MotoGP: Organisiertes Chaos in Austin

Francesco Bagnaia (3.): Das erste Überholmanöver!

Von Friedemann Kirn
Francesco Bagnaia: Wieder einmal Platz 3

Francesco Bagnaia: Wieder einmal Platz 3

Francesco Bagnaia kam im spektakukären MotoGP-Sprint von Texas zwar abermals nur als Dritter hinter den Marquez-Brüdern ins Ziel. Doch anders als in den Rennen zuvor machte es der entthronte Weltmeister diesmal spannend.

Marc Marquez vor Alex Marquez, Bagnaia Dritter: Allmählich gewöhnen sich die MotoGP-Fans an diese Rangordnung, und rein vom Ergebnis her wartete auch im fünften Rennen der Saison keine Überraschung auf die Zuschauer.

Doch von Langeweile konnte an diesem Samstagnachmittag auf dem «Circuit of the Americas» bei Austin keine Rede sein. Vor allem die erste Runde sorgte für Begeisterung: Der Trainingsschnellste Marc Marquez kam zwar reibungslos von seiner Außenposition in Schwung und schien sich vor dem Feld als Erster in die berüchtigte erste enge Linkskurve nach dem Start einfädeln zu können. Doch da machte sich bereits ein anderer breit: Bagnaia, im Qualifying klar geschlagen, hatte sich mit einem Superstart aus der zweiten Reihe innen nach vorn geschoben und übernahm in dieser ersten Kehre völlig unerwartet die Führung, wenn auch nur für wenige Sekunden.

Ebenso überraschend war, dass er Marquez in der dritten Kurve, einer Links-Rechts-Kombination, ein zweites Mal kurz überrumpeln konnte. Das Ende der ersten Runde wurde dann zum offenen Schlagabtausch von drei Piloten: Erst machte der führende Marc Marquez einen Fehler, der Bagnaia zum dritten Mal kurz die Führung bescherte. Dann allerdings schlugen die Marquez-Brüder im Doppelpack zurück – und stellten die übliche Rangordnung her, in der sie neun Runden später dann auch ins Ziel kommen sollten.

Doch die Begeisterung über diese erste Runde blieb, auch bei den Journalisten, die «Pecco» später beim Interview Respekt für seine Angriffslust zollten. «In der Tat: Mir ist das erste Überholmanöver der Saison gelungen», strahlte der sympathische Italiener mit einer ordentlichen Prise an Galgenhumor. «Doch im Ernst: Ich arbeite hart, und von Rennen zu Rennen kommen wir ein bisschen näher an die Spitze», zog er Bilanz, bevor er den Tag im Detail Revue passieren ließ. «Ich gebe zu, dass ich das Qualifying versemmelt habe. Im ersten Sektor verpasste ich in Kurve vier die Ideallinie und ging weit. Ohne diesen Fehler hätte ich die erste Startreihe sicherstellen können. Doch das Feeling mit dem Bike war besser als in den anderen Sessions», fasste Bagnaia das Trainingsgeschehen zusammen.

«Fürs Rennen gelang uns dann ein weiterer Schritt, das Motorrad war noch angenehmer zu fahren. In den ersten drei Runden fehlte mir die nötige Pace. Dann fand ich zu meinem Rhythmus und konkurrenzfähig. Ich denke, wir können mit den Fortschritten zufrieden sein, auch wenn wir im Hauptrennen am Sonntag noch eine Schippe drauflegen müssen.»

Vor allem der Start sei perfekt gewesen, schilderte Bagnaia. «Ich war sehr präzise, als das Licht ausging. Ich sah und nutzte die Möglichkeit, nach vorn zu gehen. Marc hat dann zwar überholt, doch in der dritten Kurve habe ich ihn wieder ausgetrickst – damit hat er gewiss nicht gerechnet. Das war sehr unterhaltsam!»

Dann, in Kurve 17, machte Marquez diesen kleinen Fehler. «Er wäre fast gestürzt. Zum Glück ist er im Sattel geblieben, denn ich war in seiner Schusslinie – er hätte mich bei einem Crash garantiert auch abgeräumt», so Bagnaia. «Beim nächsten Gegenangriff rechnete ich nur mit Alex, doch leider sind sie zu zweit über mich hergefallen. Es war in diesem Moment schwierig, dranzubleiben. In der zweiten Runde habe ich anderthalb Sekunden auf die beiden eingebüßt. Es steht also außer Frage, dass wir uns fürs Hauptrennen weiter verbessern müssen.»

Beim Hinterherfahren sei offenkundig gewesen, wie selbstbewusst Marc Marquez auf seiner Lieblingsstrecke aufdreht.
«Marc fuhr schneller, dabei aber sehr kontrolliert. Wenn man ihm von hinten zuschaut, wird klar, wie leicht es ihm fällt, hier konkurrenzfähig zu sein. Speziell beim Anbremsen ist er stark und schnell, auch beim Einbiegen ist er viel besser. Er hat hier einfach ein riesiges Selbstvertrauen und wird auch am Sonntag schwer zu schlagen sein», urteilte der Turiner.

«Doch ich arbeite daran, mit ihm gleichzuziehen. Wir sind knapp unterhalb des Gipfels, im dritten Sektor der Strecke hatte ich sogar Vorteile. So wie im dritten Sektor muss ich nun eben auch in Sektor eins zu Werke gehen.»

Das Renntempo sei beachtlich gewesen, immerhin sei das Trio acht Sekunden vor dem viertplatzierten Di Giannantonio ins Ziel gekommen, merkte Bagnaia an. «Eine normale, etwas geringere Pace im Hauptrennen wird uns sicher helfen, denn der Level an Grip war bei den Temperaturen heute nicht der beste. Ich hatte auch mit Vibrationen zu kämpfen», verriet Bagnaia. «Doch immerhin, für eine Runde haben wir den schönsten Kampf der bisherigen Saison erlebt. Morgen will ich wieder so mitkämpfen, am Start – und dann hoffentlich auch im Finale!»

Ergebnisse MotoGP COTA, Sprint (29. März):

1. Marc Márquez (E), Ducati, 10 Runden
2. Alex Márquez (E), Ducati, +0,795 sec
3. Francesco Bagnaia (I), Ducati, +1,918
4. Fabio Di Giannantonio (I), Ducati, +8,536
5. Franco Morbidelli (I), Ducati, +9,685
6. Fabio Quartararo (F), Yamaha, +10,676
7. Pedro Acosta (E), KTM, +12,049
8. Luca Marini (I), Honda, +13,588
9. Ai Ogura (J), Aprilia, +13,752
10. Marco Bezzecchi (I), Aprilia, +14,584
11. Fermin Aldeguer (E), Ducati, +14,754
12. Brad Binder (ZA), KTM, +14,908
13. Enea Bastianini (I), KTM, +16,009
14. Jack Miller (AUS), Yamaha, +16,182
15. Alex Rins (E), Yamaha, +18,181
16. Johann Zarco (F), Honda, +18,625
17. Raul Fernandez (E), Aprilia, +21,666
18. Augusto Fernandez (E), Yamaha, +29,061
19. Somkiat Chantra (T), Honda, +33,622
20. Lorenzo Savadori (I), Aprilia, +37,989
– Maverick Viñales (E), KTM, 3 Runden zurück
– Joan Mir (E), Honda, 5 Runden zurück

WM-Stand nach 5 von 44 Rennen:

1. M. Marquez, 86 Punkte. 2. A. Marquez 67. 3. Bagnaia 50. 4. Morbidelli 42. 5. Di Giannantonio 28. 6. Zarco 25. 7. Binder 19. 8. Ogura 18. 9. Acosta 16. 10. Bezzecchi 14. 11. Marini 12. 12. Quartararo 10. 13. Mir 10. 14. Miller 8. 15. Bastianini 7. 16. Rins 5. 17. Viñales 4. 18. Aldeguer 3. 19. Oliveira 2. 20. R. Fernandez 1. 21. Chantra 0. 22. A. Fernandez 0. 23. Savadori 0.

Konstrukteurs-WM:
1. Ducati, 86 Punkte. 2. Honda 28. 3. KTM 25. 4. Aprilia 23. 5. Yamaha 17.

Team-WM:
1. Ducati Lenovo Team, 136 Punkte. 2. BK8 Gresini Racing 70. 3. Pertamina Enduro VR46 Racing 70. 4. Red Bull KTM Factory Racing 35. 5. LCR Castrol Honda 25. 6. Honda HRC Castrol Team 22. 7. Trackhouse MotoGP Team 19. 8. Monster Energy Yamaha 15. 9. Aprilia Racing 14. 10. Red Bull KTM Tech3 11. 11. Prima Pramac Yamaha Racing 10.

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