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Bridgepoint griff durch: Flamminis wurden entmachtet

Von Günther Wiesinger
Die Superbike-WM blickt auf eine bewegte Geschichte und hatte seit 1988 mehrere Eigentümer. Erfinder Steve McLaughlin erinnert sich an die Anfänge und prangert an, wie die Serie durch die Flammini-Brüder verändert wurde.

1988 gründete der Amerikaner Steve McLaughlin die Superbike-WM, als Partner hatte er sich damals die neuseeländische Firma Sports Marketing Company ins Boot geholt. Doch weil dieses Unternehmen 1987 an der Börse viele Millionen verloren hatte, wurden es zahlungsunfähig.

«Als die Situation im Lauf der Saison 1988 eskalierte, habe ich den Neuseeländern meine restlichen Anteile verkauft», erinnerte sich McLaughlin. «Sie wollten die WM weiterführen. Ich war draußen, das war okay für mich. Ich und Keith Jones von der Sports Marketing Company hatten die japanische Agentur Dentsu an Bord geholt. Sie sollten Sponsoren für unsere Werbeflächen finden. Sie verbündeten sich dann mit Flammini, der ihnen für 1 Millionen TV-Rechte verkaufte, die damals praktisch wertlos waren.»

Maurizio Flammini riss die Superbike-WM an sich und bemühte sich redlich um ein gutes Verhältnis zu den Bossen des Motorrad-Weltverbands FIM. 1993 geriet Flammini in die Schlagzeilen, als ihm der Verfasser dieser Zeilen nachwies, er habe den korrupten FIM-Funktionär Jo Zegwaard bestochen.

«Ich hatte einen Marketing-Plan – und einen technischen Plan», betont McLaughlin. Sein Konzept unterschied sich deutlich von der GP-Serie. Im ersten Jahr durften bereits 750-ccm-Vierzylinder gegen 1000-ccm-Twins fahren. Aber damals rechnete niemand damit, dass sich die biederen Ducati-Zweizylinder irgendwann als übermächtiger Gegner für die japanischen Fours darstellen würden. «Die 1000er von Ducati und Harley waren nutzlos», blendet der Amerikaner zurück.

Die Idee war immer, die Superbikes deutlich langsamer als die GP-Maschinen zu halten. Aber dieses Konzept wurde immer stärker verfremdet. Immer wieder tauchten mit der Zeit verkappte Prototypen auf, wie die Bimota-V2-Suzuki, die Petronas-Dreizylinder oder die Aprilia RSV4.

Flammini hat später seine SBK-Anteile mehrfach verkauft. Zuerst an Tommy Suharto, den Sohn des ehemaligen indonesischen Präsidenten, später an Octagon und dann an Infront. Im Oktober 2012 übernahm der heutige Promoter Dorna die Anteile und SBK-Rechte von Infront Motor Sports und bezahlte Flammini seine 7,5 Prozent Anteile aus. Seither wurden die Flamminis im SBK-Paddock nicht mehr gesehen.

McLaughlin: «Wenn es in diesem Sport nur darum gehen würde Geld abzuschöpfen, müsste ich sagen, Flammini hat einen großartigen Job geleistet. Eine gewisse Geschäftstüchtigkeit kann man ihm nicht absprechen. Aber bei mir stand das Geldverdienen nie im Vordergrund. Ich wollte einfach eine zweite weltweite Plattform neben dem GP-Sport gründen. In Amerika haben wir IndyCar und NASCAR. Sie tun einander nicht weh; so etwas habe ich mir im Motorradsport vorgestellt. Schade ist nur, dass die Grand-Prix-Maschinen heute genauso aussehen wie die Superbikes. Anfangs war das ganz anders. Die GP-Motorräder waren noch 500-ccm-Zweitakter...» Und die Superbikes hatten in der Urzeit anfangs nicht einmal eine Verkleidung.

Seit die Investmentfirma Bridgepoint im Frühjahr 2011 (fünf Jahre nachdem sie Großaktionär der Dorna geworden war) auch die Rechte an der Superbike-WM gekauft hat, war es nur eine Frage der Zeit, bis das Management beider Rennserien bei der Dorna in eine Hand gelegt würde – im Herbst 2012 war es soweit.

Eines hatten die Bridgepoint-Manager rasch erkannt: Die Superbike-WM muss profitabler werden. Bis dahin hatten Maurizio und Paolo Flammini mit ihrem sinnlosen Stellungskrieg gegen die MotoGP-WM und die Dorna die Interessen ihrer Eigentümer torpediert. So wurden die Gebühren für die Austragungsrechte der Superbike-WM oft regelrecht verschleudert, nur um der Dorna eins auszuwischen. Das war im höchsten Masse geschäftsschädigend, vor allem seit beide Serien unter dem Einfluss von Bridgepoint standen.

Aus Indien ist zum Beispiel durchgesickert, dass Flammini für einen WM-Lauf 2013 eine Gebühr von 1 Million Euro verlangte, die Dorna forderte 5 Millionen. Solche SBK-Dumpingpreise gehören seit Herbst 2012 der Vergangenheit an. Seit damals verhandeln Ezpeleta und sein SBK-Manager Gregorio Lavilla mit den Veranstaltern für beide Serien. Auch die Teams, Sponsoren, Reifenhersteller, TV-Sender, Werke und die FIM sitzen nur noch einem Ansprechpartner gegenüber.

Das Kürzel SBK ist ein weiterer Fauxpas der Flammini Group. Es kommt aus dem Niederländischen und steht für Super Bike Kampioenschap, das heißt Super Bike Meisterschaft. Der Begriff World kommt gar nicht vor. Das ist ein Überbleibsel aus der Ära des niederländischen FIM-Funktionärs Jo Zegwaard.

Seit die Dorna am Ruder ist, wurde die Superbike-WM auf ihre ursprüngliche Daseinsberechtigung zurückgeführt und versucht, das Reglement in mehreren Schritten seriennaher zu gestalten.

Die SBK soll die Tourenwagen-WM des Zweiradsports darstellen, die MotoGP das Gegenstück zur Formel 1.

Ironie am Rande: Weil Serienmaschinen wie die Ducati Panigale V4R oder die Honda CBR1000RR-R Fireblade SP über reichlich MotoGP-Gene verfügen, haben sich SBK und MotoGP technisch immer weiter angenähert.

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