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Cross-Legende Heinz Kinigadner wird 60 Jahre

Kolumne von Thoralf Abgarjan
Der österreichische Doppelweltmeister von 1984/85 machte auch als Rallye-Fahrer Karriere und wurde zum Markenbotschafter von KTM. Heinz Kinigadner blickt auf ein bewegtes Leben zurück und ist umtriebig wie eh und je.

Heute, am 28. Januar, wird Heinz Kinigadner 60 Jahre. Der Hüne aus dem Zillertal in Tirol hat 1984 und 1985 die 250ccm Weltmeisterschaft gewonnen, die in den 1980er Jahren die Königsdisziplin des Motocross war. Diese WM-Titel sind bis heute etwas ganz Besonderes: Erstens war 'Kini' der erste Österreicher, der eine Motocross-WM gewann. Zweitens startete er auf einer KTM, 'Made in Austria'. Das verschaffte ihm eine für den Motocrosssport außergewöhnliche Popularität, die bis heute anhält. Der Name Kinigadner ist eine Institution. Mit dem Namen Heinz Kinigadner sind nicht nur die sportlichen Erfolge von KTM verbunden. 'Kini' hat auch entscheidend zur Entwicklung von KTM beigetragen. 

Heinz Kinigadner wächst in Uderns (Tirol) am Eingang des Zillertals auf. Das Renn-Gen ist ihm bereits als kleiner Junge in die Wiege gelegt, denn Vater Johann gewann schon 1953 die Silbermedaille bei der 1. Tiroler Alpenfahrt. Bereits als Kinder heizen die Jungs mit ihren Fahrrädern durch die Gegend. Mit 14 Jahren beginnt er mit Motocross und wird mehrfacher österreichischer Staatsmeister auf Puch. Er lernt den Beruf des Konditors und Bäckers und betreibt Racing zunächst nur nebenbei. Nach seinen nationalen Erfolgen betritt er die internationale Bühne.

Kini startet in der WM und feiert 1982 in Maggiora (Italien) seinen ersten Laufsieg. Seine damaligen Gegner waren der Amerikaner Danny LaPorte, der legendäre Georges Jobé aus Belgien, der Niederländer Kees van der Veen und der Deutsche Rolf Dieffenbach. 1983 wechselt Kinigadner von Yamaha zu KTM und beendet die Saison auf Platz 11.

Die Startnummer 11 bringt ihm 1984 Glück: Er setzt sich gegen den Franzosen Jacky Vimond, den Briten Jeremy Whatley, den Belgier Marc Velkeneers sowie Jacky Martens durch, wird zum ersten Mal Weltmeister und schreibt damit für den Motocross-Sport Österreichs Geschichte.

Kinigadners Erfolg rief 1984 einen weiteren österreichischen Protagonisten auf den Plan: Dr. Wolfgang Srb, einer der Architekten des heutigen Motocross-Sports, der über Jahrzehnte als FIM-Kommissionspräsident und später als FIM Europe Präsident fungierte. «Ich habe Kinigadner im Sommer 1984 zum ersten Mal persönlich getroffen. Kini hat in der WM geführt und sich in den Medien beklagt, dass zum ersten Mal in der Geschichte ein Österreicher in der Motocross-WM führt, aber die österreichische Föderation kein einziges Jurymitglied zu den Rennen entsendet. Damit bestand Handlungsbedarf. Obwohl ich vom Autosport komme, wurde ich gefragt, ob ich mir eine solche Position vorstellen könne. Ich bat um die Regelbücher und am nächsten Tag habe ich zugesagt. Ich fuhr nach Heerlen in Holland und habe mir dort sofort das Motocross Virus eingefangen, welches mich bis heute befallen hat - Gott sei Dank!»

1985 kann Kinigadner auf der damals noch weißen KTM den Titel mit 2 Punkten Vorsprung erfolgreich verteidigen. Srb erinnert sich an ein gemeinsames Abenteuer: «Wir sind zusammen nach Indien zu einem Stadion-Motocross geflogen. Die Stadt Poona war damals in Europa bekannt, weil dort ein Guru namens 'Bhagwan Shree Rajneesh' gelehrt hat. Da wir bis zum Rennen noch etwas Zeit hatten, beschlossen wir, dem Guru einen Besuch abzustatten und sind mit einem Tuk Tuk dorthin gefahren. Die Türsteher haben uns in unseren Klamotten aber sofort als nicht ernsthafte Anhänger der Lehren des Bhagwan identifiziert und uns freundlich aber bestimmt abgewiesen. Weder Tiroler noch Wiener 'Schmäh' haben geholfen, der Ashram blieb für uns geschlossen.»

Ende der 1980er Jahre wechselt 'Kini' vom Motocross zum Rallyesport und bestreitet fortan die Rallye Paris-Dakar. Doch KTM gerät Ende der 1980er Jahre wirtschaftlich immer stärker unter Druck. Kinigadner trifft den Unternehmensberater und -sanierer: Stefan Pierer. Der Geschäftsmann agiert zu jener Zeit mit seiner Firma Cross Holding, die allerdings nichts mit Motocross oder Motorrädern zu tun hat. Pierer agiert als Investor und Sanierer maroder Firmen. «Ich kaufte damals bankrotte Firmen, restrukturierte diese oder verkaufte Teile gewinnbringend», erklärt Pierer sein damaliges Geschäftsmodell. Aber Pierer handelt nicht wie eine der berüchtigten 'Heuschrecken', die Firmen kaufen und wieder verkaufen. Er findet Gefallen an der Idee, selbst bei KTM einzusteigen. «Mein ursprünglicher Plan sah vor, KTM auf einen guten Weg zu bringen und mich dann davon zu trennen. Ich habe aber bald festgestellt, dass es sinnvoller wäre, die Firma zu behalten und selbst unternehmerisch tätig zu sein.»

Das war die entscheidende Wendung für KTM zu einer Firma, die schließlich zum erfolgreichsten Motorradhersteller Europas und zur Weltmarke werden sollte. Kinigadner brachte in der Anfangszeit viele Ideen ein und Pierer erkannte die Wurzeln und die Stärken von KTM, die ganz klar im Offroad-Bereich lagen. Die kurzen Wege ermöglichten es KTM, in kurzer Zeit Ideen zur Marktreife zu entwickeln. 'Kini' fuhr zu jener Zeit die populäre Rallye Paris-Dakar auf KTM und wurde so zum Markenbotschafter des Unternehmens aus Mattighofen. Selbst hat er die berühmt-berüchtigte Dakar-Rallye nie gewonnen, aber er legte die Basis für eine beispiellose Erfolgsserie. Ab dem Jahre 2001 wird KTM die Dakar-Rallye 18 Mal in Folge gewinnen und damit der mit Abstand erfolgreichste Hersteller bei dieser Veranstaltung sein. 'Kini' selbst gewinnt 1994 die Pharaonen Rallye, 1995 die Rallye Paris-Moskau-Peking und 1995, 1996 und 1998 die Dubai Rallye auf KTM.

Seit der Restrukturierung Anfang der 1990er Jahre ist KTM wirtschaftlich auf der Überholspur und hat europäische Mitbewerber wie BMW längst abgehängt. Der Zukauf der Marke Husqvarna und GasGas ist ein weiterer Baustein des Pierer-Konzepts, verschiedene Marken auf einer gemeinsamen Plattform zu etablieren, um lokale Märkte und Produktkonzepte effizient zu bedienen.

Aber wo Licht ist, ist bekanntlich auch Schatten. Mit voller Härte erlebt Heinz Kinigadner die Kehrseite des Sports in seiner eigenen Familie. 1984, im Jahr seines eigenen großen Erfolgs, stürzt sein älterer Bruder Hansi bei einem Motocrossrennen und ist seitdem querschnittsgelähmt an den Rollstuhl gefesselt.

2003 wird für Heinz zum Schicksalsjahr. Es geschieht das Unfassbare, das alles, was er in seinem Leben getan und erreicht hat, in Frage stellt. Sein 20-jähriger Sohn Hannes verunglückt bei einem Charity-Rennen schwer und erleidet wie sein Bruder Hansi eine Querschnittslähmung. Für Heinz ist das der Zeitpunkt, seine eigene sportliche Karriere endgültig zu beenden.

Das schreckliche Ereignis wird zum Wendepunkt in seinem Leben und zugleich ein Neuanfang. Er setzt seither all seine Kraft dafür ein, Querschnittslähmung heilbar zu machen und sucht Unterstützer. Mit dem Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz findet er den geeigneten Partner, um die Stiftung 'Wings For Life' ins Leben zu rufen, die sich der Rückenmarksforschung verschrieben hat.

'Kini' lässt nicht locker und bleibt am Ball: Zum Beispiel beim 'Wings for Life World Run', der seit 2014 jährlich im Mai zeitgleich in weltweit 33 Ländern unter dem Motto «Laufen für die, die nicht laufen können», ausgetragen wird. Sämtliche Einnahmen gehen an die Wings-for-Life-Stiftung und somit an die Rückenmarksforschung.

Heinz Kinigadner bleibt umtriebig und kümmert sich weiterhin um den Sport. So förderte er z.B. den jungen österreichischen MX2-Grand-Prix Fahrer René Hofer von Anfang an. Heinz Kinigadner, ein österreichischer Doppelweltmeister auf einem österreichischen Motorrad, der noch einiges vor hat. Müde wird 'Kini' indes nicht: Er ist im Paddock der Motocross-WM genauso zu Hause wie im Moto-GP, denn er unterstützte den Einstieg von KTM in die Moto-GP von Anfang an.

Im Namen aller Leser von SPEEDWEEK.com gratulieren wir Heinz Kinigadner zu seinem heutigen Geburtstag! Wir freuen uns auf viele weitere Jahre!

Das Leben von Heinz Kinigadner auf einen Blick:
Geboren am 28.1.1960
1974 - erstes Motocrossrennen
1980 - professioneller Einstieg in den Motocross-Sport
1982 - erster WM-Erfolg 250ccm
1983 - WM Rang 11 250ccm
1984 - Weltmeister 250ccm
1985 - Weltmeister 250ccm
1994 - Sieger der Pharaonen Rallye
1995 - Sieger der Rallye Paris-Moskau-Peking
1995 - Sieger der Dubai Rallye
1996 - Sieger der Dubai Rallye
1998 - Sieger der Dubai Rallye
2003 - Gründung der Stiftung 'Wings For Life'

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