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Ducati-Manager Ciabatti erwartet eine veränderte Welt

Von Günther Wiesinger
Ducati-Sportdirektor Paolo Ciabatti

Ducati-Sportdirektor Paolo Ciabatti

Neun von 15 Superbike-WM-Teams kommen aus Italien. Solange die Grenzen gesperrt sind, ist an Motorsport nicht zu denken. Ducati-Sportdirektor Paolo Ciabatti rechnet mit bisher unvorstellbaren neuen Reisevorkehrungen.

Ducati-Sportdirektor Paolo Ciabatti war bereits in der ersten März-Woche klar, dass die Coronakrise keine vorübergehende Zeiterscheinung sein würde. Denn in Italien stieg die Anzahl der Infizierten innerhalb weniger Tage von 200 auf 3000. Bald darauf mussten in der Provinz Bergamo die Särge der Covid-19-Opfer nächtens mit Armee-Lastwagen abtransportiert werden. Ciabatti war bereits in der zweiten März-Hälfte bewusst, dass vor Juli nicht an einen Neustart der MotoGP- und Superbike-WM zu denken wäre.

«Wir werden monatelang mit Einschränkungen leben müssen. Das werden wir akzeptieren müssen. Es wird uns lange Zeit nicht erlaubt sein, in ein Flugzeug zu steigen. Es wird dazu bei der Einreise Quarantäne-Bestimmungen geben, es werden Abstandsregeln gelten. Vielleicht wird man ein Tracking-System vorschreiben, der Bewegungsspielraum wird eingeschränkt sein», war sich der Ducati-Rennmanager bewusst. «Man wird künftig vielleicht immer eine Gesundheitsbescheinigung dabei haben müssen, wenn man eine Reise antritt.»

Bis heute kann der italienische Regierungschef Giuseppe Conte keinen Termin für die Grenzöffnungen nennen. In vielen Provinzen gilt weiter Hausarrest bis 3. Mai, bereits seit mehr als vier Wochen. Jetzt wird am Plan für die Phase 2 gearbeitet. In Venetien und in Südtirol wurden die Ausgangssperren leicht gelockert. «Wir dürfen jetzt zum Beispiel wieder weiter als 200 Meter vom Haus weggehen, aber nur allein, und wir müssen drei Meter Abstand zu allen Passanten halten», erzählte SPEEDWEEK.com-Berichterstatterin Nora Lantschner aus Bozen.

«Ich kann mir vorstellen, dass die Reisebeschränkungen zuerst nur für berufliche Zwecke aufgehoben werden», meint Ciabatti. «Wie lange es dauern wird, bis die Menschen wieder zum Vergnügen und für den Urlaub reisen dürfen, das weiß ich nicht. Das kann noch niemand beurteilen. Es kommt ein völlig neues Szenario auf uns zu, auf das niemand vorbereitet war. Und keiner kann bisher vorhersagen, was in diesem Zusammenhang alles auf uns zukommt.»

Bislang hat WM-Promoter Dorna alle Superbike-Rennen bis Ende Juni abgesagt oder verschoben. Dass es Anfang Juli in Donington Park weitergehen kann, glauben aber nur die kühnsten Optimisten. Der Event in Oschersleben Anfang August wackelt ebenfalls, weil die deutsche Bundesregierung Großveranstaltungen bis Ende August 2020 untersagt. Ein Schlupfloch in der Verordnung ist, dass die Definition einer Großveranstaltung den einzelnen Bundesländern obliegt – Sachsen-Anhalt ist von der Covid-19-Seuche kaum betroffen.

Eine Voraussetzung will Ciabatti beim Neustart der WM unbedingt hergestellt wissen: «Die Gesundheit aller Beteiligten muss gewährleistet sein.»

Diese Ansicht teilt auch Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta. «Wir dürfen nicht riskieren, dass auch nur eine einzige Person durch uns infiziert wird», erklärte der Spanier gegenüber SPEEDWEEK.com.

«Die Dorna wird sich rechtzeitig einen Überblick verschaffen und dann die notwendigen Entscheidungen treffen», glaubt Ciabatti. «Irgendwann im Frühsommer wird sich hoffentlich abzeichnen, was gemacht werden kann und was nicht. Dann wird man auch sehen, welche Kategorien gefahren werden und auf welche man vorübergehend verzichten muss. Vielleicht kann man in manchen Serien die Meisterschaft mit einem einzelnen Rennen entscheiden. Es liegen alle Optionen auf dem Tisch. Aber momentan ist es unmöglich festzulegen, welche Lösungen 2020 noch machbar sein werden.»

Das Ducati-Werk ist seit Beginn des Lock-downs in Italien zugesperrt. Welche wirtschaftlichen Auswirkungen die Krise auf den Absatz haben wird, lässt sich nicht einschätzen.

In Italien könnte die Wirtschaftskraft 2020 bis zu 8 Prozent abschwächen. Der EU-Rettungsschirm soll die schmerzhaften Symptome mildern. Aber Deutschland steht gesünder da, die Regierung pumpt jetzt bis zu 1,2 Billionen Euro in die heimische Wirtschaft. Das sind 1200 Milliarden. In Zahlen: 1.200.000.000.000 Euro! Hier geht es um Wirtschaftshilfen, Kredite und Kurzarbeitunterstützung.

«Einige Länder sind in einer stärkeren Position, Deutschland gehört dazu», weiß Ciabatti. «Länder wie Italien und Spanien haben weniger finanzielle Ressourcen, die sie ins System einspeisen können.»

Kalender Superbike-WM 2020, Stand 17. April:

28.02.–01.03. Phillip Island/Australien
03.07.–05.07. Donington Park/Großbritannien
31.07.–02.08. Oschersleben/Deutschland
21.08.–23.08. Assen/Niederlande
28.08.–30.08. Aragon/Spanien
04.09.–06.09. Portimão/Portugal
18.09.–20.09. Cataluñya/Spanien
02.10.–04.10. Magny-Cours/Frankreich
09.10.–11.10. San Juan/Argentinien
23.10.–25.10. Jerez/Spanien
06.11.–08.11. Misano/Italien

Abgesagt: Imola/Italien

Ohne Termin: Losail/Katar

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