamik eines Tages eine so dominante Rolle spielen wird», hält Pol fest. «Wenn man diese Auswüchse an den Bikes rechtzeitig erkannt hätte, wären wir nie an den Punkt gekommen, an dem wir jetzt stehen. Die Ressourcen und Kosten, die heute in diesem Bereich investiert werden müssen, sind massiv. Und es wird noch schlimmer werden. Die Aero macht die Motorräder schneller, sie sorgt durch die Downforce für eine bessere Beschleunigung, für ein besseres Turning und ein besseres Bremsverhalten. Der Anteil am Erfolg vom Chassis und Motor ist geringer geworden. Für den Wettbewerb wäre es sinnvoller, wenn diese Entwicklung rechtzeitig eingedämmt worden wäre. Aber keiner hat sie in diesem Ausmaß erwartet. Jetzt müssen wir damit leben.»

Sind durch die Aero-Entwicklung auch die körperlichen Ansprüche an die MotoGP-Fahrer wesentlich größer geworden?

«Als ich 2014 in der MotoGP begonnen habe, bin ich bei Yamaha gefahren. Das war das Motorrad, das am wenigsten Kraft verlangt hat», schildert Pol. «Ich kann heute verraten: Damals hat es gereicht, wenn ich zweimal pro Woche ins ‘Gym’ gegangen bin. Ich bin am Abend oft unterwegs gewesen, ich hatte Spaß und habe das Leben genossen. Ich habe eigentlich kein richtiges Training absolviert. Erst 2019 bei KTM bin ich ein seriöser Profi geworden; ich habe diese Aufgabe dort sehr ernst genommen. Ich habe meine Ernährung umgestellt und zu trainieren begonnen wie ein Verrückter. Dadurch ist meine Performance stabiler geworden, meine Karriere und meine Resultate haben sich verbessert.»

«Inzwischen ist das MotoGP-Fahren nicht nur körperlich sehr anstrengend, die Arbeit auf dem Bike ist auch stressreich geworden», hält der 32-jährige Spanier fest. «Du musst beim Fahren so viele Devices betätigen und wieder deaktivieren, du musst so viele Systeme im Auge behalten, selbst wenn du nur eine einzelne Runde drehst. Dadurch steigt der Stress, dazu kommen der gedrängte Zeitplan mit neu zwei Rennen pro Wochenende plus Fahrerparade und der Kalender 2024 mit 22 Events. Der Körper steht dadurch das ganze Wochenende über unter extremer psychischer Anspannung.»

2023 fand kein einziger Grand Prix mit allen 22 Stammfahrern statt, mindestens einer war immer verletzt.

Pol Espargaró ist überzeugt, dass es durch das neue Konzept auch kein Fahrer mehr schaffen wird, mit 42 Jahren noch in der MotoGP mitzumischen – wie Valentino Rossi 2021.

«Es kommen zwar jetzt noch sehr junge Fahrer wie Pedro Acosta mit 19 Jahren in die MotoGP. Aber durch das auf 18 Jahre angehobene Mindestalter für die Moto2 und Moto3 wird das in Zukunft nicht mehr der Fall sein. Die MotoGP-Rookies werden schrittweise später umsteigen», vermutet Pol Espargaró. «Dadurch wird ihre MotoGP-Karriere kürzer ausfallen.»

Pol Espargaró weiß noch nicht, ob er sich nach 2024 noch einmal um einem Stammfahrer-Vertrag bewerben wird. «Wenn ich gesundheitlich okay bin, denke ich vielleicht darüber nach, ob ich mich diesem Wettstreit noch einmal stellen soll. Im Moment geht das nicht, weil ich körperlich nicht in dem Zustand bin, in dem ich sein möchte.»


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