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Radikaler Umbruch bei Honda: Ten Kate vor dem Ende?

Kolumne von Ivo Schützbach
Seit 2004 ist Ten Kate Racing Hondas Aushängeschild in der Superbike-WM

Seit 2004 ist Ten Kate Racing Hondas Aushängeschild in der Superbike-WM

Seit Monaten kündigt sich an, dass sich Honda für die Superbike-WM 2019 neu aufstellt. Das niederländische Team Ten Kate droht nach 15 Jahren die Unterstützung durch Honda zu verlieren.

Seit 2004 ist Ten Kate Racing Hondas Aushängeschild in der Superbike-WM, 2007 gewannen sie mit James Toseland die Weltmeisterschaft. Bis 2014 wurden jedes Jahr Rennen gewonnen, aber selbst Rekordweltmeister Jonathan Rea kam vor seiner Kawasaki-Zeit mit der Honda nie über den dritten WM Rang hinaus.

2017 sollte mit der neuen Fireblade alles besser werden, die CBR1000RR SP2 erwies sich jedoch als Missgeburt. Im Oktober 2016 wurde sie von Honda auf der Intermot in Köln mit viel Tamtam vorgestellt, die vielen Verbesserungen an der Serienmaschine nützen im Rennsport aber kaum etwas: Räder, Bremsen, Federelemente, die Schwinge, der Tank und die Verkleidung werden ohnehin ausgetauscht.

Zu allem Übel erhielt Hondas Superbike-WM-Team, seit 2017 unter dem Namen Red Bull Honda unterwegs, die neuen Maschinen erst am 6. Januar 2017. Dass die folgende Saison ein Desaster wird, war abzusehen. Keine Top-5-Platzierung im ganzen Jahr, in der Konstrukteurswertung Letzter unter sieben Herstellern! Und das, obwohl mit Stefan Bradl und Nicky Hayden zwei ehemalige Weltmeister unter Vertrag standen.

Am 22. Mai 2017 verlor Hayden nach einem Rennradunfall hinter der Strecke in Misano sein Leben, für Bradl war die Saison nach einem Sturz in Portimao wegen einer komplizierten Handverletzung vorzeitig beendet. Honda rettete sich mit Ersatzfahrern über die Saison und kam auf keinen grünen Zweig. Alle Piloten bemängelten die Funktionsweise der Cosworth-Elektronik und die zu aggressive Leistungsentfaltung der Motoren, die von Ten Kate und Cosworth vorbereitet wurden.

Für die abgelaufene Saison stellte Honda auf die Elektronik von Marktführer Magneti-Marelli um und verpflichtete den soliden Leon Camier. Doch auch der Engländer, der in seinen drei Jahren bei MV Agusta für zahlreiche starke Ergebnisse sorgte, in neun WM-Jahren aber nie ein Rennen gewann, brachte die Honda nicht aufs Podest. Immerhin: In Thailand wurde er Vierter, seine Saison wurde durch zwei schwere Verletzungen massiv beeinflusst.

Stippvisite der Honda-Manager

Letztlich ist auch 2018 für Honda ein Jahr zum Vergessen, Camier und Teamkollege Jake Gagne beendeten die Weltmeisterschaft auf den blamablen Rängen 12 und 17. In der Hersteller-WM war Honda gegen Kawasaki, Ducati, Yamaha und Aprilia erneut chancenlos.

Seit 2017 schauen sich die japanischen Topmanager genauer an, wie in der Superbike-WM das Geld ausgegeben wird. Sie schickten letztes Jahr eine Abordnung nach Donington Park und dieses Jahr nach Assen und Portimao.

Je nach Engagement der anderen Sponsoren, bezahlte Honda Motor Europe (HME) die letzten Jahre bis zu 80 Prozent des 4-Millionen-Euro-Budgets des Superbike-Teams. Damit gibt Honda nicht so viel aus wie Kawasaki und Ducati, operiert aber auf dem Level von Yamaha.

Besonders ärgerlich für Honda: Sie verloren nicht nur die letzten vier Jahre das prestigeträchtige Acht-Stunden-Rennen in Suzuka gegen Erzrivale Yamaha, sie landeten auch in der Superbike-WM keinen Stich gegen den Hersteller mit den drei Stimmgabeln im Logo: Deren Werksfahrer Michael van der Mark und Alex Lowes schlossen die Weltmeisterschaft 2018 auf den Rängen 3 und 6 ab, beide gewannen Rennen.

Letzten Dienstag wurde bei einem Treffen der zuständigen japanischen Topmanager und der Entscheidungsträger von Honda Motor Europe in Amsterdam entschieden, wie es in der Superbike-WM ab 2019 weitergeht.

Seither herrscht eisiges Schweigen.

«Honda wird seine Pläne für die Superbike-WM 2019 am Dienstag, 6. November, auf der Motorrad-Messe EICMA offiziell bekanntgeben», ist zu erfahren.

Geheimhaltung unmöglich

Natürlich lassen sich so weitreichende Entscheidungen nicht komplett geheim halten, auch wenn allen Beteiligten bei HME, Ten Kate Racing und dem Team Althea ein Maulkorb verpasst wurde.

Erhält man auf konkrete Fragen keine Antworten, ist Schweigen für gewöhnlich mit Bestätigung gleichzusetzen.

Regelmäßige Besucher von SPEEDWEEK.com wissen seit dem 29. Oktober 2018 von den Plänen von Althea-Boss Genesio Bevilacqua, der nach drei Jahren als BMW-Kundenteam offizielles Honda-Werksteam in der Superbike-WM werden möchte.

Die Honda Racing Corporation (HRC), zuständig für die Werkseinsätze in MotoGP, der Japanischen Superbike-Meisterschaft, beim Suzuka Eight Hours, der Rallye Dakar, der Motocross-WM und in der US-MX- und SX-Meisterschaft, schickt sich an, nächste Saison reinrassige Werksrenner in SBK einzusetzen. Das geschah seit dem Titelgewinn von Colin Edwards 2002 nicht mehr.

Um der werksseitigen Rückkehr keinen allzu offiziellen Anstrich zu verleihen, soll das Moriwaki-Team vorgeschoben werden.

Althea soll sich um die Logistik kümmern, während des Saisonfinales in Katar arbeitete ein hochrangiger Moriwaki-Mitarbeiter drei Tage lang im abgetrennten hinteren Teil der Althea-Box, beobachtete alles genau und analysierte die Arbeitsabläufe.

«Mich verbindet eine lange und sehr gute Freundschaft mit der Moriwaki-Familie», erzählte Bevilacqua SPEEDWEEK.com. «Ich hörte von den Moriwaki-Plänen und habe natürlich Kontakt mit ihnen aufgenommen. Midori Moriwaki erzählte mir alles, sie braucht für dieses Projekt einen Logistikpartner. Wir reden über eine Zusammenarbeit. Honda braucht gute Resultate in der Superbike-WM. Wenn sie mit mehr Engagement als zuletzt kommen, bin ich für alles offen.»

Zweiter Spitzenfahrer ist nötig

Leon Camier hat mit Honda einen Vertrag für 2019. Als zweiten Fahrer möchten Moriwaki und Honda Japan Ryuichi Kiyonari im Team haben. Der 36-Jährige fährt seit 2004 überwiegend in der Britischen Superbike-Meisterschaft, welche er 2006, 2007 und 2010 gewann. 2008 und 2009 startete er Fulltime für Ten Kate Honda in der Superbike-WM und eroberte drei Siege sowie sechs Podestplätze.

Kiyonari spricht fließend Englisch und soll als Brücke zwischen Althea, Moriwaki und HRC dienen. Doch Experten sind sich einig: Er gehört längst nicht mehr zu den Spitzenfahrern, ebenso wenig wie sein japanischer Landsmann Takumi Takahashi.

Will Honda einen Schritt nach vorne machen, wird es nicht genügen mit Werksmaterial anzutreten. Dann brauchen sie einen zweiten Fahrer neben Camier, der mindestens auf dessen Niveau fährt. Mit Marco Melandri und Eugene Laverty sind zwei vielfache Laufsieger und ehemalige Vizeweltmeister verfügbar. Javier Fores hat sein Talent dieses Jahr ebenfalls unter Beweis gestellt, der Privatier fuhr fünfmal aufs Podium und wurde WM-Siebter.

Als dritten Fahrer möchte Althea-Chef Bevilacqua seinen Zögling Alessandro Delbianco in die Superbike-WM bringen, dieses Jahr wurde der 21-Jährige Siebter der Superstock-1000-EM.

Dass Honda Ten Kate komplett abserviert, ist schwer vorstellbar, handelt es sich doch um den größten Honda-Händler der Niederlande. Dem Vernehmen nach gibt es Pläne, dass sich Ten Kate zukünftig um die kleineren Klassen Supersport 600 und Supersport 300 kümmern soll.

In der Supersport-WM dominierte Ten Kate über viele Jahre und wurde mit Fabien Foret, Chris Vermeulen, Karl Muggeridge, Sébastien Charpentier, Andrew Pitt, Kenan Sofuoglu und Michael van der Mark insgesamt neunmal Weltmeister.

Honda möchte sich zukünftig auch in der Supersport-300-WM einbringen und arbeitet an der Homologation der CBR250RR. Bislang ist nur die klobige und nicht konkurrenzfähige CBR500R homologiert.

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