Superbike-WM: Konkurrenz verdächtigte BMW

Konkurrenz verdächtigte BMW – FIM sorgt für Klarheit

Von Ivo Schützbach
Nach dem SBK-Event in Most machten Gegner so viel Stimmung gegen BMW, dass nach dem Dreifachsieg von Toprak Razgatlioglu in Misano dessen Rahmen zur Kontrolle vom Weltverband FIM mitgenommen wurde.

Nach dem überragenden Titelgewinn von Toprak Razgatlioglu im Vorjahr wurde über den Winter das Reglement geändert. BMW hatte wegen anhaltender Erfolglosigkeit nach der Saison 2023 die Erlaubnis erhalten Super-Concession-Parts einzusetzen; das sind Veränderungen am Chassis, die laut normalem Reglement verboten sind.

Dann kam im Januar 2025 ein neuer Paragraf ins Regelbuch, dass sämtliche Super-Concessions im Fall des Titelgewinns aberkannt werden. Die beiden BMW-Piloten Razgatlioglu und Michael van der Mark müssen in diesem Jahr also wieder mit dem 2023er-Chassis fahren.

Für den Niederländer war das ein gewaltiger Rückschlag, er kam in dieser Saison noch nicht über Position 5 hinaus und liegt vor den Rennen in Donington Park auf dem niederschmetternden 14. WM-Rang.

Razgatlioglu mit seinen außergewöhnlichen Fähigkeiten konnte sich an die neuen Gegebenheiten besser anpassen. Dem Türken fehlen vor den Rennen in England lediglich neun Punkte zum WM-Führenden Nicolo Bulega aus dem Ducati-Werksteam. In den ersten 18 Rennen stand Toprak 14 Mal auf dem Podium, neunmal als Sieger.

Angesichts dieser Leistungen entstanden Spekulationen im Fahrerlager, dass BMW doch den inzwischen verbotenen Super-Concession-Rahmen einsetzt. Nach den Rennen in Most wurde Razgatlioglus Rahmen von den Technikern des Motorrad-Weltverbands FIM markiert und nach dem Dreifachsieg in Misano zur genauen Untersuchung mitgenommen.

Wenige Tage vor dem Donington-Event kam die Mitteilung der FIM an BMW: Alles legal!

Diese Tatsache teilte die FIM auch der Herstellervereinigung MSMA mit.

SPEEDWEEK.com traf sich mit BMW Motorrad Motorsport Technikchef Chris Gonschor zum Exklusiv-Interview.

«Motoren haben wir jedes Jahr mindestens einen, den wir öffnen und zerlegen, um die Konformität zu bestätigen», erzählte der gebürtige Bochumer. «Ein Rahmen wurde in der Zeit, seit ich verantwortlich bin, zum ersten Mal kontrolliert. Grundsätzlich sollte das Fahrerlager regelmäßig kontrolliert werden, damit die Einhaltung der Regeln gewährleistet ist. Hier sind wir uns einig mit der FIM und arbeiten intensiv zusammen. Wegen der Tatsache, dass wir auf der Rahmenseite viele Diskussionen im letzten Jahr hatten, in der Übergangsphase zu diesem Jahr, mit dem Wechsel hin zum Serienrahmen, hat es mich etwas überrascht, dass wir nach der Hälfte der Saison unseren Serienrahmen zur Kontrolle hergeben durften, nach dem Triple in Misano. Diesen Kontrollschritt hätte ich eher in den vergangenen ein oder zwei Jahren erwartet, wo wir über die Concession-Regel Freiheitsgrade hatten.»

«Wir haben nach der Regeländerung im Januar sehr intensiv gearbeitet, haben das Bike über die Rennwochenenden Stück für Stück besser kennengelernt, mehr Daten und Erfahrungen gesammelt und die Fahrer haben sich adaptiert», hielt Gonschor fest. «Der Rahmen, der zur Kontrolle hergezogen wurde, hat neun Rennsiege eingefahren: Drei in Portimao, drei in Misano, zwei in Most und einen in Assen – das ist eine Erfolgsgeschichte. Die harte Arbeit hat sich ausbezahlt, um das Paket 2025 siegfähig zu machen. Die Tatsache, dass es Gerüchte oder Diskussionen im Fahrerlager gibt, irritiert natürlich und trifft nicht ganz den Ansatz, den das Team wählt. Es gibt Vollgas, um seit dem 1. Januar 2025 erfolgreich um die Titelverteidigung zu kämpfen. Jeder hat sich Tag und Nacht den Hintern aufgerissen, man sieht ja auch die Fortschritte, die wir im Bike haben. Dass es den Gedankengang geben kann, dass der Fortschritt nicht an der Arbeit oder an den Komponenten liegt, ist natürlich irritierend.»

Die FIM hat technisch enorm aufgerüstet und im niedrigen sechsstelligen Euro-Bereich investiert, um einen Rahmen mit modernsten Methoden vermessen zu können.

«Früher war es ab und an so, dass Geometriemessungen gemacht wurden. Wenn sie Steifigkeiten, Wandstärken oder Dicken kontrollieren wollten, musste man zerstörend prüfen, sprich den Rahmen zersägen», erklärte der BMW-Technikchef. «Das ist jetzt nicht mehr der Fall. Sie können über einen klassischen 3D-Messarm die komplette Außenhaut tasten und über Ultraschallmessgeräte die Wandstärke als 3D-Modell darstellen, sodass sie eine 1:1-Kopie von dem Realbauteil virtuell erzeugen und das gegenüber einem Referenzbauteil abgleichen können. Und das Teil anschließend zerstörungsfrei an das Team zurückliefern.»

Der Verdacht liegt nahe, dass die FIM nicht zufällig auf die Idee kam, ausgerechnet den BMW-Rahmen als ersten genau zu prüfen.

Seitens der Bayerischen Motoren Werke herrscht jetzt die Erwartungshaltung, dass die FIM in den verbleibenden sechs Events dieser Saison auch die anderen fünf Hersteller in dieser Klasse überprüft.

«Regeln zu überprüfen, gehört zu jedem Veranstalter und Organisator, der entsprechend der technischen Kontrolle die Obhut hat», betonte Gonschor. «Dass das Kontrollieren zum Beispiel von Fahrwerkskomponenten jetzt flächendeckend im Fahrerlager intensiviert wird, aufgrund der Tatsache, dass sich die Messtechnologie verbessert hat und man jetzt jederzeit Nachmessungen durchführen kann, befürworten wir ausdrücklich. Eine anschließend offizielle Information an alle Hersteller über das Ergebnis fördert die Transparenz und stärkt den sportlichen Wettbewerb.»

Der Westfale war nicht amüsiert, wie die gesamte Angelegenheit durch Spekulationen der Mitbewerber entstanden ist. «Für einen Verdacht bedarf es eines Verdachtsfalls», unterstrich Gonschor. «Den Verdachtsfall muss ich erkennen, verstehen und dokumentieren, das gebührt sich so. Rein auf Verdacht sollte man nicht agieren, gerade bei so sensitiven Themen. Wenn man ein eindeutiges Indiz hat, dann kann man sich selbst die Frage stellen, ob es einen technischen Ansatz gibt, dieses Indiz in ein regelkonformes Lösungskonstrukt umzubauen. Wenn ich darauf keine Antwort finde, kann ich natürlich die FIM um Klärung und Darlegung der Sachlage bitten. Aber dafür muss ich als Techniker eine gewisse Beweisführung haben. Was unser Bike betrifft, kann ich nicht sagen, wie ein Verdachtsfall entstehen konnte, wenn ein 100 Prozent regelkonformer Rahmen im Fahrzeug verbaut ist. Ich weiß nicht, auf welcher Grundlage die Diskussionen mit der FIM geführt wurden.»


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