Marc Marquez: «Das Ende des Albtraums»

Jonathan Rea zu Strafen: «Fahren wir noch Rennen?»

Von Ivo Schützbach
Johnny Rea: «Fahren wir Rennen oder nicht?»

Johnny Rea: «Fahren wir Rennen oder nicht?»

Seit ein paar Jahren gibt es in den Rennen der drei MotoGP- und SBK-Klassen zunehmend Strafen. Die Grenze des Erträglichen ist erreicht, findet auch Superbike-Rekordweltmeister Jonathan Rea.

Dass heutzutage jeder Zentimeter der Rennstrecke und jede Sekunde eines Wochenendes gefilmt wird und Onboard-Aufnahmen immer mehr werden, sorgt einerseits für nie dagewesene Unterhaltung und Mittendrin-statt-nur-dabei-Gefühl, aber der Segen ist zugleich ein Fluch.

Denn nach beinahe jedem Rennen wird das Ergebnis korrigiert, weil das «FIM Stewards Panel» nachträglich Strafen verteilt – den Offiziellen entgeht dank der sehr vielen Bewegtbilder kaum noch etwas. Auch während der Rennaction greifen die Regelhüter immer wieder ein, indem sie Long-lap-Penaltys aussprechen oder Fahrer dazu auffordern, sich eine Position zurückfallen zu lassen.

Das alles soll der Fairness dienen, die Entscheidungen der Stewards sind auch in den überwiegenden Fällen richtig. Aber immer, wenn es um «harte Manöver» oder «Rennunfälle» geht, wandeln die Funktionäre auf einem sehr schmalen Grat.

Viele Fans, Fahrer und Teams sind inzwischen genervt von den ständigen Maßregelungen. Es würde auch genügen, nur schwere Verstöße zu sanktionieren, meinen sie.

Nach dem Jerez-GP trafen wir keinen MotoGP-Fahrer, der sich nach den Bestrafungen von Morbidelli, Quartararo und Bagnaia nicht lauthals über die Willkür und das Gutdünken bei der Rechtsprechung des «FIM MotoGP Stewards Panels» ärgerte.

In den zwei kleinen GP-Klassen sowie der Supersport-300-WM kam es in den letzten Jahren zu einer Inflation von Penaltys, vor allem wegen Überschreitens der Fahrbahnbegrenzungen (track limits) und gefährlicher Fahrweise.

«Nachdem es jahrelang nur die Moto3 betroffen hat, ist jetzt auch die MotoGP-Klasse dran. Aber Moto3 hat ja kein Gehör gefunden», empört sich der fünffache GP-Sieger Peter Öttl, Vater von Superbike-WM-Pilot Philipp und Besitzer des Liqui Moly Husqvarna Moto3 Factory Teams. «Die Stewards haben mit ihren Entscheidungen schon einige GP-Wochenenden zerstört. Sie sind sich ihrer Verantwortung nicht bewusst und ahnen nicht, was sie mit ihren Fehlentscheidungen anrichten. Jahrelang mussten wir und unsere Fahrer antreten und uns von ihnen belehren lassen. Eigentlich sollten wir Teammanager die Stewards antreten lassen und ihnen sagen, welche Fehlentscheidungen sie in den letzten Jahren getroffen haben, womit sie die Rennergebnisse beeinflusst haben. Solche Urteile können Weltmeisterschaften beeinflussen, aber sie lassen nicht mit sich reden. Du kannst argumentieren, wie du willst, das interessiert die überhaupt nicht. Das ist einfach nicht in Ordnung. Wenn in der Moto3 so etwas passiert, kannst du dich aufregen, wie du willst, das interessiert keinen. Jetzt trifft es die MotoGP ähnlich. Ich kann nur entgegnen: Solche unhaltbaren Zustände haben wir in der Moto3 schon seit Jahren! Jetzt finden sie in der MotoGP mehr Gehör.»

Da die Dorna das sportliche Reglement der Superbike-WM und ihrer Unterklassen in den vergangenen Jahren immer mehr an die MotoGP angepasst hat, haben die seriennahen Weltmeisterschaften heute die gleichen Probleme.

Barni-Ducati-Pilot Danilo Petrucci war bereits während des zweiten Saison-Events in Indonesien der Kragen geplatzt. Auch ihm ist aufgefallen, dass beim Aussprechen der Strafen öfters Ungleichbehandlung herrscht. Erschwerend kommt hinzu, dass im «FIM WSBK Stewards Panel» nicht ein ehemaliger Weltklasserennfahrer sitzt, der die Vorkommnisse auf der Rennstrecke entsprechend einordnen könnte.

Nun meldete sich auch Rekordweltmeister Jonathan Rea zu Wort. «Rennsport lässt sich nicht von einem Büro aus kontrollieren», betont der Kawasaki-Star. «Du musst hart und clever fahren, oft ist schwer zu sagen, ob die Stewards richtig oder falsch geurteilt haben. Die Organisatoren unserer Weltmeisterschaft benützen Schlagworte wie ‚Aufregung‘ und ‚Adrenalin‘ und ‚Action‘ und verkaufen das. Aber wenn diese Dinge passieren, dann sagen sie nein, nein, nein. Jemand aus ihrer Marketingabteilung muss klären, ob wir Rennen fahren oder nicht. Klar ist aber auch, dass ein anderer nicht stürzen sollte, wenn du ihn überholst. Was wir zwischen Bassani und Rinaldi in Barcelona gesehen haben, ist etwas, dass wir den 300er-Kids beibringen sollten, dass sie ruhig bleiben müssen.»

Superbike-WM 2023: Stand nach 12 von 36 Rennen
Pos Fahrer Motorrad Punkte
1. Alvaro Bautista (E) Ducati 236
2. Toprak Razgatlioglu (TR) Yamaha 167
3. Andrea Locatelli (I) Yamaha 133
4. Jonathan Rea (GB) Kawasaki 100
5. Axel Bassani (I) Ducati 91
6. Dominique Aegerter (CH) Yamaha 73
7. Michael Rinaldi (I) Ducati 72
8. Xavier Vierge (E) Honda 68
9. Alex Lowes (GB) Kawasaki 62
10. Iker Lecuona (E) Honda 56
11. Danilo Petrucci (I) Ducati 55
12. Remy Gardner (AUS) Yamaha 46
13. Garrett Gerloff (USA) BMW 39
14. Philipp Öttl (D) Ducati 37
15. Scott Redding (GB) BMW 34
16. Michael vd Mark (NL) BMW 19
17. Loris Baz (F) BMW 9
18. Lorenzo Baldassarri (I) Yamaha 6
19. Hafizh Syahrin (MAL) Honda 6
20. Bradley Ray (GB) Yamaha 5
21. Tom Sykes (GB) Kawasaki 1
22. Ivo Lopes (PT) BMW 1

Diesen Artikel teilen auf...

Mehr über...

Siehe auch

Kommentare

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu schreiben.

Dr. Helmut Marko: «So ist Max Verstappen unschlagbar»

Dr. Helmut Marko
​Exklusiv auf SPEEDWEEK.com: Dr. Helmut Marko, Motorsport-Berater von Red Bull, analysiert den jüngsten Grand Prix. Max Verstappen mit Saisonsieg No. 4, auf dem Weg zur erfolgreichen Titelverteidigung.
» weiterlesen
 

TV-Programm

  • Mo.. 29.04., 00:00, Motorvision TV
    FIM Sidecarcross World Championship
  • Mo.. 29.04., 00:55, Motorvision TV
    Australian Motocross Championship
  • Mo.. 29.04., 02:15, Motorvision TV
    Top Speed Classic
  • Mo.. 29.04., 03:55, SPORT1+
    Motorsport: FIA-Langstrecken-WM
  • Mo.. 29.04., 04:00, Motorvision TV
    Classic
  • Mo.. 29.04., 04:45, Motorvision TV
    Bike World
  • Mo.. 29.04., 07:50, Motorvision TV
    Rallye: World Rally-Raid Championship
  • Mo.. 29.04., 09:15, Motorvision TV
    Top Speed Classic
  • Mo.. 29.04., 10:15, Hamburg 1
    car port
  • Mo.. 29.04., 11:05, Motorvision TV
    Classic
» zum TV-Programm
5