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MXoN 2017: «America NOT first»

Kolumne von Thoralf Abgarjan
Team USA ist beim MXoN mit Platz 9 im Mittelfeld untergegangen, weil das Niveau in der WM in den letzten Jahren enorm gestiegen ist. Wer nicht am Motocross der Nationen teilnimmt, entwertet seine eigene Leistung.

Roger De Coster ist in letzter Zeit nicht zu beneiden, zumindest was seine Tätigkeit als US-Teamchef beim Motocross der Nationen betrifft. Während die US-Boys in den Jahren zwischen 2005 und 2011 eine Siegesserie von 7 Erfolgen hinlegten, die erst 2012 vom deutschen Team mit Ken Roczen, Max Nagl und Marcus Schiffer gestoppt wurde, klappt seither nichts mehr.

Konnten die Amerikaner im letzten Jahr in Maggiora noch mithalten und um den Sieg kämpfen, gingen sie heute im Schlamm von Winchester komplett unter.

Zu keinem Zeitpunkt war die US-Mannschaft konkurrenzfähig. Schon im freien Training war Cole Seely fast 5 Sekunden pro Runde langsamer als Tim Gajser. Nur US-Doppel-Champion Zach Osborne mischte von Anfang an in der MX2-Klasse an der Spitze mit, auch wenn MX2-Weltmeister Pauls Jonass nicht antrat und MX2-Vizeweltmeister Jeremy Seewer in der OPEN-Klasse startete.

Dabei war das Kalkül von de Coster klar: Osborne ist der momentan stärkste MX2-Pilot der USA. Die Probleme lagen glasklar in der MXGP-und OPEN-Klasse. Er setzte auf den erfahrenen WM-Piloten Thomas Covington und auf den besten verfügbaren 450er US-Piloten Cole Seely.

Dass Covington von vornherein ein Unsicherheitsfaktor war, musste er in Kauf nehmen: Der Amerikaner ist in der WM bisweilen sehr inkonsistent. Wie oft sahen wir von Covington allein in diesem Jahr einen Laufsieg und einen Totaleinbruch an einem Tag? Wie sich Covington in der hubraumstärkeren OPEN-Klasse behaupten würde, stand in den Sternen. Covingtons MX2-Kollege Jeremy Seewer hatte wenigstens in der ADAC-MX-Masters mit der 450er geübt und erste Rennerfahrungen gesammelt.

Als Jeffrey Herlings die US-Piloten bei seinem ersten US-Auftritt in Crawfordsville mit einem Doppelsieg demontierte, konnte man nur erahnen, wie stark beide Welten - AMA und WM - auseinandergedriftet sind. Beim US-WM-Lauf, eine Woche später in Jacksonville, wurde offensichtlich, wie schwer es auch ein US-Champion wie Eli Tomac in der WM hat, selbst auf heimischen Boden unter Anwendung der AMA-Regeln.

Tomac sagte das MXoN ab, weil er sich auf den Monster-Energy-Cup in Las Vegas am 14.Oktober vorbereiten will. Aber er wusste auch, worauf er sich einlässt, wenn er beim MXoN für Team USA startet.

Das MXoN ist und bleibt das härteste und bedeutendste Rennen der Welt.

Team USA ist heute mit Platz 9 im Mittelfeld der Finalisten untergegangen. Nicht nur sportlich war ihr Auftritt ein Tiefschlag. Das Team hat als Ganzes versagt. Bezeichnend für die US-Mannschaft war der doppelte Ausfall von Cole Seely. Wie man es schaffen kann, dass ein Fahrer in beiden Rennen mit dem gleichen Defekt - einem kollabierten hinteren Federbein - ausfällt, wird das große Rätsel einer ohnehin leidvollen Geschichte bleiben.

Hoffentlich werden durch den heutigen Tag einige AMA-Funktionäre wachgerüttelt. Team USA hat beim MXoN künftig nur noch dann eine Chance, wenn es mit ihren absoluten Top-Athleten in einem absoluten Top-Team antritt.

Wer sich dieser sportlichen Herausforderung nicht stellt, entwertet seine eigene Leistung, das sollte nicht nur den Funktionären, sondern auch den Sportlern selbst klar sein - Nicht-Amerikaner, die in den USA starten, eingeschlossen.

Der US-Sport ist im Motocross längst nicht mehr der Nabel der Welt. Selbst Australien hat heute die USA klar in den Schatten gestellt.

Aber ein Australier wie Hunter Lawrence ist eben auch in der WM gereift. Die Anfänge von Lawrence liegen übrigens bei Heiko Klepka, dem Vater von Ken Roczen, der das Talent von Lawrence frühzeitig erkannte und den jungen Australier auf seiner Hausstrecke in Mattstedt trainierte.

Wer von sich in Anspruch nimmt, der beste Motocrosser der Welt zu sein, für den ist die WM alternativlos. Die US-Nationals gehören zu den nationalen Meisterschaften - zweifellos auf herrlichen Naturstrecken, wie man sie anderswo kaum noch findet. Aber ihr sportliches Niveau ist derzeit nicht mehr auf WM-Level.

Es bleibt zu wünschen, dass sich die Amerikaner nicht auch hier wie in der Politik weiter isolieren und abschotten.

Nur wer bereit ist, sich mit den Besten der Welt zu messen, kann zu den Besten der Welt gehören.

Durch eine Nicht-Teilnahme am Motocross der Nationen würden die Amerikaner nur noch weiter in Rückstand geraten.

Im Sinne des Sports wollen wir künftig wieder schlagkräftigere und konkurrenzfähige US-Teams sehen, spannende Zweikämpfe, die es in der Form bei normalen WM-Läufen nicht gegeben hat und gibt!

Gern auch «America first», wenn die Leistungen stimmen oder gelegentlich auch «second», wenn es nicht so rund läuft.

Aber auf jeden Fall mit der ersten Wahl.

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