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Nachruf: Colin Seeley bleibt unvergessen

Von Günther Wiesinger
Vor wenigen Tagen verlor die Motorradwelt den legendären Colin Seeley (84). Der Engländer war weit mehr als nur ein erfolgreicher Seitenwagen-Rennfahrer.

Der britische Motorradrennsport trauert um eine einzigartige Persönlichkeit. Colin Seeley ist am 7. Januar kurz nach seinem 84. Geburtstag gestorben. «Colin hat unsere Renngeschichte umgeschrieben», erinnert sich Ex-GP-Pilot Alex George. «Er hat die G50 gebaut und nachher die unschlagbaren 350-ccm-Yamsels. Colin war ein wahrhaftig eindrucksvoller und bescheidener Mensch. Er hat bei der Technologie der Motorrad-Rahmenherstellung neue Grenzen geschaffen und neue höchste Standards gesetzt. Der Name SEELEY lebt im Rennsport auf der ganzen Welt fort. Viele von uns wurden von ihm beraten und geführt. Der kleine Colin war ein Gigant von einem Mann, der sich nie ein Blatt vor den Mund nahm. Danke für alles. Wir werden dich vermissen.»

Colin Jordan Seeley wurde am 2. Januar 1936 in Crayford (Kent, England) geboren. Er arbeitete als Motorradhändler und wurde dann ein erfolgreicher Seitenwagen-Rennfahrer, Motorrad-Designer, Konstrukteur und Hersteller von Zubehör. 1992 trat er noch einmal international in Erscheinung, als er das Norton Racing Team mit den Wankelmotoren leitete.

Seeley verließ die Schule mit 14 Jahren und fuhr mit 16 Jahren bereits die Vincent Rapide seines Vaters Percy. Dann begann er eine Mechanikerlehre bei Harcourt Motorcycles, zu dieser Zeit lernte er bereits Bernie Ecclestone kennen.

Als Mechaniker reparierte Seeley später Motorräder aller Marken in verschiedenen Shops. Bald kümmerte er sich auch privat in einer eigenen Werkstätte in einem Schuppen des Elternhauses um die Instandsetzung von Motorrädern. In seinem Schlafzimmer stapelte er die Ersatzteile.

1954 plante Colin Seeley sein eigenes Motorradgeschäft in Belvedere in der Grafschaft Kent. Seeley fuhr inzwischen eine  Matchless V-Twin mit einem riesigen Seitenwagen, um die Motorräder transportieren und ausliefern zu können.

1956 gründete er mit Vater Percy die C.J. Seeles Sales Ltd. Alle erdenklichen Marken wie Zündapp, NSU und Moto Rumi wurden repariert, später auch AJS, Ariel, BMW, Francis-Barnett, Greeves und Matchless. Auf Wunsch baute er bei den Solomaschinen auch Seitenwagen an.

1954 begann die Rennfahrer-Karriere

Colin Seeley bestritt sein erstes Motorradrennen 1954 in Brands Hatch mit einer Solomaschine – einer 500-ccm-BSA Star Twin. Aber die viele Arbeit hinderte ihn an weiteren Renneinsätzen. Erst 1957 wurde der leidenschaftliche Motorradfreak wieder aktiv – bei einem Enduro-Wettbewerb mit einem umgebauten Triumph Twin. Auch Grasbahnrennen, Bergrennen und der Ramsgate Sprint wurden mit diesem Fahrzeug bestritten.

1958 wurde Seeley offizieller AJS-Händler. Er kaufte eine ehemalige 500-ccm-Werks-Enduro-Maschine dieser Marke. Aber sie behagte ihm nicht, deshalb wandte sich Seeley an das Greeves-Werk und bekam dort Werksunterstützung für Enduro-Wettbewerbe in den Jahren 1958 und 1959.

1960 kauften Seeley und sein Freund Wally Rawlings das erste Renngespann. Es handelte sich um ein Ex-Eric-Oliver-Gespann auf Manx Norton-Basis. Im April 1960 nahm er am ersten Rennen teil, dann noch in Charterhall in Schottland. Am Jahresende 1960 agierte Seeley als Fahrer-Agent, und er überredete das AMC-Werk, ihm eine neue Matchless G50-Solomaschine zu verkaufen. Seeley machte ein Gespann daraus, nahm 1961 beim Grand Prix auf der Insel Man teil – und eroberte Rang 6.

Von 1961 bis 1967 nahm Seeley an Gespannrennen in Großbritannien teil, immer wieder auch an WM-Läufen. Er vertraute auf seine Eigenbau-Matchless G50-Maschinen für die 500-ccm-WM-Klasse. In der Britischen Meisterschaft existierte kein 500-ccm-Hubraumlimit, deshalb setzte er die Matchless 650 G12 CSR ein, später trat er mit Norton-650-Dominator-Motoren an, die vom prominenten Tuner Paul Dunstall betreut wurden. In der Gespann-WM mit 500 ccm galten aber in erster Linie die BMW RS54 Rennsport-Maschinen als zuverlässig und konkurrenzfähig.

Seeley baute deswegen einen BMW-Boxer in ein flaches Outfit mit der Bezeichnung FCS-BMW ein. Das Kürzel stand für Fath-Camathias Special. Seeley gewann damit 1964 die Dutch-TT in Assen. Zweite WM-Plätze räumte er 1964 auf der Insel Man und 1966 in Clermont-Ferrand ab.

Nach dem Rücktritt: Viele Pläne, viele Projekte

Nach dem Rücktritt vom Sport konzentrierte sich Colin Seeley als Designer und Konstrukteur auf den Bau von Seeley-Chassis, die zuerst von AJS und Matchless-Motoren angetrieben wurden.

Den Durchbruch schaffte Seeley mit dem Matchless G50-Einzylinder-Dampfhammer (500 ccm), er verwendete im Frühjahr 1966 bereits Reynolds-531-Rohre. Sein Rahmen war 4 kg leichter als der Serienrahmen.

In der Serienfertigung lieferte Seeley auch die Schwingen selbst; er bot den Kunden Getriebe mit vier, fünf und sechs Gängen an.
Derek Minter (er fuhr normal die Manx Norton) zeigte sich von der Seeley-Matchless begeistert.

Als das Motorradwerk AMC 1963 wegen Geldproblemen zusperrte, gab es mit Ausnahme von Aermacchi keine käuflichen Rennmaschinen mit 350 oder 500 ccm. Deshalb kaufte Seeley im Herbst 1966 alle Werkzeuge und Teile von AMC zusammen, die für die Erzeugung von deren Fabrikaten AJS, Matchless und Norton gebraucht wurden.

So machte er die AJS 7R und die Matchless G50 wieder für Rennfahrer auf der ganzen Welt verfügbar.

Im Juli 1966 begann die Produktion. Der Schweizer Rennfahrer Ernst Weiss kaufte die erste 500-ccm-G50. Auch eine 350-ccm-AJS 7R-Version wurde angeboten. Der Österreicher Michael Schafleitner steuerte ein Sechs-Gang-Getriebe bei.

Seeley baute mit der Zeit immer mehr unterschiedliche Rahmen für andere Motoren. 1967 wurde die URS 500-Vierzylinder in der WM von John Blanchard gefahren.

1968 entwickelte Seeley auch Rahmen für die 250-ccm-QUB-Zweizylinder-Zweitakter, die von Dr. Gordon Blair von der Queen’s University in Belfast gebaut wurden. Es folgten sogar QUB-500-ccm-Triebwerke.

Auf Basis der Yamaha entstand die Yamsel, gefahren von John Cooper. Auch für Norton-Rennmaschinen entstanden die begehrten Seeley-Chassis. Dazu baute Seeley einen Roadster mit der Bezeichnung Seeley Condor, als Basis diente eine Matchless G50.

In den späten 1960er und in den 1970er.-Jahren zogen sich die großen Werke aus dem GP-Sport zurück. Damals setzten deshalb viele Privatfahrer auf Seeley-Chassis, von John Cooper bis zu Brain Ball, der auf der Insel Man 199 bei der Senior-TT Platz 2 hinter Giacomo Agostini belegte. Tommy Robb steuerte eine Seeley 1970 auf den vierten Rang der 500er-WM. Später baute Seeley in seine Bikes in erster Linie japanischen Motoren ein. So fuhr Barry Sheene 1971 einen Suzuki T500-Twin mit Seeley-Fahrwerk.

1970 wandte sich Seeley dem Autogeschäft zu, als ihn sein Freund Bernie Ecclestone zum Managing Director of Motor Racing Developments bei Brabham machte. Er war dann für die Racing Car-Produktion verantwortlich. 1986 war Seeley noch für das Brabham F1-Team von Bernie tätig.

Der Name Seeley bleibt unvergessen.

Ruhe in Frieden, Colin.

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