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Stefan Bradl: «Wie gestandene Männer benehmen»

Von Günther Wiesinger
Stefan Bradl mit der 2016-Aprilia beim ersten Katar-Test vor zwei Wochen

Stefan Bradl mit der 2016-Aprilia beim ersten Katar-Test vor zwei Wochen

Aprilia-Werkspilot Stefan Bradl macht sich vor der ersten Standortbestimmung mit der neuen 2016-Aprilia in Katar wenig Kopfzerbrechen. Aber er weiss: «Wir haben noch viel Arbeit vor uns.»

Stefan Bradl (26) ist bereits in Doha/Katar eingetroffen, wo er von Mittwoch bis Freitag jeweils von 16 bis 23 Uhr Ortszeit (in Europa 14 bis 21 Uhr) erstmals mit seiner neuen Aprilia RS-GP 16 auf die gesamte Konkurrenz von Honda, Yamaha, Suzuki und Ducati treffen wird.

Weil Testfahrer Mike di Meglio am 10. Februar im MotorLand Aragón beim ersten Shakedown-Test mit der 2016-Aprilia gleich in der ersten Runde stürzte und dann wegen einer Ellbogenverletzung ausfiel, wurden beim privaten Katar-Test von Aprilia vor zwei Wochen noch viele Installationsrunden nötig. Dazu war nur eine neue Aprilia pro Fahrer vorhanden. Es wurden auch immer wieder Vergleichsfahrten mit der 2015-Werksmaschine nötig, wegen der Michelin-Reifen und wegen der neuen Magneti-Marelli-ECU.

Morgen am Mittwoch wird Aprilia die neuen Bikes, das Team und die Fahrer bei einer Foto-Session vor den Boxen 1-2 erstmals öffentlich präsentieren.

Stefan Bradl wird heute nach dem Mittagessen vom Hotel zur Rennstrecke rausfahren und dort mit Crew-Chief Diego Gubellini das genaue Testprogramm besprechen. «Ich habe auf dem Flug von München nach Doha unseren neuen deutschen Elektronik-Ingenieur Markus Eschenbacher getroffen. Er hat mir erzählt, dass eventuell sogar eine Rennsimulation oder ein ordentlicher Long-run vorgesehen sind», schilderte Bradl. «Das wäre natürlich schon wichtig. Ob wir das zeitlich unterbringen, ist natürlich die Frage. Das werden wir nach den ersten zwei Tagen sehen. Ich hoffe schon, dass das jetzt ein normaler Test wird, wo wir uns nicht nur mit dem Motor und mit der Elektronik befassen, sondern uns auch mal mit der Geometrie beschäftigen können. Wir müssen das neue Motorradl besser kennenlernen.»

Bradl geht davon aus, dass sich das Aprilia Racing Team Gresini ab jetzt ganz auf das neue Motorrad konzentrieren wird. Das Problem: Der Motor lief erst nach Weihnachten erstmals auf dem Prüfstand.

Ursprünglich war der erste Prüfstandtest für Oktober vorgesehen. Dann wurde dieser Probelauf auf Ende November verschoben, weil das Konzept noch einmal in Richtung einer gegenläufigen Kurbelwelle (wie es auch bei Ducati und Yamaha gehandhabt wird und eventuell auch bei der 2016-Honda) und dann wegen verzögerter Lieferung von Zulieferteilen noch einmal um vier Wochen verschoben werden musste.

«Aprilia hat jetzt für jeden Fahrer ein zweites 2016-Motorrad nach Katar gebracht», weiss Bradl. «Ich glaube nicht, dass mit dem alten Bike noch viel gefahren wird. Das hätte keinen Sinn mehr.»

Wie war der erste Eindruck vom neuen Motorrad, das bereits 8 bis 9 kg leichter sein soll als das Vorgängermodell? Bradl: «Die neue Aprilia sieht nicht nur schön aus – wie eine echte MotoGP-Rennmaschine. Auch das geringere Gewicht ist deutlich spürbar. Die Leistung merkt man natürlich auch, wenn man spürt, das Motorrad ist leichter und handlicher. Wir haben aber beim ersten Test noch nicht die volle Power zur Verfügung gehabt. Das haben wir uns für diesen zweiten Test vorbehalten. Der Test vor zwei Wochen war ein Installations-Test. Dort haben wir noch keine richtigen Referenzen gewonnen. Ich hoffe, dass wir jetzt an den drei Abenden bis Freitag das Potenzial ausschöpfen können, das im Motorradl drinsteckt. Das geht aber nur, wenn wir an der Suspension und auch an der Geometrie mal was probieren können.»

Stefan Bradl sagt, die Motorcharakteristik von 2015 sei erhalten geblieben, das sei zumindest der erste Eindruck. «Das können wir aber erst genauer beurteilen, wenn die Elektronik-Abstimmung perfekter geworden ist. Die Harmonie zwischen Motor und ECU war nicht schlecht, aber wir haben noch nicht das Optimum erreicht. Wir werden jetzt ein Set-up suchen, mit dem sich der Motor feinfühliger fahren lässt.»

Hat Stefan Bradl etwas Bauchweh, weil er mit der nagelneuen, unerprobten Werks-Aprilia jetzt erstmals bei offizieller Zeitnahme unerbittlich an der Konkurrenz gemessen wird, die wesentlich ausgereifteres Material einsetzt?

«Nein, nicht so wirklich. Mein Gott, wir werden mit Sicherheit mehr als eine Sekunde auf die Spitze verlieren... Das wird sicher mehr sein. Aber ich freue mich auf diesen Test und dann auf die ersten Rennen», versichert der Bayer. «Denn ich bin der Meinung, dass wir mit der 2016-Aprilia wirklich Schritt für Schritt vorwärts kommen werden. Mit dem alten Motorrad haben wir uns wirklich schwer getan, noch einen Fortschritt zu erzielen, weil wir damit begrenzt waren und angestanden sind. Wir haben am Anfang mit Sicherheit noch viel Arbeit. Wir brauchen uns aber nicht zu verstecken. Das wäre sowieso ein Schmarrn. Wir müssen uns jetzt wie gestandene Männer benehmen, rausfahren und das Motorrad weiterentwickeln.»

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