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Coronakrise hilft Leon Camier bei der Karriererettung

Von Ivo Schützbach
Leon Camier (Mitte): Jetzt hat er Zeit, um fit zu werden

Leon Camier (Mitte): Jetzt hat er Zeit, um fit zu werden

Seit März 2019 ist Leon Camier dauerverletzt. Der Engländer musste sein Comeback beim Auftakt der Superbike-WM 2020 in Australien abbrechen – jetzt hat er genügend Zeit, gesund zu werden.

Seit 2010 fährt Leon Camier fix in der Superbike-WM: Erst zwei Jahre für das Aprilia-Werksteam, dann zwei Jahre für Crescent Suzuki und 2014 als Ersatz bei BMW und MV Agusta, nachdem er seinen MotoGP-Platz bei Aspar verlor.

Von 2015 bis 2017 zeigte er auf der MV Agusta F4 erstaunliche Leistungen und wurde für 2018 und 2019 vom Honda-Werksteam verpflichtet. Doch damals war der größte Motorrad-Hersteller noch mit der altersschwachen CBR1000RR unterwegs, bevor für 2020 die Triple-R mit jeder Menge MotoGP-Genen kam.

Camier stand bei Honda für 2020 nie zur Debatte, den Vorzug bekamen Vizeweltmeister Alvaro Bautista und Leon Haslam. Er angelte sich daraufhin bei Barni Ducati eine der besten Privatmaschinen im Superbike-Feld, doch der Engländer ist vom Pech verfolgt.

Am 17. März 2019 stürzte der Thailänder Thitipong Warokorn in Buriram, der nachfolgende Camier hatte keine Chance auszuweichen, überfuhr ihn und zog sich selbst schwere Verletzungen im rechten Knie zu.

Kaum war der heute 33-Jährige wieder halbwegs fit, stürzte er am 11. Mai 2019 in Imola und zog sich drei Bänderverletzungen in der linken Schulter zu. Weil die Bänder nicht wie von den Ärzten vorhergesagt von alleine heilten, ließ er sich im Juli operieren und kehrte Ende September auf die Rennmaschine zurück.

Mitte November stürzte Camier beim Roll-out mit der Ducati Panigale V4R für sein neues Team Barni in Aragon und zog sich Frakturen in der linken Schulter und der linken Hand zu.

Beim Saisonstart in Australien war der Britische Meister von 2009 Ende Februar zwar dabei, gab aber am Samstagmorgen vor dem ersten Rennen auf.

«Meine Schulter ist nicht bereit», sagte Camier damals. «Ich habe versucht zu fahren und hoffte, dass ich es auf dem Motorrad hinbekomme – aber es geht nicht. Ich kann nicht so fahren, wie ich müsste. In vielen Kurven fehlt mir die Kraft für Richtungswechsel, deshalb fahre ich nicht ordentlich. Ich kann weder aus mir noch aus dem Motorrad das Meiste herausholen. Natürlich kann ich mit Schmerzen fahren, aber um in dieser Meisterschaft wettbewerbsfähig zu sein, musst du 100 Prozent geben.»

Im Normalfall wären auf den Saisonstart in Australien die Rennen in Katar und Jerez gefolgt. Doch dann Griff der Covid-19-Virus immer gnadenloser um sich. Seither infizieren sich täglich Zehntausende, es sterben Tausende Menschen und das gewohnte Leben in Europa kam vollkommen zum Erliegen.

SBK-Promoter Dorna hofft, dass die Weltmeisterschaft Ende Juli in Oschersleben weitergehen kann. Alle Rennen bis auf Katar, die bis dahin im Kalender gestanden wären, sollen ab August nachgeholt werden.

Der Ausnahmezustand nimmt Camier eine schwierige Entscheidung ab; jetzt hat er Zeit, seine vielen Verletzungen auszukurieren. Denn er weiß: Wenn er dieses Jahr auf der Barni-Ducati keine starken Leistungen zeigt, dann ist seine WM-Karriere wahrscheinlich vorbei. Aus diesen Gründen stieg er die letzten zwölf Monate trotz dreier schwerer Verletzungen wiederholt zu früh auf die Rennmaschine.

«Dass ich in Australien fuhr, hat meiner Genesung nicht geholfen», hielt Camier im Gespräch mit SPEEDWEEK.com fest. «Bereits während der Tests auf Phillip Island machte ich gesundheitlich einen Schritt zurück. Um in der Superbike-WM die letzte Sekunde zu finden, musst du körperlich alles geben und voll pushen. Du darfst dir keine Sorgen über deinen Körper machen, oder wie du mit der Situation klarkommst. Du musst auf dem Motorrad tun, was zu tun ist.»

«Außenstehende fragen sich, weshalb ich nicht zuhause blieb», ist dem Ducati-Piloten bewusst, der in seiner Karriere neunmal aufs Podium brauste. «Aber als Rennfahrer willst du Rennen fahren. Und ich will alles über dieses Motorrad lernen. Wann immer ich das Bike nicht fahre, lerne ich auch nichts. Auf die V4R sitzt du nicht einfach drauf und kommst sofort klar. Ich habe während der wenigen Runden in Australien einiges gelernt.»

Camier abschließend: «Das Beste für meinen Körper ist, nichts zu tun und mich auf die Genesung zu konzentrieren. Und erst wieder zu fahren, wenn ich fit bin. Motocross und Supermoto sind kein Problem, weil es dort nur an den Armen zieht. Aber auf dem Superbike entstehen beim Bremsen andere Belastungen, das ist, was mir in der Schulter wehtut.»

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