Valentino Rossi sucht das Glück

LCR-Chef Cecchinello: «Drei Podestplätze möglich»

Von Günther Wiesinger
Will 2013 öfter jubeln: Lucio Cecchinello

Will 2013 öfter jubeln: Lucio Cecchinello

«Stefan gehört zu den fünf besten Piloten der Welt. Er hat alles, was man zum Erfolg in der MotoGP braucht», sagt LCR-Honda-Teamchef Lucio Cecchinello.

Der Italiener Lucio Cecchinello (43) hat mit seinem LCR-Honda-Team und Fahrer Stefan Bradl grosse Pläne. Der Ex-Rennfahrer analysiert den Sepang-Test und blickt in die Zukunft.

 

Lucio, Stefan Bradl will in der MotoGP-WM fünf Podestplätze erreichen. Stimmt das mit deinen Zielen überein?

Zuerst muss ich wiederholen, dass wir es mit sehr starken Gegnern zu tun haben. Ich habe nach dem zweiten Sepang-Test zu Stefan gesagt: «Du gehörst zu den fünf besten Fahrern der Welt. Das ist die Realität. Du hast die Fähigkeiten, das Talent, das Team, das Bike – du hast alles, was du für den Erfolg und die Top-Five braucht. Lass uns härter sein als die Gegner!»

Ich habe betont: «Stefan, du kannst jederzeit unter die Top-Five fahren. Das Problem ist: Hinter dir lauern Gegner, die dasselbe Potenzial haben wie du. Sie pushen und pushen, um dich überholen zu können. Die Fights in deiner Gruppe, die um Platz 5 hinter Fahrern wie Pedrosa, Lorenzo, Rossi und Márquez kämpft, umfassen also neben dir sicher Bautista und Crutchlow. Ich glaube, wenn wir seriös und professionell arbeiten, können wir einige Male gegen Valentino und Márquez weiter vorne fighten. Aber dazu brauchen wir das Vertrauen im Kopf, wir brauchen Konstanz und wir dürfen uns keine Minute ausruhen.»

Es war also ein Fehler, dass Stefan in Sepang am dritten Tag am Schluss nicht mehr mit weichen Reifen angegriffen hat? Er ist dadurch von Platz 5 auf Platz 7 zurückgefallen.

Es ist völlig verständlich, dass Stefan nach dieser Rennsimulation erschöpft war. Er hat in diesen Long-run sehr viel Energie investiert; er hat mit frischen Reifen sehr schnelle Zeiten hingelegt. Er ist dauernd im Bereich von 2:01,3 min gefahren. Nachher ist er beständig 2:01,8 min gefahren. Er sagte mir dann, dass er sich bei 2:01,8 min nicht angestrengt habe und eventuell noch schneller fahren könnte. Er müsse sich nur konzentrieren, etwas kraftsparender zu agieren, dann sei auch eine Rennzeit unter 2:01,3 min möglich.

Wenn du zu viel mit Gewalt und Kraft agierst, kriegst du Spinning und Wheeling, dann hast du nicht genug Drive, darunter leidet die Performance.

Hm, Stefan hat es mit einigen sehr routinierten Gegnern zu tun. Rossi fährt die 14. MotoGP-Saison, Pedrosa die achte, Lorenzo die sechste. Nur Márquez ist ein Rookie. Und er ist ein Ausnahmekönner, wie es nur alle zehn Jahre vorkommt. Wird das manchmal vergessen?

Wir müssen realistisch sein. Deshalb sage ich: Wir müssen sehr froh sein, wenn wir konstant unter die ersten fünf kommen. Platz 5 – das muss unser Ziel sein. Wenn wir mal Glück haben, wenn ein Fahrer stürzt oder wenn sich herausstellt, dass Stefan in Mugello oder Brünn oder sonstwo besonders gut zurechtkommt, könnte uns ein zauberhaftes Wochenende gelingen.

Aber wir müssen uns darauf konzentrieren, Gegner wie Bautista und Crutchlow zu besiegen. Das ist eine schwierige Aufgabe, keine Frage. Sie erfordert eine Menge Arbeit.

Was positiv ist: Unser Abstand zur Spitze wird immer geringer. Beim zweiten Sepang-Test war der Rückstand zu Platz 1 zum ersten Mal seit Beginn unserer Zusammenarbeit immer unter 1 Sekunde.

Begleitest du das Team nächste Woche zum Test nach Austin?

Ja, ich möchte damit Red Bull zeigen, dass wir sehr entschlossen sind, dieses Projekt mit Stefan zum Erfolg zu bringen. Red Bull wird dort Video-Aufnahmen mit Stefan machen.

Du hast noch keine Sponsoren in Deutschland gefunden? Aber Denis Miskovic von Wige Vision Marketing unterstützt dich dabei?

Ja, ich denke, wenn eine Agentur in Deutschland es schafft, uns zu helfen, dann Wige. Denis hat viel Erfahrung, er kennt aus seiner Zeit bei Rizla viele Leute. Er ist der beste Mann, um das Projekt LCR/Bradl zu präsentieren. Ich bin zuversichtlich. Aber wir müssen Geduld haben.

Wir müssen uns die Realität betrachten. Es ist heutzutage sehr schwierig, Sponsoren zu finden. Die TV-Übertragungen von MotoGP in Nordeuropa sind nicht perfekt. Es ist schwierig, Firmen von einer Zusammenarbeit zu überzeugen.

Vielleicht klappt es erst nach den ersten Podestplätzen. Stefan Bradl hat sich für 2013 fünf Podestplätze zum Ziel gesetzt. Traust du ihm das zu?

Hm. Klar, alles ist möglich. Wir sind in einem sehr konkurrenzfähigen Zustand. Aber bevor ich ein Urteil abgebe, will ich noch Ergebnisse von anderen Strecken sehen, Austin und Jerez zum Beispiel. Denn Sepang ist nur eine Strecke, man darf ihr nicht zu viel Bedeutung zumessen. Nach Jerez und dem Katar-GP kann ich eine bessere Einschätzung abgeben.

Wenn sich Stefan fünf Podestplätze vorgenommen hat, könnte das etwas zu optimistisch sein. Drei halte ich für möglich.

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