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Marc Márquez: Die Landung des Ausserirdischen

Von Günther Wiesinger
Marc Márquez

Marc Márquez

Dieser Wadenbeinbruch wird die WM-Kampagne von Marc Márquez nicht beeinträchtigen. Er verliert ein paar Testtage, das ist alles.

Marc Márquez gilt als Stehaufmännchen. Er hat schon andere Stürze und Rückschläge und Verletzungen weggesteckt als diesen Wadenbeinbruch.

Auch das Timing ist halb so schlimm. In den 29 Tagen bis zum ersten Training beim Saisonauftakt in Katar wird dieser Wadenbeinbruch verheilt sein.

Wenn Márquez und sein Umfeld (HRC, Repsol und sein Manager Emilio Alzamora jetzt die Ruhe und die Nerven bewahren, ist gar nichts verloren.

Erinnern wir uns: Rossi zog sich am 4. Juni 2010 in Mugello einen offenen Schien- und Wadenbeinbruch zu. Am 18. Juli fuhr er beim Sachsenring-GP auf Rang 4. Er war also wesentlich schwerer verletzt, seine Genesungszeit war trotzdem nicht länger als jene Zeit, die Marc jetzt zur Verfügung hat.

Den nächsten Sepang-Test (2.6 bis 28.2.) kann der Repsol-Honda-Werksfahrer getrost auslassen. Sein inoffizieller Rundenrekord wird womöglich auch die nächsten drei Testtage überleben.

Und auf den Phillip-Island-Test (3. bis 5. 3.) kann der Weltmeister genau so verzichten. Er dient nur Bridgestone, um endlich Reifen zu entwickeln, die auf dem neuen Belag eine Renndistanz durchstehen.
Manche Gegner bezeichnen Marc Márquez als Glückspilz. Er hat schon öfters Glück gehabt, meint zum Beispiel Pol Espargarßs Manager Paco Sanchez. 2010 beim 125er-WM-Lauf in Estoril, bei den Stürzen in Australien und Malaysia 2011, beim Moto2-Rennen in Barcelona 2012, dazu bei einigen umstrittenen Aktionen im Vorjahr.

Tatsächlich hat Márquez zahlreiche Stürze glimpflich überstanden. Auch den 338-km/h-Crash in Mugello 2013, den schweren Sturz im Silverstone-Warm-up 2013; selbst eine Schulterluxation konnte die Nr. 93 dort nicht daran hindern, drei oder vier Stunden später um den MotoGP-Sieg zu fighten.

«Der schüttelt sich ab und fährt in der nächsten Runde genau so schnell wie vorher», meinte Stefan Bradl schon mehrmals. Da spielte Bewunderung mit, aber auch eine Portion Verständnislosigkeit.

Der Selbsterhaltungstrieb scheint bei Marc Márquez nicht extrem ausgeprägt zu sein. Er hat sich seine drei WM-Titel (125 ccm/2010, Moto2/2012 und MotoGP/2013) mit viel Risiko erkauft.

Anders wären diese aussergewöhnlichen Leistungen niemals machbar gewesen, mit Talent allein wäre das nicht zu schaffen. Erinnern wir uns: 16 Podestpätze bei 18 Rennen in der ersten MotoGP-Saison, neun Pole-Positions, sechs GP-Siege.

Kein Wunder, wenn Márquez auf der Beliebtheitsskala seiner Widersacher weit unten rangiert. Er sammelt immer wieder Strafpunkte, zweimal in seiner Karriere (Phillip Island 2011 und Valencia 2012) wurde er wegen rücksichtsloser Fahrweise auf den letzten Startplatz verbannt.

Auch in seiner ersten MotoGP-Saison hat Márquez ein paar Mal die Grenzen der Fairness überschritten. Jerez, Laguna Seca, Warm-up in Silverstone, Aragón – Pedrosa, Rossi und Lorenzo wurden nicht gerade zimperlich angefasst.

Wir gehen davon aus, dass der Weltmeister beim Katar-GP (23. März) im Vollbesitz seiner Kräfte sein wird. Schon beim ersten Sepang-Test hat der Titelverteidiger gezeigt, dass er jetzt nicht mehr zwei Stürze pro Tag fabrizieren muss, um das Limit zu finden.

Márquez gab dort eine souveräne, weltmeisterliche Vorstellung.
Der Ausserirdische wird auch 2014 kaum zu biegen sein. Und er wird noch mehr Rennen gewinnen als im Vorjahr.

Daran wird dieser harmlose Wadenbeinbruch nichts ändern.

Sehr überraschend kam dieser Dirt-Track-Crash übrigens nicht. Wer weiss, wie verbissen sich der Weltmeister auf das Superprestigio-Dirt-Track-Rennen vom 9. Januar in Barcelona vorbereitet hat, wenn man auf You-tube den Film vom Fight im Finale gegen US-Champion Brad Baker sieht, dann spürt man: Marc gibt auch beim Dirt Track alles.

Er wollte dieses Rennen auf keinen Fall verlieren.

Er liess sogar den Sand mit etlichen Lkw aus seiner Heimatstadt Cervera bei Lleida in die Arena karren, um beim Untergrund keine unliebsamen Überraschungen zu erleben.

Marc Márquez ist ein Siegertyp, wie ihn die Welt noch nie gesehen hat. Sein Ehrgeiz und sein Siegeswillen stellt diese Tugenden von Rossi weit in den Schatten.

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