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Türkei-GP: Alle Fahrer wurden zu Ehrenbürgern ernannt

Kolumne von Nora Lantschner
Die Strecke in Afyon ist ungewöhnlich schnell

Die Strecke in Afyon ist ungewöhnlich schnell

Der MXGP-Zirkus ist nach fast zehn Jahren zurück in der Türkei. Der große Fanansturm blieb aus, aber wer in Afyon war, wird gerne wiederkommen. Auch wenn die einheimischen Fahrer nicht in WM-Form sind.

Der erste und bis dahin einzige Grand Prix auf türkischem Boden fand 2009 nahe Istanbul statt. Für das 18. Aufeinandertreffen der Motocross-Weltmeisterschaft 2018 ging es von der europäisch-asiatischen Metropole aus eine knappe Flugstunde weiter Richtung Südosten. Die 200.000-Einwohner-Stadt Afyonkarahisar, kurz Afyon, war das Ziel. Was man sich von der neuen Anlage in der gleichnamigen Provinz erwarten durfte, wusste vorher niemand so recht.

Am Mini-Flughafen von Zafer – modern und menschenleer – folgte zunächst Ernüchterung: So weit das Auge reicht, gibt es außer braun-roten Hügeln und trockenen Feldern nichts zu sehen. Die halbstündige Autofahrt auf einer zweispurigen Schnellstraße führte uns durch den wilden Osten, bis urplötzlich die ersten 5-Sterne-Hotels aus dem Boden schießen. Spätestens beim Anblick eines modernen Outlet-Centers inklusive Fast-Food-Ketten fühlte man sich wieder in der Zivilisation angekommen. Leichter Optimismus machte sich breit.

Afyon lud zum «Motofest»

Das neue «Motor Sports Center» von Afyon liegt etwas versteckt zwischen großen Thermen- und Hotelanlagen, darunter ein Luxustempel mit 420 Zimmern und 13 hauseigenen Schwimmbädern, und einem Fußballstadion. Auf den ersten Blick erinnert das riesige Areal an einen Jahrmarkt samt spärlich besetztem Zeltplatz, Minigolfkurs und jede Menge Ständen, an denen sich lokale Vereine und Hotels präsentieren oder türkische Spezialitäten angeboten werden. Für Mutige ist auch ein Tätowierer rund um die Uhr einsatzbereit. Von gleich zwei Bühnen schallte Live-Musik, von westlichem Pop über türkischen Rap bis hin zu gewöhnungsbedürftigen Klängen war an den drei Tagen alles dabei. Angestellte und Sicherheitsdienst waren überall präsent, aber nie aufdringlich.

Alles war perfekt organisiert und blitzblank. Der frische Asphalt reicht bis zum Vorstart, was für ein Offroad-Rennen ungewöhnlich ist. Die Strecke war bestens präpariert, das Gelände ist zwar flach, dafür wurden aber mächtige Sprünge aufgeschoben. Das Layout gefällt, die weite und für MXGP-Standards ungewöhnlich schnelle Streckenführung gibt Raum für kreative Linien und Überholmanöver.

WM-Punkte für selbstbewusste Gastgeber

Über Nacht wurde sogar noch ein meterlanges Schild gleich neben dem Start angebracht: «THE BEST MOTOCROSS CURCIUT [CIRCUIT] IN THE WORLD.» Oh, Déjà-vu? Eine Woche zuvor hat das bulgarische Sevlievo diesen Titel noch für sich beansprucht. Zufall oder nur schnell reagiert? Wie auch immer, darüber müssen wir noch mal sprechen.

Im Paddock ging es ruhig zu. Es fehlten einige Teams und auch die zwei großen Hospitality-Trucks waren nicht angereist. Eine Handvoll tapfere Türken sorgten immerhin dafür, dass die Startaufstellung in beiden Klassen halb voll war, was leider schon lange keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Die überschaubare Zuschauermenge war bestens mit türkischen Fähnchen ausgestattet. Zum Bejubeln gab es nicht wirklich viel, die Landsmänner am Start waren – milde ausgedrückt – nicht ganz in WM-Form. Punkte gab es aber auch noch, wenn man vier bis elf (!) Runden weniger als der Rest des Feldes aufwies. Und ja, Galip Alp Baysan hat den zweiten MXGP-Wertungslauf trotz elf Runden Rückstand auf den Sieger beendet und sich seine Pünktchen damit verdient.

Auf der Strecke ging es heiß her

Für das wahre Spektakel sorgten bei brütender Hitze die üblichen Verdächtigen. In der MX2-Klasse kam sich das KTM-Duo Jorge Prado und Pauls Jonass im Titelkampf etwas zu nahe. Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte: Der Amerikaner Thomas Covington durfte nach unzähligen Quali-Siegen endlich seinen ersten Grand-Prix-Gewinn des Jahres feiern – verdient.

Kurz sah es so aus, als würde sich auch in der Königsklasse ein spannendes Finale zwischen Jeffrey Herlings und Tim Gajser anbahnen, aber am Ende hatte Herlings wie gewohnt alles fest im Griff. Dem Niederländer fehlen damit nur noch fünf Punkte auf den Titelgewinn. Die (Party-)Vorbereitungen für seinen Heim-GP in zwei Wochen laufen.

Erste Bilanz

Die Organisatoren des MXGP of Turkey haben sich mächtig ins Zeug gelegt und ein komplettes Event auf die Beine gestellt. Richtige Festivalstimmung kam auf dem weitläufigen Areal aber nie auf, dafür waren zu wenige Besucher da. Auf meine Frage nach den Zuschauerzahlen bekam ich im Media Center ein sympathisches «very much» zurück. So viele waren es dann doch nicht. Immerhin war das Interesse der lokalen Medien groß.

Den großen Ansturm gab es nicht. Bis an einem MXGP-Wochenende alle Hotels in der Umgebung voll besetzt sind, wird es wohl noch einige Jahre dauern. Wer dort war, kommt gerne wieder. Nicht zuletzt die Fahrer, die per Urkunde zu Ehrenbürgern von Afyonkarahisar erkoren wurden.

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