MotoGP: Für KTM hätte es anders kommen können

Vor 30 Jahren: Der schwere Anfang der Gruppe C

Von Guido Quirmbach
Zolder 1982: Grohs im URD vor Ludwig im Ford C100

Zolder 1982: Grohs im URD vor Ludwig im Ford C100

1982 ging die Gruppe C in ihre erste Saison einer am Ende glorreichen Epoche. Doch der Anfang war schwer.

Im Herbst 1981 und im folgenden Winter war die Stimmung richtig euphorisch, was die Zukunft der Sportwagen in der neuen Gruppe C anging. Viele Hersteller, aber auch Konstrukteure wollten mitmachen. Sogar ein Ferrari Gruppe C für Gilles Villeneuve und Didier Pironi war kurzzeitig ein heiss gehandeltes Gerücht.

Das Regelwerk für die Gruppe C war vergleichsweise einfach. Die wichtigsten Rahmenbedingungen: Die Aussenmasse waren festgelegt, es musste ein zweisitziger Sportwagen mit Dach sein, Mindestgewicht 800 kg, das Motorenkonzept war freigestellt. Tankinhalt 100 l, für ein 1000-km- oder 6-Stunden-Rennen waren 600 l Benzin erlaubt, für Le Mans 2600 l. Oder aber für die Deutsche Rennsportmeisterschaft, wo es über 160 km ging, war Nachtanken verboten.

Doch die FISA und die ONS (heute FIA bzw. DMSB) waren sich immerhin bewusst, dass es im ersten Jahr einer neuen Serie schwierig sein würde, volle Starterfelder zu bekommen und liessen die Gruppe 6 noch zu. Allerdings auf unterschiedliche Art: Während in der WM nur die Gruppe-6-Sportwagen bis 2 l nach altem Reglement zugelassen waren (allerdings ohne Punkteberechtigung für die Marken-WM, wohl aber Fahrer-WM), konnten in der DRM auch die grossen offenen Flitzer antreten, solange sie das Spritlimit erfüllten und ebenfalls mindestens 800 kg wogen.

Ein Verbrauchsreglement hatte es in dieser Form noch nie gegeben. Die zugestandene Menge hört sich enorm viel an, doch zum damaligen Zeitpunkt verfügten die meisten Serienmotoren noch über Vergaser, Einspritzanlagen waren noch in der Minderheit, von elektronischer Einspritzung ganz zu schweigen.
So hielt mancher zu der Zeit Turbomotoren für chancenlos. Sie galten damals als hoffnungslose «Säufer». Ford-Cosworth hingegen entwickelte auf Basis des bekannten Formel-1-Motors einen für jedermann käuflichen 3,9-l-Motor mit rund 540 PS, der bei einem Verbrauch von geschätzten 40 Liter auf 100 km je nach Strecke als das ideale Triebwerk für die Gruppe C angesehen wurde. Sogar Ford als Werksteam vertraute im C100 auf dieses Triebwerk.

Überhaupt Ford: Die Kölner waren die ersten, die sich noch 1981 zur neuen Gruppe C bekannt haben. Noch im Sommer tauchten die ersten Fotos eines Prototyps auf, der auch in Brands Hatch einen ersten Renneinsatz bestritt.
Ford wollte in der Marken-WM und auch in der Rennsportmeisterschaft antreten. Und dies natürlich auch PR-mässig ausschlachten. So schaffte man es in den ersten Wochen 1982 sogar ins «Aktuelle Sportstudio». Dort sahen die Zuschauer in einem Filmbeitrag erste Bilder des neuen, echten Gruppe-C-Ford bei Testfahrten. Doch auch der Laie konnte schnell erkennen, dass es sich um ein noch lange nicht fertiges Rennfahrzeug handelt. So elegant der C100 auf den ersten Blick wirkte, er sprang in den Kurven wie ein wild gewordener Geissbock.

Der andere deutsche Hersteller Porsche hingegen entwickelte im stillen Kämmerlein. Der Schwerpunkt des neuen Gruppe-C-Modells 1982 soll Le Mans sein, wenn die Entwicklung gut geht, soll es zuvor einen Probeeinsatz in Silverstone geben. Mehr war anfangs aus Weissach nicht zu entlocken.

Lancia, immerhin als Markenweltmeister 1981 Titelverteidiger, ging einen anderen Weg. Da zu dem Zeitpunkt im FIAT-Konzern kein geeignetes Basistriebwerk für die Gruppe C vorhanden war, bauten die Italiener einen Gruppe-6-Rennwagen mit dem aus dem Beta Montecarlo bekannten 1,4-l-Turbo, nur knapp über 600 kg schwer. Somit verzichtete man auf die Titelverteidigung, hoffte aber auf viele prestigeträchtige Gesamtsiege. Und mit dem LC1 machte Lancia im Winter 81/82 auch enorm Furore: denn bei Tests in Paul Ricard fuhren Patrese, Heyer & Co. Zeiten, die sich im Formel-1-Bereich bewegten. Und vor allem deutlich schneller als alle Gruppe C, die ebenfalls in Südfrankreich zu sehen waren. Zum Vergleich: Ford gab bei den Tests auf der 3,8 km langen Variante eine Bestzeit von 1.13. bekannt, Lancia fuhr 1.07 min!

Wirklich fertig waren zu Saisonbeginn 1982 nur wenige Fahrzeuge. Jean Rondeaus Konstruktion lief, bei Aston Martin, Sauber, Lola, Porsche, Grid und wie sie alle hiessen wurde noch eifrig gebaut. Der erste, für Anfang März geplante Langstrecken-WM-Lauf für Fahrer in Mugello wurde mangels Nennungen in den Herbst verschoben. Das erste für die Gruppe C ausgeschriebene Rennen sollte somit der Saisonbeginn der Deutschen Rennsportmeisterschaft werden.

Dort gab es zwei deutsche Konstruktionen in der Gruppe C: Ernst Ungar hatte gleich drei URD C81 in Zolder am Start. Und Kurt Lotterschmidt brachte einen Lotec-Eigenbau nach Belgien. Beide vertrauten auf den aus dem BMW M1 bekannten Reihen-6-Zylinder-Motor mit rund 470 PS. Die Wagen wurden von der Konkurrenz belächelt, aber sie hatten im Vergleich zu den meisten anderen Wagen einen Vorteil: sie fuhren!

Neben dem Werks-Ford für Klaus Ludwig aber waren ansonsten keine Gruppe C am Start. Dennoch war das Feld in Zolder nicht von schlechten Eltern, denn die bekannten Tuner waren auch ohne Gruppe-C-Material vertreten. Zakspeed war Einsatzteam des C100, brachte aber zusätzlich noch den Vorjahres-Capri von Manfred Winkelhock auf den neuesten Stand und setzte Klaus Niedzwiedz ans Steuer. Porsche Kremer baute einen neuen 936 mit 2,1-l-2-Ventilmotor für Rolf Stommelen auf. Reinhold Joest hingegen hatte zwar zu dem Zeitpunkt auch einen Gruppe C fertig, den er auf Basis des 936 für die Gebrüder Martin aufbaute. Doch dieser Wagen war vorerst nur für die WM vorgesehen. Dennoch brachte der Odenwälder drei Autos nach Zolder: Einen 936 für Bob Wollek, allerdings im Gegensatz zu Stommelen mit einem 4-Ventiler, den unverwüstlichen 908/3 für Volkert Merl und einen 935 für Dieter Schornstein. Hans Heyer wollte mit dem LC1 in der DRM antreten, doch die ONS bestand auf die 800 kg. Das lehnte der dreifache Meister aber ab.

So schaut die Motorsport-Welt am 21. März gespannt nach Zolder, um den ersten Auftritt der Gruppe C zu verfolgen. Und die Gruppe C enttäuschte. Denn sie war gegen die alten Autos chancenlos! Wobei man fairerweise sagen muss, dass die Wagen von URD und Lotec die Erwartungen sogar übertrafen. Mit dem Schmalspur-Budget fuhr Harald Grohs im URD C81 in der Anfangsphase vor dem Werks-C100 von Ludwig. Der C100 war die grosse Enttäuschung von Zolder. Nie konkurrenzfähig, weder im Training noch im Rennen. Neben Handlings-Problemen plagte man sich mit einer zu langen Übersetzung und mangelnder Motorleistung. Bestplatzierter Gruppe C im Feld war am Ende Kurt Lotterschmidt mit seinem Lotec M1C als Vierter, da weder Ludwig noch Grohs das Rennen beenden konnten. Das Podium aber ging an die alten Autos: Klaus Niedzwiedz war im Capri nicht zu schlagen und gewann vor den Porsche 936 von Wollek und Stommelen. Wollek kam noch nicht mal ins Ziel, ihm ging in der letzten Runde das Benzin aus. Zu dem Zeitpunkt aber war er das einzige noch nicht überrundete Fahrzeug, so wurde er als Zweiter gewertet.

Für die neue Gruppe C war das Debüt also ein Flop. Die Hoffnungen auf die neue Formel ruhten nun auf den Auftakt der Marken-WM, der drei Wochen später in Monza stattfinden sollte.

Weiter Fotos vom Saisonauftakt der DRM 1982 in Zolder gibt es HIER

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