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Jan Witteveen: SBK technisch interessanter als MotoGP

Von Günther Wiesinger
Unter Jan Witteveen als Renndirektor blühte Aprilia zu einer Macht im GP-Sport auf, später engagierte sich der Niederländer in der Superbike-WM. Was er heute über die beiden Weltmeisterschaften denkt.

Jan Witteveen, Aprilia-Renndirektor von 1989 bis 2005, beobachtet bei seinen heutigen Besuchen im GP-Fahrerlager einen Wandel. «Die MotoGP-Klassen sind zu einer Fahrer-Weltmeisterschaft geworden», meint der Niederländer. «Früher haben die Werke die WM in erster Linie bestritten, um im Rennsport neue Technologien zu entwickeln. Zu meiner Zeit konnte man technisch und motorisch so starke Unterschiede zur Konkurrenz herstellen, dass das Motorrad überlegen war. Das Ziel musste sein, ein deutlich besseres Rennmotorrad als die Gegner auf die Piste zu bringen. Das ist heute nicht mehr möglich.»

Witteveen entschied sich deshalb immer für technische Konzepte, die sich von denen der Japaner unterschieden. Er baute Zweitakter mit Drehschieber-Motoren, als die Japaner 250er-Motoren mit Membran-Einlässen einsetzten. Er brachte in der 500er-WM einen Twin mit anfangs 410 ccm gegen die Vierzylinder von Honda, Yamaha und Suzuki. Er vertraute in der MotoGP-WM von 2002 bis 2004 als einziger Hersteller auf ein 990-ccm-Dreizylinder-Konzept und trat in der Superbike-WM anfangs jahrelang mit einem 1000-ccm-Twin (1998 bis 2002) an.

«Wenn du gegen die Japaner kämpfst und sie nur kopierst, kannst du im besten Fall gleich stark sein, aber sie nie besiegen», lautete die Doktrin von Jan Witteveen. Er rüstete in der 125er und 250er-WM zeitweise jeweils bis zu 18 Fahrer aus, und dank der Überlegenheit seiner Fahrzeuge konnte er Stars wie Biaggi, Capirossi, Harada und Rossi verpflichten und in beiden Klassen einen Titel nach dem anderen gewinnen.

Vor seiner Aprilia-Ära hatte Witteveen bei Cagiva und Gilera gearbeitet und beispielsweise die aufsehenerregende 125-ccm-Zweizylinder-Cross-Maschine für Michele Rinaldi (2. WM-Rang 1980) entwickelt.

«Als Techniker gefällt mir momentan die Superbike-WM besser», beteuert Witteveen. «Denn dort werden momentan technische Lösungen verwendet, die im GP-Sport verboten sind. Ducati fährt in der Superbike-WM mit Verkleidungen, die in der MotoGP verboten wären. Auch bei den Motoren sieht man in der SBK viel Innovation; sie haben zum Beispiel ein variables Timing bei den Einlasskanälen. Die Superbikes müssen damit experimentieren, um die Abgasqualität zu verbessern und den Verbrauch zu senken. Auch die Lärmvorschriften in der EU werden für die Straßenmotorräder immer strenger… Deshalb ist die technische Entwicklung der Produkte, die im Verkauf angeboten werden, immer wichtiger. Dieser Aspekt fehlt in MotoGP komplett.»

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