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Jorge Lorenzo: Kostet Sturzhelm-Deal den WM-Titel?

Kolumne von Günther Wiesinger
Jorge Lorenzo hat wegen Problemen mit dem HJC-Helm 2015 wohl schon zehn WM-Punkte verspielt. Und damit den MotoGP-Weltmeistertitel?

Das ist nicht ausgeschlossen.
Denn in Katar wäre er vielleicht Zweiter oder Dritter hinter Rossi (und Dovizioso) geworden, wäre nicht ein Innenpolster des Helms verrutscht und hätte ihm die Sicht versperrt. Das hat sicher drei Punkte gekostet, vielleicht auch sieben.

In Silverstone beschlug das Visier des HJC-Kopfschutzes, Lorenzo fiel auf Platz 4 zurück, diesmal kostete das Missgeschick auf jeden Fall drei weitere WM-Punkte.

Zur Erinnerung: Vor Silverstone lagen Rossi und Lorenzo punktegleich mit je 211 Zählern an der Spitze. Jetzt hat Lorenzo einen Rückstand von zwölf Punkten auf den italienischen Silverstone-Sieger.

Zehn WM-Punkte hat Lorenzo womöglich in dieser Saison wegen der Helm-Probleme in Katar und England schon verloren.

Lorenzo vertraute jahrelang auf Nolan-Helme (wie Casey Stoner), vor drei Jahren entschied er sich für das Fabrikat HJC, das Yamaha-Werksfahrer Ben Spies in der MotoGP-WM populär gemacht hat.

Es war damals von einer Jahresgage von 800.000 Euro die Rede. Ein starkes Argument.

Die echten Superstars sind bei den Ausrüstern heiss begehrt: Bei Valentino Rossi wird eine Summe von 1,5 Millionen Euro kolportiert, die er von Dainese für Leder und Helm bekommen soll. Auch sein Helmausrüster «agv» gehört zur Dainese-Gruppe, die von Lino Dainese gegründet und im Herbst 2014 zu 80 Prozent an das Investorenkonsortium «Investcorp» aus Bahrain verkauft wurde.

Laut italienischen Medien wurde Daineses Firmenwert auf 130 Millionen Euro festgelegt. Dainese ist nicht die erste beliebte Marke, die von «Investcorp» übernommen wurde. In diese Liste reihen sich berühmte Namen wie Gucci, Leica, Tiffany's und Riva ein, die teure Holzmotorboote herstellen.

Seit Jahren hält sich unter den MotoGP-Stars die Meinung, die renommiertesten Helm-Fabrikate wie Shoei, Arai, Shark und Nolan seien konkurrenzlos, was die Ansprüche der Superstars an Sicherheit und Qualität, Gewicht, Belüftung und so weiter betrifft.

Inzwischen wurde dieses Spektrum von der Nolan Group mit der Marke «x-lite» erweitert. Dainese hat die von Gino Amisano gegründete Spitzenmarke «agv» 2008 gekauft und den rund 900 Euro teuren Tophelm «agv Pista GP» mit Hilfe von Rossi zu einem Spitzenprodukt entwickelt. Trotzdem kam es 2013 bei Rossi und Bradl im Regen noch zu Problemen mit beschlagenen Visieren.

Lederkombi-Hersteller Dainese hatte sich jahrelang bemüht, mit einem eigenen Dainese-Helm Fuss zu fassen, doch die Fans vertrauten lieber auf die seit Jahren etablierten Helmmarken.

Der Lorenzo-Helm wird unter der Bezeichnung «RPHA 10 Pro Jorge Lorenzo Replica 3» allen Motorradfahrern angeboten, in drei Grössen mit fünf Jahren Garantie. Sicher ein Spitzenhelm für jeden herkömmlichen Motorradfahrer.

Aber MotoGP-Weltmeister ist Lorenzo mit HJC noch nie geworden.

Und so enttäuscht wie der vierfache Saisonsieger nach dem Silverstone-GP aussah, würde mich gar nichts wundern. Mich würde in dieser Situation nicht einmal überraschen, wenn Lorenzo schon beim nächsten Rennen mit einer neuen Kopfbedeckung aufkreuzen würde. Oder mit einem Konkurrenz-Produkt ohne Markenkennzeichnung.

Das «Max Air-flow Top Vent»-Belüftungssystem von HJC hat Lorenzo beim Silverstone arg im Stich gelassen. Weitere Blindflüge im Regen kann sich der Movistar-Yamaha-Werkspilot nicht leisten.

Lorenzo kam mit Manager Daniel Amatriain in die WM, dann vertraute er auf den bulligen Konditionstrainier Marcos Hirsch, seit drei Jahren werden seine geschäftlichen Interessen von Albert Valera wahrgenommen.

Der Spanier scheint beim Helm-Deal in erster Linie die Gage in den Vordergrund gerückt zu haben. «Er versteht das Geschäft bis heute nicht», ist ein namhafter Helmhersteller überzeugt.

Denn: Der WM-Titel-Bonus von Lorenzo ist gewiss höher als die gesamte Jahresgage von HJC.

Bei Repsol-Honda betrug der MotoGP-WM-Bonus zu den Zeiten von Casey Stoner immerhin fünf Millionen Euro. Für den zweiten WM-Rang wurden be Repsol-Honda immerhin noch 2 Millionen in Aussicht gestellt.

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