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Talkessel: Wie er früher war und heute ist

Kolumne von Thoralf Abgarjan
Seit seiner Gründung hat es im Talkessel insgesamt 4 unterschiedliche Startanlagen gegeben. Vom Hang der Nationen aus kann nahezu die gesamte Strecke eingesehen werden.

Am kommenden Wochenende (11.-12. Juni) findet im legendären Talkessel von Teutschenthal der 11. Lauf der Motocross-WM statt. Die Strecke wurde 1966 aus der Taufe gehoben, inspiriert von den Erfolgen des ersten deutschen Weltmeisters Paul Friedrichs.

Von Anfang an war der Talkessel ein absoluter Zuschauermagnet, denn die Strecke war nicht nur äußerst spektakulär gestaltet, sondern vom Hang der Nationen aus fast vollständig einsehbar. Die Zuschauer konnten und können bis heute das Renngeschehen komplett verfolgen und sind gleichzeitig hautnah dabei.

Im Laufe der Jahrzehnte wurde der Talkessel immer wieder an die Erfordernisse der Reglements angepasst. Die Strecke gilt heute noch als «Old School», aber im positiven Sinne des Wortes, denn die Strecke ist modern und zeitgemäß ausgestattet mit Rhythmussektionen, Tables und allen Elementen, die es für eine moderne Strecke braucht.

Es gibt jedoch Streckenpassagen, die heute noch so sind wie am ersten Tag. Dazu gehört zum Beispiel der Bereich des «Todesberges» - die erste Auffahrt nach dem heutigen Start. Der Legende nach soll die martialische Bezeichnung «Todesberg» von Paul Friedrichs stammen, weil die Auffahrt extrem steil und hoch war (und heute noch ist). Für die damaligen Motorräder war diese Auffahrt eine echte Herausforderung und gefühlt ging es hier um Leben und Tod. Wer hier hängenblieb, hatte bei der Steilheit des Hangs ganz schlechte Karten. Zu Tode gekommen ist Gott sei Dank niemand, weder am Todesberg noch woanders im Talkessel. Die Sicherheit für Fahrer und Zuschauer war über die Jahrzehnte stets ein Thema, weshalb es auch immer wieder zahlreiche Umbauten der Strecke gegeben hat.

Wer die Rennen bis in die späten 1980er Jahre hinein verfolgt hat, kann sich ganz sicher noch an die alte und originale Startgerade erinnern. Die ursprüngliche Startanlage befand sich fast an der gleichen Stelle wie heute, nur dass es eine fast 300 Meter lange Startgerade gab. Die Fahrermeute beschleunigte bis zum höchsten Gang, bretterte mit Vollgas am Start-Ziel-Häuschen vorbei auf einen Sprunghügel zu. Ende der 1980er Jahre wäre so etwas in der WM aus Sicherheitsgründen nicht mehr zulässig gewesen. Zwar fanden zu DDR-Zeiten die internationalen Rennen auch unter dem Reglement der FIM statt, aber den Weltverband interessierte nicht wirklich, was hinter dem eisernen Vorhang passierte.

Trotzdem wurde die Problematik der viel zu langen Startgerade, die auf einen Sprunghügel zulief, Ende der 1980er Jahre ein drängendes Thema. Im Juni 1989, also noch vor der politischen Wende, wurde eine neue Startanlage mit nach hinten fallenden Einzelgattern errichtet – die erste moderne Gatter-Startanlage in der früheren DDR. Die Fahrer starteten von der Höhe des Start-Ziel-Häuschens in die entgegengesetzte Richtung (Süden) in eine Rechtskehre, die wiederum in den Kessel führte. Die Startgerade wurde damit erheblich verkürzt. Damals waren maximal 125 Meter zulässig.

Nach der politischen Wende 1989 wurde diese Startanlage zu einem wichtigen Feature für internationale Prädikatsrennen wie Europameisterschaften und Inter-DM-Läufe, die unmittelbar stattfinden konnten.

Der Talkessel war natürlich von Anfang an eng. Streckenbreite und Abstandsbestimmungen für die Zuschauer mussten umgesetzt und angepasst werden, weshalb das Layout und das ganze Gelände des Talkessels im Laufe der Jahre immer wieder verändert und entschärft wurde. Die Hänge waren früher viel steiler und höher, die Zuschauer konnten bis an die Strecke heran und die Durchschnittsgeschwindigkeiten der Fahrer waren sowieso viel zu hoch. Schon beim Ausmessen der Strecke gab man sich größte Mühe, die Strecke so kurz wie möglich auszumessen, denn jeder Meter zu viel bedeutete, dass die ermittelte Durchschnittsgeschwindigkeit noch höher wurde. Je kürzer bei gleicher Rundenzeit die Strecke ist, desto langsamer ist die ermittelte Durchschnittsgeschwindigkeit.

Der Talkessel blieb aber trotzdem für das Reglement zu schnell. Es gab gleich mehrere lange Geraden, die mit dem höchsten Gang Vollgas absolviert wurden. Neben der Startgeraden gab es hinter dem «Gebüsch» eine weitere lange Gerade. Nach der 4. Abfahrt gab es ebenfalls eine Gerade und eine Gegengerade. Die Rechtskehre dazwischen allerdings gibt es noch heute.

Zurück zur Startanlage: Dass der neue Start im Vergleich zu früher ziemlich abfiel, war offensichtlich. Während es beim ursprünglich Start, der nach Reglement zu gefährlich und deshalb unzulässig war, nur selten Unfälle gab, krachte es in der 180-Grad-Kehre nach dem neuen Start ständig. Dieser Start war nicht schön und zudem auch noch gefährlich. Der MSC Teutschenthal verlegte den Start Ende der 1990er Jahre in Richtung Osten an das südliche Ende des Fahrerlagers. Dieser Startbereich funktionierte viel besser, weil die Fahrer in eine sich allmählich verjüngende Rechtskurve einbogen, was für das Feld insgesamt viel sicherer war als die harte 180-Grad-Kehre des vorherigen Starts. Das war also bereits das dritte Startkonzept im Talkessel.

Im Jahre 2013 wurde für das Motocross der Nationen der Startbereich zum dritten Mal umgebaut. In gewisser Weise war das auch eine Rückkehr zu den Wurzeln, denn der heutige Startbereich befindet sich fast an der gleichen Stelle, an der sich auch die erste Startanlage befand. Der Unterschied zu damals: Heute geht es nicht Richtung Norden am Start-Ziel-Häuschen vorbei, sondern Richtung Nord-West in die langgezogene Linkskurve Richtung Todesberg. Zweifellos ist das – wenn man vom alten Start absieht, aber dieser steht bei geltendem Reglement nicht mehr zur Disposition – die mit Abstand beste Lösung. Der Start kann vom Hang der Nationen aus genau verfolgt werden. Mit der Auffahrt zum Todesberg ist die Startphase gleichzeitig spannend und spektakulär.

Auch wenn die Auf- und Abfahrten heute weniger steil sind als früher, hat sich der Talkessel seinen Charme über die Jahrzehnte seines Bestehens bewahrt. Doch das Wichtigste war und ist die einzigartige Stimmung durch die Fans. Wer also noch überlegt, am Wochenende in den Talkessel zu kommen: Dieser Weg hat sich immer gelohnt und wird sich auch und besonders in diesem Jahr lohnen! Es wird der einzige Stopp der Motocross-WM im gesamten deutschsprachigen Raum sein. Im letzten Jahr habe ich die Strecke einmal komplett umrundet und erkläre im Video, welche Streckenteile im Laufe der Jahre verändert wurden. Ich zeige, wie es früher war und wie es heute ist. Der Talkessel war, ist und bleibt eine der coolsten Strecken überhaupt.

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