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Kurt Trieb (KTM): Wie er den neuen MotoGP-Motor plant

Von Günther Wiesinger
Schauten am Sonntag in Mugello auf der Strecke zu: Ing. Kurt Trieb und Mike Leitner

Schauten am Sonntag in Mugello auf der Strecke zu: Ing. Kurt Trieb und Mike Leitner

Vor zehn Jahren scheiterte das erste MotoGP-Projekt von KTM. Die Rückkehr für 2017 wird professioneller gestaltet, seither haben sich die Strukturen im Innviertel deutlich verbessert.

KTM hat schon in der Saison 2005 erste Gehversuche in der MotoGP-Weltmeisterschaft gemacht. Aber der geplante Werkseinsatz fiel damals den hohen Kosten (man rechnete mit 20 bis 25 Millionen Euro zum Opfer), ein professioneller Rennbetrieb neben den Zweitakt-Klassen 125 und 250 ccm war bei den damals Umsätzen und Stückzahlen von KTM nicht sinnhaft, nicht darstellbar und nicht finanzierbar.

Als dann das Team Roberts in Mattighofen vorstellig wurde, sagte der damalige Rennmanager Kurt Nicoll in einer unüberlegten Hau-ruck-Aktion die Motorenlieferung für 2005 zu.

Aber das Projekt war zum Scheitern verurteilt. Der von Ing. Kurt Trieb konstruierte Motor galt zwar als extrem kraftvoll, litt aber an mangelhafter Fahrbarkeit, die Kraftentfaltung liess zu wünschen übrig, die vom Team Roberts bevorzugte Elektronik von TAG Heuer erwies sich als unbrauchbar. Eine fertig entwickelte Elektronik hätte rund 3 Millionen Euro gekostet.

Zehn Jahre danach entsteht bei KTM wieder ein V4-MotoGP-Motor, jetzt mit 1000 statt 990 ccm. Und diesmal passiert fast alles In-House; auch der Gitterrohrstahlrahmen wird in der neuen Rennabteilung KTM Factory Racing in Munderfing konstruiert. Es werden keine externen Zauberer mehr geduldet, KTM plant auch kein Joint Venture mit einem existierenden Team, sondern würde 2017 am liebsten mit einem echten Werksteam einsteigen – wie 2015 Suzuki.

Ing. Kurt Trieb hat in der Zwischenzeit viele erfolgreiche Einzylinder-Motoren (Motocross, Moto3) konstruiert. Bei KTM existiert jetzt mehr Know-how, mehr Personal, ein vernünftiger Zeitplan, ein realistisches Budget, dazu ist mit Pit Beirer ein kompetenter und erfolgreicher Head of Motorsport vorhanden.

Ing. Kurt Trieb besuchte am Wochenende mit KTM-Techniker Mike Leitner (elf Jahre lang Crew-Chief bei Dani Pedrosa) den Mugello-GP. Im Exklusiv-Interview mit SPEEDWEEK.com sprach er über den Stand der Dinge punkto MotoGP-Comeback.

Eigentlich sollte der neue V4-Motor im Mai erstmals auf dem Prüfstand laufen. Es war aber schon im März zu hören, dass dieser Termin nicht halten wird. Pit Beirer sagte dann, man dürfe den Zeitplan nicht zu eng auslegen.

Es stimmt, wir haben ursprünglich den Mai im Auge gehabt. Aber es wird jetzt Juli bis zum ersten Prüfstandtest.

Ist diese Verzögerung schlimm? Oder war sie ohnedies zu erwarten?

Na gut, Mai war ein sehr ehrgeiziges Ziel. Ein Grund war sicher, dass wir ein paar Probleme in der Moto3-Klasse lösen mussten. Wenn es jetzt im Juli hinhaut, ist es nicht so schlecht, denke ich.

Wie viele Motoren werden in einer ersten Tranche fertiggestellt?

Wir haben Material für zehn Motoren bestellt. Da wird dann einer nach dem andern aufgebaut. Wir werden mit zwei oder drei Motoren anfangen.

Wie viele Prüfstandstunden sind nötig, ehe man sich zum ersten Roll-out auf die Strecke wagen kann?

Ja, also es sind zwei Bereiche. Zuerst muss man jetzt Motorenprüfstände applizieren, dann muss man mit dem Fahrzeug noch auf den Rollenprüfstand. Eine gute Zeit wären zwei bis drei Monate bis zum ersten Roll-out. Eher drei Monate.

Also wird es mit dem ersten Roll-out im September nicht klappen, eher im Oktober?

Noch eher im November. Ein Roll-out kann man um diese Jahreszeit in Europa auf jeden Fall noch machen.

Wie viele Roll-out-Tage wären insgesamt sinnvoll?

Da reichen zwei, drei Tage, dann sieht man eh schon, wo die Probleme liegen. Danach geht man wieder nach Hause und macht die Hausaufgaben.

Da KTM 2016 noch nicht an der MotoGP-WM teilnimmt, gilt für euch das Testverbot im Dezember und Januar nicht. Sind in diesem Zeitraum bereits Tests vorgesehen? In Sepang oder wo auch immer?

Geplant ist, dass wir monatlich zum Testen gehen.

KTM-Firmenchef Stefan Pierer hat sich im Juli 2014 bei der Bekanntgabe der MotoGP-Pläne für 2016 einzelne Wildcard-Einsätze gewünscht. Ist das realistisch?

Ach so? (Er lacht).

Ja. Rennchef Pit Beirer sagt seit Monaten, das lässt der Zeitplan nicht zu. Muss der Wunsch des Eigentümers nicht Befehl sein?

(Er schmunzelt). Es kommt ganz darauf an, wie es läuft. Ich denke, Wildcard-Einsätze 2016 werden sehr, sehr schwierig.
Aber wenn alles super laufen würde...

Ungefähr Ende August 2016 findet der Österreich-GP in Spielberg statt. Das wäre doch ein idealer Schauplatz für das MotoGP-Debüt von KTM.

Ich glaube, Spielberg kommt sicher zu früh.

Bei Suzuki heisst es, Randy de Puniet habe im Jahr 2014 als Fahrer eine Sekunde verloren, als er nur getestet hat. Wäre es für die Motivation des Testfahrers nicht reizvoll, ihm Wildcard-Rennen in Aussicht zu stellen? Notfalls in Aragón und Valencia, also bei den letzten zwei Europa-Rennen 2016?

Als Techniker bin ich für die Fahrerfragen nicht zuständig. Damit sind bei uns andere zu Gange, die sich damit besser auskennen.

Wie viel vom alten V4 steckt im neuen Motor noch drinnen? Oder hast du mit einem weissen Blatt Papier begonnen?

Es ist mit einem weissen Blatt Papier begonnen worden. Vom Konzept her, wie man ein Kurbelgehäuse verschraubt oder so, das ist sicher ähnlich. Sonst ist alles anders und alles neu.

Bohrung und Hub ist vorgegeben?

Wir hatten damals 84 mm Bohrung, jetzt liegt die maximale Bohrung laut Reglement bei 81 mm.
Wir hatten damals einen Zylinderwinkel von 75 Grad, dazu eine Ausgleichswelle. Der neue Motor wird keine Ausgleichswelle haben, dafür einen entsprechend grösseren Zylinderwinkel.

Dann rate ich mal: Du wirst du beim Konzept von Honda und Ducati landen, die einen Zylinderwinkel von 90 Grad haben. Ducati scheint 2015 erstmals eine gegenläufige Kurbelwelle zu haben, die sich wie beim Yamaha-Reihenmotor gegen die Fahrrichtung dreht. Ist das ein Rezept, das auch im Innviertel Anklang findet?

Das mit der gegenläufigen Kurbelwelle bei Ducati habe ich gehört?. Ich weiss nicht, ob es stimmt. Ein interessantes Konzept. Aber so weit sind wir noch nicht fortgeschritten.
Wir haben das bisher nicht eingeplant. Meiner Meinung wäre dazu ein neuer Motor nötig. Oder eine Weiterentwicklung.
Wenn bei Ducati, wo es in den letzten Jahren viel Verunsicherung gab, so ein Schritt gemacht wurde, dann finde ich, ist das eine starke Entscheidung.

Wie kam die Entscheidung für den V-Motor zustande? Suzuki ist mit dem Reihenmotoren jetzt erfolgreicher als mit dem alten V4-Konzept. Was spricht für den V4? Die Kompaktheit in erster Linie?

Er ist kompakter, auch der Massenausgleich spricht meiner Meinung nach für den V4.
Ich halte V4 schon für das richtig Konzept, ja.

Lässt sich vom Moto3-Triebwerk irgendwas übernehmen, obwohl er nur 13.500/min dreht und das MotoGP-Triebwerk wohl 16.000/min?

Nein, nichts.

Die Elektronikfrage ist ja für 2017 geklärt, es kommt schon 2016 eine Einheits-Motorensteuerung. Ohne Seamless-Getriebe wird es nicht gehen?

Ja, Stefan Pierer hat schon kommuniziert, dass wir unser Seamless-Getriebe bei X-trac in England beziehen.

Dort bedient sich auch Ducati. Werden die Getriebe dann identisch sein?

Diese Frage kann ich jetzt noch nicht beantworten.

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